Sehr geehrte
Frau Reinke,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Die Tötung
eines unschuldigen, wehrlosen Menschen - vor oder nach der
Geburt - kann niemals ein Menschenrecht sein, sondern ist
das genaue Gegenteil davon. Denn sie verletzt das
elementare Recht auf körperliche Unversehrtheit des
unschuldigen, wehrlosen Menschen.
Aus Ihrer
Antwort schließe ich, dass Sie Menschen vor ihrer Geburt,
zumindest in den ersten 3 Monaten ihrer Existenz, ihr
elementares Recht auf körperliche Unversehrtheit
absprechen. Übrigens ist auch innerhalb der gesetzlichen
Frist der ersten 3 Monate die Abtreibungstötung nach
geltender Rechtslage nach wie vor rechtswidrig (unten ist
noch einmal die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes zitiert). Sie können sich
dieses gerne von einem Juristen bestätigen lassen.
Die Tötung
eines unschuldigen, wehrlosen Menschen wird auch nicht
dadurch zu einem Menschenrecht, indem man sie mit dem
Euphemismus "reproduktives Recht" umschreibt.
Die Tötung
eines unschuldigen, wehrlosen Menschen bleibt auch dann
ein schweres Unrecht, wenn die handelnde Person es sich
mit der Entscheidung zur Tötung nicht leicht gemacht hat.
Der Marsch
für das Leben tritt für das elementare Recht auf
körperliche Unversehrtheit JEDES Menschen (dessen
Beachtung Sie, Frau Reinke, sicherlich für Ihre eigene
Person auch einfordern) - egal ob vor oder nach der
Geburt, ein.
Ich kann
nicht nachvollziehen, wie man einer Partei angehören kann,
die das elementare Recht von Kindern vor ihrer Geburt auf
körperliche Unversehrtheit, mit Euphemismen wie
"reproduktive Rechte" bekämpft.
Mit
freundlichen Grüßen,
xxxxx
*
"15.
Schwangerschaftsabbrüche, die ohne Feststellung einer
Indikation nach der Beratungsregelung vorgenommen werden,
dürfen
nicht für gerechtfertigt (nicht rechtswidrig)
erklärt werden. Es entspricht unverzichtbaren
rechtsstaatlichen Grundsätzen, daß einem
Ausnahmetatbestand rechtfertigende Wirkung nur dann
zukommen kann, wenn das Vorliegen seiner Voraussetzungen
unter staatlicher Verantwortung festgestellt werden muß."
(BVerfGE
88, 203 - Schwangerschaftsabbruch II (Beratungsregelung))
Sehr geehrter Herr xxxxx,
vielen
Dank für Ihre Post bezüglich unserer Kleinen Anfrage zum
„Marsch für das Leben“ und Ihr Interesse an unserer
parlamentarischen Arbeit.
Keine
Frau (oder Partnerschaft) macht sich in der Situation
einer ungewollten Schwangerschaft eine Entscheidung zum
Schwangerschaftsabbruch leicht. Frauen stehen im Falle
einer ungewollten Schwangerschaft in einer komplizierten
Konfliktsituation, die sie selbst einschätzen und über
deren Lösung sie – in der gesetzlich Frist von 12 Wochen -
entscheiden müssen. Sie allein übersehen und tragen auch
praktisch die Folgen.
Natürlich sind zugleich auch die politischen
Handlungsträger gefordert, eine Zukunft mit und für
Kinder mit guten Chancen auszugestalten. Vorschläge dazu
können Sie in unseren Veröffentlichungen nachlesen.
Im
Rahmen der gesetzlichen Regelungen können und sollen also
Frauen in Konfliktlagen die Entscheidung für eine
Schwangerschaft selbstverantwortlich treffen. Darüber
haben, nach unserer Auffassung weder der Staat, noch
Einzelpersonen, noch Institutionen wie die Kirche zu
entscheiden.
Nach unseren Auffassungen
ist der "Marsch für das Leben" durchaus Teil einer
restaurativen Politik zur umfassenden
Verweigerung von sexuellen
und reproduktiven Rechten von
Frauen, weit über den Konflikt bei ungewollten
Schwangerschaften hinaus. Unsere Fragestellung richtete
sich daher auf Kenntnisse über eine europaweit wachsende
Bewegung, die ein ganzes Spektrum von Lebensvorstellungen
vertritt, die weit über die Haltung zum
Schwangerschaftsabbruch hinausgeht. Mit dem „Marsch für
das Leben“ ist die Propagierung von heteronormativen,
traditionellen Frauenbildern verbunden. Frauen werden
dabei umfassende sexuelle und reproduktive Rechte
abgesprochen. Ihnen wird
paternalistisch
eine soziale Rolle der Unterordnung zugewiesen und die
eigene Entscheidung in einer schwierigen Lebenslage
verweigert.
Das wird
DIE LINKE nicht unterstützen. Wir wollen eine offene
Gesellschaft in der alle Menschen mit ihren Bedürfnissen
angenommen werden und friedlich leben können. Das
Selbstbestimmungsrecht von Frauen und Mädchen sowie die
Stärkung der reproduktiven und sexuellen Rechte gehören
für uns dazu.
Wir
bitten um Verständnis, dass wir auf die detaillierte
Kommentierung von Art der Fragestellungen, die wir der
Bundesregierung zur Beantwortung vorgelegt haben, nicht um
Detail eingegangen sind.
Wir hatten in der Kleinen
Anfrage zum „Marsch für das Leben“ (Drs.
18/2248) eingangs gefragt, ob die Bundesregierung die
Auffassung teilt, dass sexuellen Selbstbestimmung und die
Gewährung reproduktiver Rechte Menschenrecht sei. Ersteres
wurde unumwunden bejaht. Bei der Beantwortung der zweiten
Frage wurde einleitend mitgeteilt:
„Eine
ausdrückliches Menschenrecht auf ‚Gewährung reproduktiver
Rechte‘ besteht nicht.“
Diese Aussage bezieht sich aber nicht, wie die
nachfolgenden Erläuterungen verdeutlichen auf die
bestehende Schwangerschaftskonfliktberatung und das
Selbstentscheidungsrecht von Frauen.
Mit dem Verweis auf das
hierzulande geltende Schwangerenkonfliktberatungsgesetz (SchKG)
verweist die Bundesregierung auf das
„qualifizierte[…]
Beratungsangebot für alle Frauen und Männer, um ihnen
selbstbestimmte
Entscheidungen zu ermöglichen, damit sie ihre
reproduktiven Rechte in Anspruch nehmen können.“
Die
Einschränkungen, so unsere Schlussfolgerung, beziehen sich
auf einen Teil der Gewährung von
reproduktionsmedizinischen Möglichkeiten, um unerfüllten
Kinderwunsch Abhilfe zu schaffen.
Ansonsten liegen der Bundesregierung rund um unseren
Fragenkreis, ob es in den vergangenen Jahren zu einer
deutliche Zunahme der Stigmatisierung gegen das das Recht
auf sexuelle Selbstbestimmung und reproduktive Rechte von
Frauen gekommen sei, keine Erkenntnisse vor (vgl.
Antworten auf die Fragen 9 – 12,14, 15).
Wie also
die eingangs anerkannten Menschenrechte wirkungsvoll
garantiert und geschützt werden, entzieht sich offenbar z.
T. der Kenntnis der Bundesregierung.
Zum
anderen hat uns die Bundesregierung mitgeteilt, dass
Unterstützerinnen und Unterstützer des Marsches für das
Leben bei ihrer politischen Arbeit zum Teil auf staatliche
Förderungen zurückgreifen können.
Mit
freundlichen Grüßen,
Elke
Reinke
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Anmerkung: Unter "sexuelle und reproduktive
Rechte von Frauen" fällt das vermeintliche Recht
der Mutter, über Leben oder Tod ihres noch nicht geborenen
Kindes selbst bestimmen
zu können. "Reproduktive Rechte" hören sich besser an als
Abtreibung, Schwangerschafts-
abbruch oder vorgeburtliche Kindstötung.
Die Bevölkerung stimmt dem oft zu, weil kaum eine genaue
Information darüber herrscht,
was genau unter "reproduktives Recht" zu verstehen ist.
Wenn die Frau von ihrem "reproduktiven Recht" gebrauch
macht, dann wird ja kein Kind mehr
getötet (so kommt es in der Öffentlichkeit rüber) und das
hört sich ungemein positiv an.
Das ist die Taktik der Abtreiber-Lobbyisten, die "dem
Kind" einfach einen anderen Namen
geben und somit den Tötungsvorgang verharmlosen.
Vor wenigen Jahrzehnten hatten wir doch Ähnliches in
Deutschland, oder nicht?
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