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20100625

Nachrichten

EUROPÄISCHER BÜRGERINITIATIVEN

zum Schutze des Lebens und der Menschenwürde

in Deutschland

                       

Pressemeldung

 

Bundesgerichtshof(BGH) legitimiert Euthanasie

- Willkommen im „Vierten Reich“! -

 

Der 2. Senat des Bundesgerichtshofes hat sich heute, 25.6 2010, für die Sterbehilfe/Euthanasie, für die Ermordung von alten, kranken und „unwerten“ Menschen ausgesprochen.

Dem 2. Senat gehören an:   - Vorsitzende Richterin Prof. Dr. Ruth Rissing van Saan

- Richter Prof. Dr. Thomas Fischer

- Richter Prof. Dr. Bertam  Schmitt

- Richter Prof. Dr. Krehl

- Richter Dr. Ekkehard Appl

- Richterin Ellen Roggenbuck

 

Über diese Entscheidung sind wir erschrocken!

Wir fordern die sofortige Ablösung dieser Richter von ihrem Richteramt

und die sofortige Aufhebung dieses skandalösen Richterspruches.

 

Begründung:

65 Jahre nach Auschwitz wird es wieder in Deutschland möglich sein,

alte, kranke, behinderte Menschen aktiv zu töten, ohne eine strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen.

Auch entscheidungsunfähige Menschen sind behinderte Menschen und daher von dieser Bundesgerichtshof-Entscheidung betroffen.

 

Mit der heutigen Entscheidung des BGH mag auch dahingestellt sein,  ob das Gericht das sogenannte  „Selbstbestimmungsrecht“  stärken wollte.

 

In Zukunft müssen die Menschen in Deutschland wieder fürchten, daß sie in Krankenhäusern auch getötet werden können.

 

Ein „Selbstbestimmungsrecht“  über den Tod hat der Mensch nicht.

Der Mensch darf weder über den Tod eines Mitmenschen noch über seinen eigenen Tod bestimmen!

Gott alleine ist der Herr über Leben und Tod!

 

Nach der Katastrophe von 1945 forderten viele:      Nie Wieder !

 

65 Jahre nach Auschwitz, 2010, schreien wir daher in die Welt hinaus:

                                      „Warum schon wieder?"

 

Initiative Nie Wieder! e.V.

 

„Christlich-Soziale-

Arbeitsgemeinschaft Österreichs“

   gez.  Klaus Günter Annen

 

         

       gez.  Martin Humer, Obmann der CSA -

 

V.i.S.d.P.:     Initiative Nie Wieder! e.V.   Cestarostraße 2,  D-69469 Weinheim

                                       Telefon:  0049(0)6201/2909929,  Fax:  0049(0)6201/2909928 -

                                    "Christlich-Soziale Arbeitsgemeinschaft Österreichs"

                                        Feldweg 1   A 4730 Waizenkirchen  Tel/Fax.: 0043(0)7277/6342-4

 

 

Staatsanwalt fordert Freispruch für Rechtsanwalt Putz

Der Bundesgerichtshof (BGH) will die Abgrenzung zwischen passiver und verbotener aktiver Sterbehilfe klären und dazu ein Grundsatzurteil am 25. Juni verkünden. Das Gericht hat zu entscheiden, ob der Abbruch einer medizinisch nicht indizierten Behandlung gemäß einer Patientenverfügung eine Tötungshandlung ist oder nicht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) will die Abgrenzung zwischen passiver und verbotener aktiver Sterbehilfe klären und dazu ein Grundsatzurteil am 25. Juni verkünden. Das Gericht hat zu entscheiden, ob der Abbruch einer medizinisch nicht indizierten Behandlung gemäß einer Patientenverfügung eine Tötungshandlung ist oder nicht. Bei der Verhandlung am Mittwoch wurde deutlich, dass die Umsetzung des Patientenwillens bei dem Urteil stärker in den Vordergrund rücken wird und dass Ärzte, die diesem Willen Geltung verschaffen, weniger Angst vor Strafe haben müssen. In dem verhandelten Fall lag eine Frau rund fünf Jahre in einem Heim im Wachkoma und wurde künstlich ernährt, bis ihre Tochter auf Anraten des Münchner Rechtsanwalts Wolfgang Putz den Schlauch der Magensonde durchschnitt. Zuvor hatte sich das Heim trotz ärztlicher Anordnung und einer Patientenverfügung der Frau geweigert, die Ernährung einzustellen. Putz war dann vom Landgericht Fulda wegen versuchten Totschlags zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Selbst der Staatsanwalt fordert nun einen Freispruch. AFP

Quelle: Welt-online, 3.6.2010

 

BGH zu Sterbehilfe

Bundesanwaltschaft fordert Freispruch in Magensonden-Fall

Erster Erfolg für den wegen versuchten Totschlags verurteilten Medizinrechtler Wolfgang Putz: Die Bundesanwaltschaft hat in dem Revisionsverfahren am BGH einen Freispruch gefordert. Außerdem zeichnete sich ab, dass in dem Grundsatzurteil der Patientenwille stärker in den Vordergrund rücken könnte.

Karlsruhe - Anlass für das Verfahren am Bundesgerichtshof (BGH) ist der Fall des Rechtsanwalts Wolfgang Putz. Der erfahrene Medizinrechtler hatte seiner Mandantin geraten, den Schlauch der Magensonde durchzuschneiden, über den ihre im Koma liegende Mutter versorgt wurde. Nachdem die Tochter den Schlauch gekappt hatte, wurde der Mutter gegen den Willen der Kinder eine neue Magensonde gelegt. Sie starb zwei Wochen später an Herzversagen.

Das Landgericht Fulda verurteilte Putz im April 2009 wegen versuchten Totschlags zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten. Die Tochter wurde freigesprochen. Sie habe sich auf den Rat des Anwalts verlassen dürfen, so die Richter. Sowohl Putz als auch die Staatsanwaltschaft Fulda gingen in Revision zum BGH - der Medizinrechtler forderte einen Freispruch, die Staatsanwälte eine härtere Strafe.

Nun steht der BGH vor einer Grundsatzentscheidung: Der 2. Strafsenat will der Vorsitzenden Richterin Ruth Rissing-van Saan zufolge prüfen, wie weit Sterbehilfe gehen kann und wo die Grenze zwischen aktivem Töten und natürlichem Sterben verläuft.

In der mündlichen Verhandlung am Mittwoch diskutierten die Richter das Dilemma zwischen zwei Gesetzen: Das 2009 beschlossene Patientenverfügungsgesetz respektiert den Sterbewillen der betroffenen Person - und zwar unabhängig vom Gesundheitszustand. Andererseits verbietet der nicht veränderte Paragraf 216 im Strafgesetzbuch weiterhin die "Tötung auf Verlangen" durch sogenanntes aktives Tun.

Rissing-van Saan betonte, eine "gezielte aktive Tötung" sei nicht zu rechtfertigen, auch wenn ein Patient es ausdrücklich und ernsthaft wünsche. Entscheidend sei deshalb, ob das Durchschneiden des Schlauchs als aktive Tötungshandlung gewertet werde oder ob damit nur der Wille der Mutter zum Behandlungsabbruch umgesetzt wurde. Die Vorsitzende Richterin wies auf die derzeit unklare Gesetzeslage hin: Dass etwa das Abschalten eines Beatmungsgeräts durch einen Arzt rechtlich als zulässiges "Unterlassen" einer lebensverlängernden Therapie bewertet wird, das Durchtrennen eines Schlauchs aber unzulässiges "aktives Tun" sein soll, "ist keinem Laien zu erklären".

Bundesrichter Thomas Fischer merkte an, dass ein Mensch nicht nur das Recht habe, in Würde zu sterben, sondern er habe auch das Recht, unwürdig zu sterben, so er dies wünsche. Die Diskussion der Richter ließ erkennen, dass sich noch keine einheitliche Meinung gebildet hat.

Bundesanwalt fordert Freispruch für Medizinrechtler Putz

Oberstaatsanwalt Lothar Maur plädierte dafür, das Dilemma über das Betreuungsrecht zu lösen. Wenn es der Wille eines unheilbar Kranken ist, auf lebensverlängernde Maßnahmen zu verzichten, und wenn sein Betreuer und Arzt diesen Willen umsetzen, dürfe das nicht als strafbares Töten auf Verlangen bewertet werden. Einen Schlauch wie im aktuellen Fall durchzuschneiden, sei dann zwar aktives Tun, es sei aber "gerechtfertigt", weil der Patientenwille Vorrang habe.

Im Fall von Putz forderte Maur einen Freispruch. Der Rat des Anwalts und das entsprechende Vorgehen der Tochter seien gerechtfertigt gewesen. "Selbst wenn keine schriftliche Patientenverfügung vorhanden ist, genügt der mündlich geäußerte oder mutmaßliche Wunsch des Betroffenen", sagte der Oberstaatsanwalt. Der Wille des Patienten sei entscheidend - unabhängig von der Art und dem Stadium der Krankheit. Das Durchtrennen des Schlauchs habe dazu gedient, die Behandlung zu beenden. "Eine Zwangsbehandlung ist unzulässig", so Maur. Die Pfleger hätten die Pflicht gehabt, selbst die Sonde zu entfernen.

Der Verteidiger von Putz, Gunter Widmaier, verglich in seinem Plädoyer den Schnitt durch den Schlauch mit dem Abschalten eines Beatmungsgeräts: "Das ist aktives Tun, aber es tötet nicht den Patienten, sondern stellt den Zustand her, der dem natürlichen Sterben des Menschen entsprechen würde." Bei der Magensonde habe es sich um eine "aufgedrängte technische Behandlung" gehandelt. Die Tochter habe - entsprechend dem ihr bekannten Willen der Mutter - das Recht gehabt, diese Behandlung zu beenden.

Putz bat in seinem Schlusswort um ein Urteil, das auch für die behandelnden Ärzte Klarheit schafft. Viele Ärzte würden sich nicht trauen, eine Behandlung zu beenden, "weil sie Angst haben, mit einem Fuß im Gefängnis zu stehen".

Das Urteil soll am 25. Juni verkündet werden.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, Richter Thomas Fischer habe angemerkt, dass ein Mensch nicht nur das Recht habe, friedlich zu sterben, "sondern auch qualvoll, so er dies wünsche." Die Wiedergabe dieses Zitats beruht auf einer Agentur-Information und ist falsch. Richtig ist vielmehr, dass Thomas Fischer sagte, der Mensch habe auch das Recht, unwürdig zu sterben. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

siu/dpa/apn/ddp/Reuters

Quelle: Spiegel Online 02. Juni 2010r

 

 

Sie werden entscheiden:

"Richtung Euthanasie:"  JA oder NEIN

2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes

 

Vorsitzender

Prof. Dr. Rissing-van Saan,

Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof

Stv. Vorsitzender

Prof. Dr. Th. Fischer,

Richter am Bundesgerichtshof

Beisitzende
Mitglieder

Roggenbuck, Richterin am Bundesgerichtshof

 

Dr. Appl, Richter am Bundesgerichtshof

 

Prof. Dr. Schmitt, Richter am Bundesgerichtshof

Prof. Dr. Krehl, Richter am Bundesgerichtshof

 

 

Er verteidigt den Euthanasie-Anwalt Wolfgang Putz
 

Prof. Dr. Gunter Widmaier

Rechtsanwalt in Karlsruhe

Honorarprofessor an der

Ludwig-Maximilians-Universität München

Herrenstraße 23
76133 Karlsruhe

Tel  (0721) 913430

Fax (0721) 913430

 

Prof. Widmaier



 

 

 

20100609

Nachrichten

EUROPÄISCHER BÜRGERINITIATIVEN

zum Schutze des Lebens und der Menschenwürde

in Deutschland

                       

 Pressemeldung

 

Nie wieder Euthanasie? Nie wieder – oder doch ?

 - Zur bevorstehenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes am 25. Juni 2010 –

 

(Weinheim, 09.06.2010) Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe befaßte sich am 2. Juni 2010 mit einem sehr aktuellen und brisanten Thema: mit der Sterbehilfe/Euthanasie.

 

Dr. Wolfgang Putz, ein bekannter Anwalt aus München, machte aus seiner Einstellung zur Sterbehilfe/Euthanasie keinen Hehl. Er riet seiner Klientin, Elke Glor aus Kassel, deren Mutter sich im Wachkoma befand, den Schlauch der Magensonde zu durchtrennen und somit den „Sterbeprozeß“ ihrer Mutter einzuleiten.

Die Tat wurde entdeckt. 14 Tage später starb die Mutter jedoch eines natürlichen Todes.

Die Klientin und ihr Anwalt wurden angeklagt. Es kam zu einer Verhandlung vor dem Landgericht Fulda. Das Gericht sprach Elke Glor frei. Der beratende Rechtsanwalt Putz erhielt eine Bewährungsstrafe von 9 Monaten wegen versuchten Totschlages.

Gegen dieses Urteil hat Dr. Putz berufen. So, der kurze Sachverhalt.

 

Rechtsanwalt Putz wollte den BGH zu einer Grundsatzentscheidung zwingen. Er möchte die heute bestehende Rechtsunsicherheit zu Gunsten der „Sterbehilfe“ beseitigen.

Die  Chancen hierzu sind in dieser geistig verwirrten unsicheren Zeit sogar groß.

 

65 Jahre liegen die Verbrechen von Auschwitz zurück. Man spricht diesmal nicht von Euthanasie, sondern nur von „Sterbehilfe“: Sterben – natürlich selbstbestimmt und friedlich.

Rechtssicherheit muß her, denn wer möchte später einmal als richterlicher Scherge in die Geschichte eingehen.

 

Dem „selbstbestimmten Leben“ soll nun der „selbstbestimmte Tod“ folgen. Wenn eine Person zu Lebzeiten versäumt hat, ihren Willen festzulegen, so will man ihren „mutmaßlichen Willen“ selbst nach dem Tode noch feststellen. Alles ist und wird dann möglich sein. Natürlich straffrei, eine gesetzlich geschützte, verbrecherische Tat.

Schöne Aussichten, liebe Mitbürger!

Daß man die Patienten verhungern oder verdursten läßt, keine Medikamente mehr verabreicht oder die Beatmungsmaschine abstellt, kann bald Alltag in Deutschland werden, je nachdem, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat.

Der „mutmaßliche Wille“ eines Menschen könnte das neue Zauberwort für die Euthanasie werden.

 

In Zeiten von Wirtschaftskrisen, knappen Kassen und demographischen Fehlentwicklungen müssen Politiker einsparen, Mediziner handeln und Juristen rechtfertigen.

Verantwortung vor Gott kennt man heute nicht mehr.

Viele Menschen haben vergessen, das Gott alleine das Leben schenkt.

Das Leben des Menschen darf durch Menschen nie wieder verfügbar gemacht werden!

 

Initiative Nie Wieder! e.V.

     gez. Klaus Günter Annen -

 

V.i.S.d.P.:     Initiative Nie Wieder! e.V.   Cestarostraße 2,  D-69469 Weinheim

                                       Telefon:  0049(0)6201/2909929,  Fax:  0049(0)6201/2909928 , E-Mail:  info@Babycaust.de

 

 

 

Verhandlungstermin: 2. Juni 2010 = Verkündungstermin: 25. Juni 2010

2 StR 454/09

Landgericht Fulda – Urteil vom 30. April 2009 – 16 Js 1/08 - 1 Ks –

 

Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die ursprünglich mitangeklagte Frau G. hat das Landgericht rechtskräftig freigesprochen.

Der Angeklagte ist ein auf Medizinrecht, insbesondere auf Palliativmedizin spezialisierter Rechtsanwalt. Nach den Feststellungen des Landgerichts beriet er seit dem Jahr 2006 die beiden Kinder der 1931 geborenen Frau K., nämlich die mitangeklagte Frau G. und deren inzwischen verstorbenen Bruder.

Frau K. lag seit Oktober 2002 nach einer Hirnblutung in einem Wachkoma. Sie wurde in einem Pflegeheim in Bad Hersfeld über einen Zugang in der Bauchdecke, eine sog. PEG-Sonde, künstlich ernährt. Eine Besserung ihres Gesundheitszustandes war nicht mehr zu erwarten.

Entsprechend einem von Frau K. im September 2002 mündlich für einen solchen Fall geäußerten Wunsch bemühten sich die Geschwister, die seit dem Sommer 2007 zu Betreuern ihrer Mutter bestellt worden waren, um die Einstellung der künstlichen Ernährung, um ihrer Mutter ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Der behandelnde Hausarzt unterstützte dieses Vorhaben, weil eine medizinische Indikation für eine Fortsetzung der künstlichen Ernährung nicht gegeben war.

Die Bemühungen, die der Angeklagte als von den Betreuern mandatierter Rechtsanwalt der Frau K. entfaltete, stießen aber auf den Widerstand der Heimleitung. Nachdem auch die ausdrückliche Anordnung des Hausarztes zur Einstellung der künstlichen Ernährung vom Heimpersonal nicht befolgt wurde, schlug die Heimleiterin schließlich einen Kompromiss vor. Um den moralischen Vorstellungen aller Beteiligten gerecht zu werden, sollte sich das Heimpersonal nur noch um die Pflegetätigkeiten im engeren Sinne kümmern, während ihre Kinder selbst die Ernährung über die Sonde einstellen, die erforderliche Palliativversorgung durchführen und ihrer Mutter im Sterben beistehen sollten.

Nachdem Frau G. am 20.12.2007 die Nahrungszufuhr über die Sonde beendet und begonnen hatte, die Flüssigkeitszufuhr zu reduzieren, wies die Geschäftsleistung des Gesamtunternehmens am 21.12.2007 jedoch die Heimleitung an, die künstliche Ernährung umgehend wieder aufzunehmen.

Den Kindern der Frau K. wurde ein Hausverbot für den Fall angedroht, dass sie sich hiermit nicht einverstanden erklären sollten. Darauf erteilte der Angeklagte P. Frau G. am gleichen Tag den Rat, den Schlauch der PEG-Sonde unmittelbar über der Bauchdecke zu durchtrennen, weil gegen die rechtswidrige Fortsetzung der Sondenernährung durch das Heim ein effektiver Rechtsschutz nicht kurzfristig zu erlangen sei. Nach seiner Einschätzung der Rechtslage werde danach keine Klinik eigenmächtig eine neue Sonde einsetzen, so dass Frau K. würde sterben können.

Frau G. folgte seinem Rat und schnitt Minuten später mit Unterstützung ihres Bruders den Schlauch durch.

Nachdem das Heimpersonal dies bereits nach einigen weiteren Minuten entdeckt und die Heimleitung die Polizei eingeschaltet hatte, wurde Frau K. auf Anordnung eines Staatsanwalts gegen den Willen ihrer Kinder in ein Krankenhaus gebracht, wo ihr eine neue PEG-Sonde gelegt und die künstliche Ernährung wieder aufgenommen wurde.

Sie starb dort zwei Wochen darauf eines natürlichen Todes auf Grund ihrer Erkrankungen.

 

Das Landgericht hat das Handeln des Angeklagten als einen gemeinschaftlich mit Frau G. begangenen versuchten Totschlag durch aktives Tun – im Gegensatz zum bloßen Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung durch Unterlassen – gewürdigt, der weder durch die mutmaßliche Einwilligung der Frau K. noch nach den Grundsätzen der Notwehr oder des rechtfertigenden Notstandes gerechtfertigt sei. Auch auf einen entschuldigenden Notstand nach § 35 StGB könne sich der Angeklagte nicht berufen, weil die Tötung des zu Schützenden kein Ziel der Gefahrenabwehr im Sinne dieser Vorschrift sein könne. Auch habe Frau K. die Fortdauer der künstlichen Ernährung bis zu einer Entscheidung eines Gerichts über einen Behandlungsabbruch zugemutet werden können; zudem sei der Angeklagte keine ihr nahe stehende Person gewesen. Soweit er sich in einem sog. Erlaubnisirrtum befunden habe, sei dieser für ihn als einschlägig spezialisierten Rechtsanwalt vermeidbar gewesen.

Die Mitangeklagte G. hat das Landgericht freigesprochen, weil sie sich angesichts des Rechtsrats des Angeklagten in einem unvermeidbaren Erlaubnisirrtum befunden und deshalb ohne Schuld gehandelt habe.

Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision verfolgt der Angeklagte seinen Freispruch, während die zu seinen Ungunsten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft die Strafzumessung durch das Landgericht beanstandet.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs wird sich mit grundsätzlichen Rechtsfragen des Abbruchs und der Unterbrechung der Behandlung eines unheilbar erkrankten und selbst nicht mehr entscheidungsfähigen Patienten zu befassen haben.

Quelle: http://www.bundesgerichtshof.de/cln_134/DE/Presse/Terminhinweise/terminhinweise_node.html

 

"Schneiden Sie den Schlauch durch!"

 

Fünf Jahre lang lag Erika Küllmer im Wachkoma, dann durchtrennten ihre Kinder den Schlauch der Magensonde - auf Anraten eines Anwalts. Der Jurist wurde daraufhin wegen versuchten Totschlags verurteilt. Nun berät der Bundesgerichtshof über den Fall. Und könnte ein bahnbrechendes Urteil fällen.

Hamburg - Wann soll das Leben enden? Und wie? Und was bedeutet es noch, wenn ein Mensch nichts mehr von seinem Leben wahrnimmt, ewig schläft, wenn er tot ist, obwohl er noch lebt?

Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hat am Mittwoch ein Grundsatzprozess zu Fragen der Sterbehilfe begonnen. Es geht um einen aufsehenerregenden Fall, um das Schicksal der Wachkomapatientin Erika Küllmer und des Anwalts Wolfgang Putz. Aber es geht auch um die ganz große Frage, die immer mehr Menschen in Deutschland beantworten müssen: Wie sollen meine Angehörigen sterben?

Erika Küllmer, damals 71, fiel nach einem Hirnschlag im Oktober 2002 ins Wachkoma. Die Ärzte legten ihr eine Magensonde, im Februar 2003 brachte man sie in ein Pflegeheim im hessischen Bad Hersfeld. Fortan vegetierte Erika Küllmer im Bett, schwerst pflegebedürftig. Ihr linker Arm wurde nach einem Bruch amputiert. Sie reagierte nicht auf Ansprache, nicht auf Berührungen.

Endlich sterben lassen

Wolfgang Putz ist ein bekannter Medizinrechtler. Er hat sich auf Palliativmedizin spezialisiert. Putz arbeitet als Sachverständiger, unterrichtet Medizinethik, ist Mitherausgeber einer Broschüre des bayerischen Justizministeriums über Patientenverfügungen. Mehr als 260 Menschen hat seine Kanzlei bisher gegen Ärzte und Heime vertreten. Den Fall von Erika Küllmer übernahm er 2006.

Die Kinder der damals 75-Jährigen wollten ihre Mutter endlich sterben lassen - so wie sie es sich gewünscht hatte. Erika Küllmer lehnte lebensverlängernde Maßnamen ab, sie verlangte keine künstliche Ernährung oder Beatmung, sie wollte friedlich einschlafen. Allerdings hatte Küllmer das nie schriftlich verfügt, sondern lediglich ihrer Tochter gesagt.

Und so hing Erika Küllmers Leben für fünf lange Jahre an dem dünnen Plastikschlauch einer Magensonde. Erst weigerte sich Küllmers Mann, die Ernährung einstellen zu lassen, nach dessen Tod verhinderte es die ihm zur Seite gestellte Betreuerin. Und selbst als ein Vormundschaftsgericht Küllmers Kinder in Kenntnis ihrer Absichten als Betreuer bestimmt hatte und eine ärztliche Empfehlung vorlag, zögerte das Pflegeheim noch.

"Ich habe meine Mutter die ganzen Jahre nicht so friedlich erlebt"

Kurz vor Weihnachten 2007 schien die Familie ihr Ziel endlich erreicht zu haben. Die Heimleitung hatte sich zu einem Kompromiss bereit erklärt: Die Pfleger sollten nur noch waschen und betten, die Kinder von Erika Küllmer derweil die Ernährung über die Sonde einstellen und ihre Mutter beim Sterben begleiten, Schmerzpflaster aufkleben, den Mund befeuchten.

Am Morgen des 20. Dezember lief die letzte Ration Flüssignahrung durch den Schlauch, die Wasserzufuhr sollte in den kommenden zwei Tagen langsam reduziert werden. Elke G. saß bei ihrer Mutter, streichelte ihren Kopf, las ihr vor. Leise erklang Meditationsmusik. "Ich habe sie die ganzen Jahre nicht so friedlich erlebt wie damals", erinnert sich Elke G.

Doch am nächsten Tag der Schock: Die Geschäftsleitung und die Rechtsabteilung der Heimkette schalteten sich plötzlich ein und untersagten die Sterbehilfe in ihrem Haus - wegen strafrechtlicher Risiken. Die Heimleiterin ließ Erika Küllmer sofort einen halben Liter Wasser zuführen, anschließend sollte dieselbe Menge Flüssignahrung folgen. Die Angehörigen könnten Erika Küllmer verlegen lassen oder müssten der Ernährung binnen zehn Minuten zustimmen - sonst würden sie des Hauses verwiesen, hieß es.

Rechtswidriger Angriff

Elke G. rief Rechtsanwalt Putz an, der sich mit seiner Kollegin beriet. Zahlreiche Telefonate später empfahl der Anwalt seiner Mandantin: "Schneiden Sie den Schlauch durch, direkt über der Bauchdecke." Die Juristen waren sich sicher: Die Sonde stelle einen rechtswidrigen Angriff auf Erika Küllmer dar und gerichtliche Schritte seien kurz vor Weihnachten nicht möglich.

"Das Entfernen der Sonde war die logischste und sanfteste Methode, den Angriff abzuwehren", so Putz. Er stützte sich auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofes: Im September 1994 hatte der BGH im "Kemptener Fall" entschieden, dass die Einstellung der Ernährung im Fall eines Wachkomapatienten der "Abbruch einer einzelnen lebenserhaltenden Maßnahme" sei. Dieser könne auch dann erfolgen, wenn der Sterbevorgang noch nicht unmittelbar eingesetzt habe - entscheidend sei der mutmaßliche Wille des Patienten.

Und im Juni 2005 erklärte der 12. Zivilsenat in einer Grundsatzentscheidung zur Verbindlichkeit des Patientenwillens und zu dessen Durchsetzbarkeit, kein Pflegeheim habe das Recht, eigenmächtig die künstliche Ernährung eines Bewohners gegen dessen Willen und gegen das Verbot von Arzt und Betreuer durchzuführen.

 

Der Schnitt

 

Nach dem ersten Schock folgten die Kinder der Empfehlung von Putz: Elke G. fand in einer Schublade eine Pflasterschere. Erika Küllmers Sohn Peter hielt den Schlauch der Sonde, seine Schwester schnitt ihn durch. Unmittelbar über der Bauchdecke, so dass das Ende in den Körper rutschte.

Wenige Minuten später entdeckten zwei Schwestern den durchtrennten Schlauch, die Heimleitung verständigte die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft. Elke G. wurde festgenommen, ihr Bruder als Zeuge befragt. Erika Küllmer kam in ein Krankenhaus, man legte einen neuen Schlauch.

Am 5. Januar starb Erika Küllmer an Herzversagen - allein. Einen Zusammenhang mit der Durchtrennung des Versorgungsschlauches konnte der Rechtsmediziner nicht feststellen. Doch Sohn Peter zerbrach an dem Schicksal seiner Mutter. Wenige Wochen nach ihrem Tod nahm er sich das Leben. Elke G. und Wolfgang Putz kamen vor Gericht.

"Durchschneiden ist und bleibt aktives Tun und ist rechtswidrig"

Die Staatsanwaltschaft sah in Putz einen "Überzeugungstäter". Er habe sich "zum Herrn über Leben und Tod gemacht", hieß es im Plädoyer der Staatsanwältin. Ihre Forderung: zweieinhalb Jahre Haft ohne Bewährung. Das hätte für Putz das Ende seiner Anwaltslaufbahn bedeutet. Die Fuldaer Richter entschieden auf versuchten Totschlag und neun Monate Haft auf Bewährung.

In ihrem ambivalenten Urteil stellten sie einerseits fest, dass ein Angriff der Pflegeheimverantwortlichen vorlag. Die Beibehaltung der Magensonde sei eine vorsätzliche Körperverletzung gewesen. Auf der anderen Seite sah die Kammer in dem Durchschneiden des Schlauches aber keinen Fall von erlaubter indirekter oder passiver Sterbehilfe, sondern einen aktiven Eingriff. "Durchschneiden ist und bleibt aktives Tun und ist rechtswidrig", so der Vorsitzende Richter.

Die Kammer wies jedoch auf "eine erhebliche Rechtsunsicherheit" auf dem Gebiet des Behandlungsabbruchs hin. Selbst dem 12. Zivilsenat des BGH erschienen die Grenzen einer "Hilfe zum Sterben" nicht hinreichend geklärt.

"Pflegekräfte stecken in unglaublichem Gewissenskonflikt"

Wann darf die künstliche Ernährung eines Wachkomapatienten eingestellt werden? Macht es einen Unterschied, ob keine Nahrung mehr über eine Magensonde zugeführt oder der Schlauch gekappt wird? Ist das Durchschneiden eines Schlauches ein Behandlungsabbruch oder ein Tötungsdelikt?

Palliativmediziner und Pflegeheime, Ethikprofessoren und Medizinrechtler warten nun gespannt auf den neuerlichen Spruch des BGH. Der Fall von Wolfgang Putz und Erika Küllmer ist durchaus umstritten - aber in einem sind sich die meisten einig: Es muss mehr rechtliche Klarheit für den Umgang mit dem Sterben geben.

Dem Geschäftsführer der Akademie für Ethik in der Medizin in Göttingen, Alfred Simon, etwa ist unverständlich, dass sich in diesem Fall die Geschäftsführung des Heimes über die Einigung von Angehörigen, Arzt, Anwalt und Heimleitung hinwegsetzte. "Wie kann jemand, der den Fall überhaupt nicht kennt, einfach anordnen, die Patientin weiter zu ernähren?"

Das Pflegeheim in Bad Hersfeld erklärte auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE, es wolle sich zu diesem Fall nicht mehr äußern. Anfang des Jahres hatte es laut "ARD-Ratgeber: Recht" noch schriftlich mitgeteilt: "Entscheidend für uns war, dass keine schriftliche Verfügung des Amtsgerichts vorlag und nur diese wäre in diesem Fall bindend gewesen."

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), der bundesweit rund 3400 Heime und 3100 Pflegedienste vertritt, weist auf die "schwer auszuhaltende" Situation hin. "Die Pflegekräfte stecken in einem unglaublichen Gewissenskonflikt", sagt bpa-Geschäftsführer Herbert Mauel. Die Heime seien gesetzlich und vertraglich zu aktivierender Hilfe verpflichtet. "Und im selben Moment sollen sie lebensverlängernde Maßnahmen einstellen? Sie sollen einerseits waschen und pflegen, andererseits dem Patienten kein Wasser und keine Nahrung geben? Das ist unzumutbar", so Mauel.

BGH steht vor weitreichender Entscheidung

Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung betont, dass es stets um nichts Anderes gehen dürfe als um den Patientenwillen. "Lebenserhaltende Maßnahmen dürfen in Deutschland nur dann abgebrochen werden, wenn der Patient das eindeutig so will oder im Sterbevorgang ist", sagt Vorstand Eugen Brysch. "Da ein Wachkomapatient kein Sterbender ist, muss in einem solchen Fall eindeutig klar sein, was der Patient verfügt hat - für verschiedene Situationen wie Wachkoma, Organversagen oder Demenz."

Das Landgericht Fulda hat nach seiner Ansicht nicht ausreichend geklärt, was tatsächlich Erika Küllmers Wille war. Der BGH stehe nun vor einer weitreichenden Entscheidung. "Sie wird auch die Hunderttausenden demenziell Erkrankten betreffen, die ebenso wenig Sterbende sind wie Patienten im Wachkoma."

Brysch kritisiert das Verhalten von Wolfgang Putz. "Solche Wild-West-Methoden dürfen wir nicht zulassen. Auch wir helfen in Konfliktfällen, dass der Wille des Patienten durchgesetzt wird. Aber es ist unverantwortlich, wenn ein Anwalt zulässt, dass dies ohne Arzt oder Pflegekraft abläuft." Zwar habe das Pflegeheim nicht das Recht gehabt, die Ernährungseinstellung zu verhindern, aber der Anwalt hätte versuchen müssen, die Situation zu deeskalieren.

Putz selbst ist optimistisch, dass die Richter in Karlsruhe das Fuldaer Urteil revidieren - und den Eingriff als Behandlungsabbruch werten. Darin sieht er eine Chance für die Sterbehilfe in Deutschland. "Dann wüssten Ärzte, dass das Abschalten einer Maschine das Ende einer Therapie ist und keine aktive Sterbehilfe", sagt Putz. "Das Signal wäre: Wenn ihr eine Behandlung beendet, tötet ihr nicht."

Ein Vertreter der Bundesanwaltschaft kündigte vor Beginn der mündlichen Verhandlung an, voraussichtlich auf Freispruch zu plädieren. Das Verhalten des Angeklagten sei seiner Meinung nach rechtens gewesen.

Auch Elke G. hofft, dass die Karlsruher Richter Wolfgang Putz rehabilitieren - und sie selbst. Nach wie vor schwebe der Vorwurf der aktiven Sterbehilfe über ihr, obwohl sie in Fulda freigesprochen wurde. Sie habe nicht gewusst, was sie tue, und sich auf den Rat ihres Anwalts verlassen, urteilte das Landgericht. "Doch ich war nicht einfach eine Marionette", so G.. "Ich habe stets meine eigenen Entscheidungen getroffen. Und die Entscheidung, den Wunsch meiner Mutter umzusetzen, würde ich immer wieder so treffen.

Der Schnitt

Nach dem ersten Schock folgten die Kinder der Empfehlung von Putz: Elke G. fand in einer Schublade eine Pflasterschere. Erika Küllmers Sohn Peter hielt den Schlauch der Sonde, seine Schwester schnitt ihn durch. Unmittelbar über der Bauchdecke, so dass das Ende in den Körper rutschte.

Wenige Minuten später entdeckten zwei Schwestern den durchtrennten Schlauch, die Heimleitung verständigte die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft. Elke G. wurde festgenommen, ihr Bruder als Zeuge befragt. Erika Küllmer kam in ein Krankenhaus, man legte einen neuen Schlauch.

Am 5. Januar starb Erika Küllmer an Herzversagen - allein. Einen Zusammenhang mit der Durchtrennung des Versorgungsschlauches konnte der Rechtsmediziner nicht feststellen. Doch Sohn Peter zerbrach an dem Schicksal seiner Mutter. Wenige Wochen nach ihrem Tod nahm er sich das Leben. Elke G. und Wolfgang Putz kamen vor Gericht.

"Durchschneiden ist und bleibt aktives Tun und ist rechtswidrig"

Die Staatsanwaltschaft sah in Putz einen "Überzeugungstäter". Er habe sich "zum Herrn über Leben und Tod gemacht", hieß es im Plädoyer der Staatsanwältin. Ihre Forderung: zweieinhalb Jahre Haft ohne Bewährung. Das hätte für Putz das Ende seiner Anwaltslaufbahn bedeutet. Die Fuldaer Richter entschieden auf versuchten Totschlag und neun Monate Haft auf Bewährung.

In ihrem ambivalenten Urteil stellten sie einerseits fest, dass ein Angriff der Pflegeheimverantwortlichen vorlag. Die Beibehaltung der Magensonde sei eine vorsätzliche Körperverletzung gewesen. Auf der anderen Seite sah die Kammer in dem Durchschneiden des Schlauches aber keinen Fall von erlaubter indirekter oder passiver Sterbehilfe, sondern einen aktiven Eingriff. "Durchschneiden ist und bleibt aktives Tun und ist rechtswidrig", so der Vorsitzende Richter.

Die Kammer wies jedoch auf "eine erhebliche Rechtsunsicherheit" auf dem Gebiet des Behandlungsabbruchs hin. Selbst dem 12. Zivilsenat des BGH erschienen die Grenzen einer "Hilfe zum Sterben" nicht hinreichend geklärt.

 

"Pflegekräfte stecken in unglaublichem Gewissenskonflikt"

Wann darf die künstliche Ernährung eines Wachkomapatienten eingestellt werden? Macht es einen Unterschied, ob keine Nahrung mehr über eine Magensonde zugeführt oder der Schlauch gekappt wird? Ist das Durchschneiden eines Schlauches ein Behandlungsabbruch oder ein Tötungsdelikt?

Palliativmediziner und Pflegeheime, Ethikprofessoren und Medizinrechtler warten nun gespannt auf den neuerlichen Spruch des BGH. Der Fall von Wolfgang Putz und Erika Küllmer ist durchaus umstritten - aber in einem sind sich die meisten einig: Es muss mehr rechtliche Klarheit für den Umgang mit dem Sterben geben.

Dem Geschäftsführer der Akademie für Ethik in der Medizin in Göttingen, Alfred Simon, etwa ist unverständlich, dass sich in diesem Fall die Geschäftsführung des Heimes über die Einigung von Angehörigen, Arzt, Anwalt und Heimleitung hinwegsetzte. "Wie kann jemand, der den Fall überhaupt nicht kennt, einfach anordnen, die Patientin weiter zu ernähren?"

Das Pflegeheim in Bad Hersfeld erklärte auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE, es wolle sich zu diesem Fall nicht mehr äußern. Anfang des Jahres hatte es laut "ARD-Ratgeber: Recht" noch schriftlich mitgeteilt: "Entscheidend für uns war, dass keine schriftliche Verfügung des Amtsgerichts vorlag und nur diese wäre in diesem Fall bindend gewesen."

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), der bundesweit rund 3400 Heime und 3100 Pflegedienste vertritt, weist auf die "schwer auszuhaltende" Situation hin. "Die Pflegekräfte stecken in einem unglaublichen Gewissenskonflikt", sagt bpa-Geschäftsführer Herbert Mauel. Die Heime seien gesetzlich und vertraglich zu aktivierender Hilfe verpflichtet. "Und im selben Moment sollen sie lebensverlängernde Maßnahmen einstellen? Sie sollen einerseits waschen und pflegen, andererseits dem Patienten kein Wasser und keine Nahrung geben? Das ist unzumutbar", so Mauel.

 

BGH steht vor weitreichender Entscheidung

Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung betont, dass es stets um nichts Anderes gehen dürfe als um den Patientenwillen. "Lebenserhaltende Maßnahmen dürfen in Deutschland nur dann abgebrochen werden, wenn der Patient das eindeutig so will oder im Sterbevorgang ist", sagt Vorstand Eugen Brysch. "Da ein Wachkomapatient kein Sterbender ist, muss in einem solchen Fall eindeutig klar sein, was der Patient verfügt hat - für verschiedene Situationen wie Wachkoma, Organversagen oder Demenz."

Das Landgericht Fulda hat nach seiner Ansicht nicht ausreichend geklärt, was tatsächlich Erika Küllmers Wille war. Der BGH stehe nun vor einer weitreichenden Entscheidung. "Sie wird auch die Hunderttausenden demenziell Erkrankten betreffen, die ebenso wenig Sterbende sind wie Patienten im Wachkoma."

Brysch kritisiert das Verhalten von Wolfgang Putz. "Solche Wild-West-Methoden dürfen wir nicht zulassen. Auch wir helfen in Konfliktfällen, dass der Wille des Patienten durchgesetzt wird. Aber es ist unverantwortlich, wenn ein Anwalt zulässt, dass dies ohne Arzt oder Pflegekraft abläuft." Zwar habe das Pflegeheim nicht das Recht gehabt, die Ernährungseinstellung zu verhindern, aber der Anwalt hätte versuchen müssen, die Situation zu deeskalieren.

Putz selbst ist optimistisch, dass die Richter in Karlsruhe das Fuldaer Urteil revidieren - und den Eingriff als Behandlungsabbruch werten. Darin sieht er eine Chance für die Sterbehilfe in Deutschland. "Dann wüssten Ärzte, dass das Abschalten einer Maschine das Ende einer Therapie ist und keine aktive Sterbehilfe", sagt Putz. "Das Signal wäre: Wenn ihr eine Behandlung beendet, tötet ihr nicht."

Ein Vertreter der Bundesanwaltschaft kündigte vor Beginn der mündlichen Verhandlung an, voraussichtlich auf Freispruch zu plädieren. Das Verhalten des Angeklagten sei seiner Meinung nach rechtens gewesen.

Auch Elke G. hofft, dass die Karlsruher Richter Wolfgang Putz rehabilitieren - und sie selbst. Nach wie vor schwebe der Vorwurf der aktiven Sterbehilfe über ihr, obwohl sie in Fulda freigesprochen wurde. Sie habe nicht gewusst, was sie tue, und sich auf den Rat ihres Anwalts verlassen, urteilte das Landgericht. "Doch ich war nicht einfach eine Marionette", so G.. "Ich habe stets meine eigenen Entscheidungen getroffen. Und die Entscheidung, den Wunsch meiner Mutter umzusetzen, würde ich immer wieder so treffen."

 

Quelle: Siegel-online, 2.6.2010

 
 

Sterbehilfe: „Ich habe nicht getötet“

Wo liegt die Grenze zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe? Darum wird es nun an höchstrichterlicher Stelle gehen. Münchner Anwalt geht von "sicherem Freispruch" aus.

MÜNCHEN  -  Im Moment erlebt Elke G. die schlimme Zeit noch einmal. Wie ein Film laufen die Erinnerungen vor ihr ab. An damals, als sie ihre Mutter endlich gehen lassen wollte. Als sie in ihrer Not zur Schere griff und den Schlauch zerschnitt, über den die Koma-Patientin ernährt wurde (AZ berichtete).

Am Mittwoch wird der Fall vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe zu einem juristischen Abschluss kommen. Wo liegt die Grenze zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe? Darum wird es nun an höchstrichterlicher Stelle gehen.

Es war der Münchner Anwalt Wolfgang Putz, der Elke G. beraten hatte. Er legte der Frau aus Kassel nahe, die Sonde zu kappen. Vom Landgericht Fulda wurde der Jurist in Folge dessen zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt – wegen versuchten Totschlags. Er sieht der Revisionsverhandlung am Mittwoch gelassen entgegen: „Ich gehe von einem sicheren Freispruch aus.“

Elke G. selbst war straffrei geblieben – sie habe sich auf das Urteil des Anwalts verlassen dürfen. Trotzdem hofft auch sie auf eine „Rehabilitation“. „Solange der Vorwurf der verbotenen Sterbehilfe im Raum steht, ist nicht anerkannt, was ich getan habe.“

Rückblick: Der Schicksalsschlag geschah 2002. Erika K. fiel nach einem Hirnaneurysma ins Koma, 72 Jahre war sie damals alt. Nur vier Wochen zuvor hatte sie mit ihrer Tochter bei einem Spaziergang übers Sterben gesprochen. „Meine Mutter hat klar gesagt, dass sie keine lebensverlängernden Maßnahmen will“, erzählt Elke G. Sie kam nicht mehr dazu, den Willen schriftlich zu fixieren.

Nachdem die Frau mehrere Jahre im Wachkoma gelegen hatte, wollten ihre Kinder – Elke G. und ihr Bruder – sie in Würde sterben lassen. Sie beauftragten Anwalt Putz. Er verhandelte mit dem Heim, in dem die Mutter lag. Die Einrichtung erklärte sich nach anfänglichem Zögern bereit, die Kinder gewähren zu lassen. Allerdings nur, wenn sie das Ganze allein verantworten. Ende 2007 sollte es so weit sein. Elke G. hatte die letzte Flasche Flüssignahrung bereits entfernt. Da schwenkte das Heim um. „Keine Sterbehilfe“, hieß es plötzlich.

Die Situation eskalierte. Das Heim stellte ein Ultimatum: Entweder die künstliche Lebensverlängerung werde sofort wieder aufgenommen, oder die Kinder erhalten Hausverbot. Da kappte Elke G. den Ernährungsschlauch. Anwalt Putz hatte sie angewiesen, zur Schere zu greifen. Erika K. starb zwei Wochen später in einer Klinik. Ihre Tochter war nicht bei ihr: Sie hatte nach eigener Auskunft Besuchsverbot. Für Elke G. ist klar: „Ich habe nichts Unrechtes getan. Weder wollte ich meine Mutter töten, noch habe ich sie getötet.“

Julia Lenders

 

 

BGH steht vor Grundsatzentscheidung über Sterbehilfe

Der Bundesgerichtshof (BGH) will die rechtlich umstrittene Abgrenzung zwischen passiver und verbotener aktiver Sterbehilfe klären und dazu ein Grundsatzurteil am 25. Juni verkünden. Bei der Verhandlung am Mittwoch wurde deutlich, dass die Umsetzung des Patientenwillens dabei stärker in den Vordergrund rücken wird.

Der Bundesgerichtshof (BGH) steht vor einer Grundsatzentscheidung zur Sterbehilfe in Deutschland. Die Richter müssen klären, ob das Abtrennen einer Magensonde als Tötung zu bestrafen ist oder ob dies einen zulässigen Behandlungsabbruch darstellt. Am Mittwoch verhandelte der Zweite Strafsenat des BGH in Karlsruhe darüber. Das Urteil soll am 25. Juni verkündet werden.

Entscheiden müssen die Richter über einen Fall, der sich in einem Pflegeheim im osthessischen Bad Hersfeld abgespielt hat. Nach einem Hirnschlag lag dort seit 2002 die Rentnerin Erika K. im Wachkoma. Zu ihrer Tochter Elke G. hatte sie kurz vor dem Unglücksfall gesagt, dass sie keine künstliche Lebensverlängerung wünsche. Nach einigem Hin und Her versuchte die Tochter im September 2007 den Willen der Mutter umzusetzen und die künstliche Ernährung zu beenden. Das widerstrebende Pflegeheim stimmte zunächst zu, machte dann aber einen Rückzieher.

Auf Anraten ihres Anwalts Wolfgang Putz schnitt die Tochter daraufhin den Schlauch zur Magensonde knapp über der Bauchdecke mit einer Schere durch. Nachdem die Pflegekräfte dies entdeckt hatten, legten sie eine neue Magensonde und riefen die Polizei. Frau K. starb kurze Zeit später aus anderem Grund. Ihre Tochter und der Anwalt wurden jedoch wegen versuchten Totschlags angeklagt. Zwar wurde die Tochter freigesprochen, weil sie dem Rat des Anwalts vertraut hatte. Der Anwalt aber wurde vom Landgericht Fulda im April 2009 zu neun Monaten Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt.

Gegen dieses Urteil gingen sowohl Anwalt Putz als auch die Staatsanwaltschaft Fulda in Revision zum Bundesgerichtshof. Der Anwalt forderte einen Freispruch, die Staatsanwälte eine härtere Strafe.

Der Anwalt wurde von dem renommierten Strafverteidiger Gunter Widmaier vertreten. Dieser erklärte, bei der Magensonde habe es sich um eine "aufgedrängte technische Behandlung" gehandelt. Die Tochter habe - entsprechend dem ihr bekannten Willen der Mutter - das Recht gehabt, diese Behandlung zu beenden. Niemand müsse sich gegen seinen Willen behandeln lassen. Das Durchschneiden des Schlauchs sei zwar eine aktive Handlung gewesen, dennoch liege keine strafbare Sterbehilfe vor, denn die Tochter habe nur den natürlichen Sterbevorgang wiederhergestellt.

Auch die Bundesanwaltschaft plädierte auf Freispruch, unterstützte also nicht die Revision ihrer Kollegen aus Fulda. "Eine Zwangsbehandlung ist unzulässig", sagte Oberstaatsanwalt Lothar Maur. Die Pfleger hätten die Pflicht gehabt, selbst die Sonde zu entfernen. Das Vorgehen der Tochter und der entsprechende Rat des Anwalts seien gerechtfertigt gewesen. Die Tochter, die als rechtliche Betreuerin der Mutter eingesetzt war, habe den Willen der Mutter umsetzen müssen.

Anders sieht es die Deutsche Hospiz Stiftung: "Lebenserhaltende Maßnahmen dürfen nur dann abgebrochen werden, wenn der Patient das eindeutig so will oder wenn er sich im unmittelbaren Sterbevorgang befindet", sagte der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation, Eugen Brysch. Der Patientenwille dürfe nicht zum Spielball fremder Interessen werden, forderte Brysch und kritisierte das Verhalten des Anwalts.

Die Vorsitzende Richterin Ruth Rissing-van Saan deutete noch keine Richtung der Entscheidung an. Einerseits, so die Richterin, sei die Tötung auf Verlangen strafbar, anderseits müsse der vorab geäußerte Wille von Wachkoma-Patienten beachtet werden. Beides sei gesetzlich vorgeschrieben.

Entscheidend sei deshalb, ob das Durchschneiden des Schlauchs als aktive Tötungshandlung gewertet werde oder ob damit nur der Wille der Mutter zum Behandlungsabbruch umgesetzt wurde. Bei der Verhandlung diskutierten die Richter zeitweise mehr untereinander als mit Verteidigung und Bundesanwaltschaft.

 
 

Prozess um das Recht zu sterben

Ein Münchner Anwalt steht vor Gericht, weil er der Tochter einer Wachkomapatientin riet,

deren Magensonde zu kappen.

 

Wolfgang Putz soll Elke G. geraten haben, die Magensonde ihrer Mutter zu kappen.

Der Münchner Anwalt Wolfgang Putz ist einer der renommiertesten Medizinrechtler Deutschlands – und ein Überzeugungstäter. Seit Jahren vertritt der 59-Jährige Angehörige von Komapatienten. Mehrfach hat er bereits den Abbruch der künstlichen Ernährung durchgesetzt – um die Menschen „in Würde sterben zu lassen“. Nun sitzt der Rechtsanwalt selbst auf der Anklagebank. Weil er der heute 54-jährigen Elke G. geraten hat, die Magensonde ihrer im Koma liegenden Mutter Erika K. (76) zu kappen, muss er sich vor dem Landgericht Fulda wegen versuchten Totschlags verantworten. G., die den Ratschlag des Anwalts in die Tat umsetzte, ist ebenfalls angeklagt.

Mutter "das Sterben ermöglichen"

Wenige Wochen vor dem Schlaganfall, den Erika K. 2002 erlitt, hatte sie mit ihrer Tochter Elke G. noch über den Ernstfall gesprochen. Dass sie niemals künstlich am Leben gehalten werden wolle. So sagt es die Angeklagte G. im Prozess um versuchte aktive Sterbehilfe aus, der seit Dienstag vor dem Schwurgericht in Fulda läuft. Nachdem K. bereits fünf Jahre in einem Pflegeheim in Bad Hersfeld im Wachkoma gelegen hatte und zuletzt nur noch dank eines Luftröhrenschnittes atmete, habe sie „ihrer Mutter das Sterben ermöglichen wollen“, erklärte G. unter Tränen im Gerichtssaal.

Zu diesem Zeitpunkt sei es bereits eineinhalb Jahre lang darum gegangen, K. in Würde sterben zu lassen, sagt Anwalt Putz am Donnerstag. Dabei sei rechtlich eigentlich alles klar gewesen: K.s Arzt hatte eine weitere künstliche Ernährung für nicht angezeigt gehalten. Und Tochter Elke G., die als rechtliche Betreuerin eingesetzt war, wollte den mündlich geäußerten Willen ihrer Mutter umsetzen. Nicht nur der schriftlich festgehaltene, auch der „mutmaßliche Wille“ eines Patienten ist nach derzeitigem Recht bindend. „Sind Arzt und Betreuer sich einig, braucht es kein Vormundschaftsgericht“, sagt Putz.

 

"Persönlichkeitsrecht beginnt an der Bauchdecke"

Dass Elke G. am Ende die Magensonde durchtrennt, dabei spielt das Heim, in dem ihre Mutter liegt, eine entscheidende Rolle. Die Verantwortlichen dort stimmen nach langen Verhandlungen zu, die künstliche Ernährung von Erika K. innerhalb von drei Tagen zu reduzieren. Das passiert auch. Wenig später meldet sich aber eine Anwältin des Heimbetreibers und sagt, K. müsse verlegt werden. Das Heim werde Elke G. und ihrem Bruder Hausverbot erteilen, wenn sie der Fortführung der Ernährung nicht zustimmen.

Daraufhin sucht Elke G. erneut Hilfe bei Anwalt Putz. „Ja, ich habe ihr geraten, die Magensonde abzuschneiden“, sagt er. Weder ein Hospiz noch eine Palliativstation nehme Komapatienten auf. Ein anderes Pflegeheim habe man auch nicht gefunden. „Es war die einzige Möglichkeit“, sagt Putz. „Das Recht des Heimes endet an der Bauchdecke der Patientin, dort beginnt ihr Persönlichkeitsrecht.“

Mit seinem Rat, die Sonde zu kappen, habe er „das Rettungsbemühen des Heimes unterbunden“, heißt es dagegen in der Anklageschrift. Damit habe er sich der aktiven Sterbehilfe strafbar gemacht. Putz sagt, das Heim habe Erika K. nicht retten, sondern nur loshaben wollen. „Die Heimleitung hat Frau G. 1000 Euro angeboten, wenn sie ihre Mutter woanders hinbringt“, berichtet Putz. Das habe die Heimleiterin vor Gericht bestätigt.

Elke G. war noch am Bett ihrer Mutter festgenommen worden. Pflegekräfte hatten den gekappten Schlauch entdeckt und die Polizei gerufen. Erika K. wurde in eine Klinik gebracht und weiter künstlich ernährt. 14 Tage später starb sie. Einen Zusammenhang ihres Todes mit der Tat sieht die Staatsanwaltschaft aber nicht.

Seit Jahren gibt es in Deutschland eine rechtliche Debatte um Patientenverfügungen (siehe Blickpunkte). Oft, und das könnte auch im Fall Erika K. auf Seiten der Heimleitung der Fall sein, bestehen Unsicherheiten, weil der Umgang mit den Verfügungen bisher nicht durch ein Gesetz, sondern nur durch Gerichtsurteile geregelt ist.

 

Putz: "Bin ein fanatischer Grundgesetzschützer"

Sowohl die Verteidiger als auch die Staatsanwaltschaft sehen in dem Fall Erika K. einen „Präzedenzfall“. Unabhängig vom Fuldaer Urteil, das am 30. April fallen soll, wollen sie eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe anstreben. „Die Rechtssprechung ist sonnenklar – bis auf eben diese i-Tüpfelchen im Strafrecht“, sagt Putz.

„Ich bin ein fanatischer Grundgesetzschützer“, sagte Putz einmal über sein Engagement für das Recht von Menschen, über ihr Lebensende zu bestimmen. Diesen Fanatismus machen ihm Kritiker nun zum Vorwurf. Putz’ Interesse, „einen spektakulären Prozess ins Werk zu setzen“, könnte ebenso dringlich gewesen sein, wie das Interesse, „einen akzeptablen Weg zu finden, wie die Behandlung einer schwerkranken Frau fortzuführen oder abzubrechen“ sei, schreibt ein Leser der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ im Internet. „Wenn das so wäre, hätten wir uns dann eineinhalb Jahre hinhalten lassen?“, fragt Putz. Er habe sich den Fall nicht ausgesucht und auch „keine Lust, gezielt für Rechtssprechungen mit meinem Strafrisiko einzustehen.“

Dem Urteil in Fulda sieht er gelassen entgegen. 2002 wurde in einem ähnlichen Fall ein Strafverfahren gegen ihn eröffnet. „Da haben wir in dritter Instanz gewonnen.“ Elke G. hingegen nimmt der Prozess sehr mit. Putz: „Sie leidet unendlich.“

Caroline Wörmann

 

 

Urteil Sterbehilfe-Prozess:

Freispruch für Tochter, Anwalt Bewährung

 

Unter großem Medieninteresse wurde heute das Urteil im spektakulären Sterbehilfe-Prozess vor der Schwurgerichtskammer des Fuldaer Landgerichts gesprochen: Die 54-jährige Angeklagte Elke Glor aus Kassel wurde vom Vorwurf des Totschlags an ihrer todkranken Mutter freigesprochen. Ihr Verteidiger Dr. Wolfgang Putz, ein Münchner Fachanwalt für Medizinrecht, wurde dagegen zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen versuchten Totschlags verurteilt. Dagegen hat der 59-Jährige, der sich auf Patientenrecht spezialisiert hat, bereits Revision angekündigt und will notfalls bis zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe gehen. Auch zahlreiche Prozessbeobachter gehen von weiteren Klärungsbedarf durch die höchstrichterliche Instanz aus, weil die beiden Angeklagten sich auf das Recht und den Wunsch der Todkranken auf ein Sterben in Würde berufen. Das Gericht sah dagegen im Durchschneiden des Schlauchs der ernährenden Magensonde ein „aktives Tun“, kein „Sterben lassen“ – wie es der Bundesgerichtshof ohne Strafverfolgung zubilligt.

Bei der viertägigen Hauptverhandlung wurde der Fall noch einmal minutiös aufgerollt, der sich im Dezember 2007 in einem Pflegeheim in Bad Hersfeld abgespielt hatte. Die Angeklagte Elke Glor hatte sich nach Absprache mit ihrem Bruder und dem beratenden Anwalt dazu entschlossen, ihrer seit fünf Jahren im Wachkoma liegenden Mutter keine weitere künstliche Ernährung mehr zukommen zu lassen. Sie handelte nach eigener Aussage aus dem Verständnis heraus, dass ihre 76-jährige Mutter selbst Jahre zuvor weitere lebensverlängernde Maßnahmen für sich abgelehnt, dies allerdings nicht schriftlich in einer Patientenverfügung festgelegt hatte. Auch der behandelnde Arzt der Mutter hielt eine künstliche Ernährung für nicht länger indiziert Medizinisch unbestritten war, dass der Zustand der 76-Jährigen irreversibel und keine Verbesserung mehr zu erwarten war. Die Nahrungszufuhr per Infusion war bereits abgestellt worden, als die Heimleitung offenbar Bedenken bekam und eine erneute Ernährung per Sonde unternahm.

Daraufhin durchtrennte die Tochter auf telefonisches Anraten ihres mitangeklagten Anwaltes den Schlauch der Sonde direkt über der Bauchdecke – und wurde auf Betreiben der Heimleitung noch am Sterbebett ihrer Mutter festgenommen. Danach wurde die "Zwangsernährung" der Frau - gegen den Willen der Tochter - im Klinikum fortgesetzt, wo sie schließlich 14 Tage später wegen multiplem Organversagen verstarb. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen der angenommenen aktiven Sterbehilfe 3 Jahre für die Angeklagte und 2,5 Jahre für deren Anwalt gefordert, während die Verteidigung uneingeschränkt zwei Freisprüche für angemessen ansah.

Das Gericht habe die beiden Angeklagten und ihr Tun unterschiedlich bewertet, führte Richter Peter Krisch aus. Bei beiden habe es einen „Tatentschluss“ gegeben, der Tod sollte herbeigeführt werden. Das Motiv der Angeklagten sei eindeutig gewesen, ihre Mutter nicht länger leiden zu lassen. Sie habe sich auf den juristischen Rat des Anwalts verlassen, der nach eigener Aussage eine Entscheidung habe herbeiführen wollen und ins Kalkül gezogen habe, dass danach keine Klinik eine neue Sonde setzen werde. Zwar habe auch Anwalt Putz seine Mandantin „nicht als menschliches Werkzeug missbraucht, sondern sei überzeugt gewesen, sich im rechtlichen Rahmen zu bewegen.“ Auch dessen Motiv sei vor allem „helfen wollen“ gewesen, er habe sich nicht als Herr über Leben und Tod aufgespielt. Dennoch sah die Kammer bei ihm den Tatbestand des versuchten Totschlags gegeben und verurteilte den Anwalt. Beide Angeklagten hätten sich in einem „indirektem Verbotsirrtum“ befunden, wobei der des Anwalts aber vermeidbar gewesen wäre, begründete der Richter. Im Fall der angeklagten Tochter dagegen sei dieser Irrtum unvermeidlich gewesen: anders als der Anwalt habe sie schon jahrelang unter der Situation gelitten und sich zwangsläufig auf den juristischen Rat des Fachanwalts verlassen.

Das angesetzte Strafmaß wurde durch die umfängliche Aussage des Angeklagten und seine bisherigen Lebensumstände gemildert – er hat keinerlei Vorstrafen. Auch wollte das Gericht mit einer Bewährungsstrafe unter einem Jahr seine berufliche Zukunft nicht behindern.

In seiner ersten Reaktion kündigte der verurteilte Rechtsanwalt umgehend Revision an und kritisierte die aus seiner Sicht fehlerhafte Einschätzung des Gerichts. Auch sein Verteidiger Prof. Gunter Widmaier will den Fall vor dem höchsten deutschen Gericht, dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, verhandeln lassen.

Quelle: osthessen-news.de,30.4.2009

Die Redaktion von osthessen-news hatte bereits ausführlich über den Prozessauftakt berichtet

(siehe: http://www.osthessen-news.de/beitrag_A.php?id=1165013 ). +++

Elke Glor wurde frei gesprochen...

...vor dem Schwurgericht Fulda.

 

Wurde zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt: Der Münchener Fachanwalt Wolfgang Putz ...

 

...dessen Verteidiger Professor Dr. Gunter Widmaier. Sie kündigten bereits Revision gegen das Urteil an.

 

Deutschlands wohl bekannteste Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen (Spiegel) war heute ebenfalls beim spektakulären Prozess dabei.

 

 

Ein Streitgespräch: "Der letzte Wille"

Peter K. wollte sterben. Notärzte retteten ihn, jetzt liegt er - wie 8000 Menschen in Deutschland auch - im Koma. Seine Patientenverfügung wird ignoriert. Wer darf über seinen Tod entscheiden? Ein Streitgespräch zwischen seinem Anwalt und einem Arzt.

Der Fall

 

An einem Sonntag des Jahres 1998 nimmt der 33-jährige Peter K. einen Gürtel und hängt sich auf. Notärzten gelingt es, den jungen Mann vor dem Tod zu retten. Ins Leben zurückkehren wird er jedoch niemals wieder. Zwar schlägt sein Herz, sein Großhirn aber ist vollständig zerstört. Peter K. liegt im Wachkoma, die Mediziner räumen ihm keine Chance auf Besserung ein. Sie stellen die Beatmung ab. Als Peter K. dies überlebt, weigern sich jedoch die Ärzte, den Patienten durch Beenden der künstlichen Ernährung sterben zu lassen. Peters Vater findet im bayerischen Kiefersfelden ein Heim, das auf die Pflege derartiger Fälle spezialisiert ist. Vor seinem Selbstmordversuch hat Peter K. in einer Patientenverfügung deutlich gemacht, dass er in einem derartigen Zustand nicht leben möchte. Deshalb ordnet der behandelnde Arzt im Heim an, die künstliche Ernährung einzustellen. Doch das lehnen nun die Pfleger ab. Sie sagen: Peter K. will leben.

 

Der Streit

Über den Fall Peter K. wird in Kürze der Bundesgerichtshof entscheiden. Dem Urteil wird Signalwirkung zugesprochen: für die Zukunft von Komapatienten, die Bedeutung der Patientenverfügung und die Sterbehilfedebatte in Deutschland. An Patienten im Wachkoma wie Peter K. spitzt sich die Debatte zu. Circa 8000 Menschen sind Opfer des so genannten apallischen Syndroms. Jedes Jahr kommen Tausende hinzu. Sie leben in einer Welt zwischen Leben und Tod. Wichtige Körperfunktionen sind intakt, doch ihr Körper ist fast vollständig gelähmt. Sie öffnen die Augen, reagieren aber nicht auf ihre Umwelt. Viele Jahre, mitunter Jahrzehnte können die Patienten auf diese Weise leben. Ist so ein Leben menschenwürdig? Darf man einen solchen Menschen sterben lassen - oder muss man es sogar, wenn der Patient es zu Lebzeiten verfügt hat?

 

Die Kontrahenten

Wolfgang Putz, 54, streitet vor Gericht dafür, Peter K. sterben zu lassen. In mehr als 100 Fällen hat der Münchner Rechtsanwalt, der Medizin und Jura studierte, bisher mitgeholfen, den Patientenwillen durchzusetzen. Viele seiner Klienten liegen im Koma und können nicht mehr selbst entscheiden. Als Sachverständiger, Buchautor und Dozent kämpft Putz für ein Selbstbestimmungsrecht am Lebensende.

 

Andreas Zieger, 54, leitet im Evangelischen Krankenhaus in Oldenburg die Abteilung für Frührehabilitation. Dort wird in mühevoller Therapie und Pflege versucht, Patienten mit schwersten Hirnschädigungen ins Leben zurückzuholen. Der Neurochirurg gilt als einer der engagiertesten Fürsprecher des Lebensrechtes von Wachkomapatienten. Als Hochschuldozent setzt er sich in wissenschaftlichen Aufsätzen und Vorträgen zudem kritisch mit der Sterbehilfe auseinander.

Wolfgang Putz und Andreas Zieger kennen sich durch die Lektüre ihrer jeweiligen Veröffentlichungen zum Thema. Persönlich sind sie sich erstmals in diesem ZEIT-Gespräch begegnet.

spi

die zeit
Herr Putz, Sie kämpfen dafür, dass Patienten wie Peter K. (siehe Kasten rechts) sterben dürfen. Warum?
Wolfgang Putz
Weil es menschenunwürdig ist, wenn man einen Menschen weiter behandelt, der in diesem Zustand nicht leben möchte. In diesem Fall - einer der schrecklichsten, die ich erlebt habe - liegt eine besonders extreme Missachtung von Menschenrechten vor: Obwohl der Betroffene seinen Willen eindeutig bekundet hat, setzt sich das Pflegeheim seit Jahren über diesen Willen hinweg.
Andreas Zieger
Ich kenne den Fall nicht persönlich. Eines aber ist klar: Das Leben des jungen Mannes hat sich radikal verändert. Da gilt es herauszufinden, was dieser Mensch möchte und wie es um seinen Lebenswillen bestellt ist. In diesem Punkt scheint es eine riesige Diskrepanz zu geben zwischen der Ansicht der Angehörigen - und jener der Pfleger, die zu Peter K. eine Beziehung aufgebaut haben und ihn ebenso sehr gut kennen. Sie sagen, dass der Kranke durchaus auf seine Umwelt reagiert.
Putz
Es gibt zwei identische Gerichtsgutachten von Medizinern, die dem widersprechen. Wenn dagegen die Pfleger aus dem Grimassieren eines Sterbenden Willensbekundungen herauslesen, da hört es für mich auf.
Zieger
Da fängt es für mich erst an. Wachkomapatienten sind keine Sterbenden. Vielmehr haben wir es mit schwer traumatisierten Menschen zu tun, die bei guter Betreuung noch viele Jahre vor sich haben.
Putz
Sie wären doch längst tot, würde man sie nicht künstlich ernähren.
Zieger
Aber sie folgen einem Schlaf-Wach-Rhythmus. Ihr Herz schlägt ohne Hilfe. Zwar sind sie nicht ansprechbar, aber wir haben festgestellt, dass sich ihre Herzfrequenz bei äußerer Stimulation verändert, etwa wenn sie Musik oder bekannte Stimmen hören oder berührt werden. Bei vielen unserer Patienten sehen wir erstaunliche Fortschritte bis zum Lächeln.
Putz
Das mag bei einigen Ihrer Fälle stimmen. Die Mehrheit meiner Klienten jedoch sind Menschen jeden Alters im Pflegeheim, die Gehirnblutungen oder Schlaganfälle hinter sich haben und deren Zustand sich mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nie mehr ändern wird.Auch Peter K. liegt seit Jahren im Wachkoma. Da sind keine Fortschritte mehr zu erwarten.
Zieger
Richtig ist: Wer nach einem Jahr nicht wieder wach geworden ist, hat nur eine Chance von fünf Prozent, innerhalb der nächsten drei Jahre das volle Bewusstsein zu erlangen. Ein Erwachen ist also unwahrscheinlich. Dennoch kann kein Arzt mit ausschließlicher Sicherheit im Einzelfall voraussagen, wie es einem solchenPatienten in Zukunft ergeht.
Putz
In allen Jahrhunderten zuvor sind Patienten wie Peter K. sofort oder innerhalb weniger Monate gestorben. Dank des medizinischen Fortschritts können sie dies heute nicht mehr. Die Pflege von komatösen Menschen hat sich verbessert. Die wesentliche Neuerung ist die Ernährung durch die Bauchdecke mit der so genannten PEG-Sonde. Sie hat das Sterben grundsätzlich verändert.
zeit
Inwiefern?
Putz
Erst diese Magensonde macht ein Dauerkoma möglich. Früher wurden Menschen mit einem Schlauch durch die Nase oder den Rachen künstlich ernährt. Das führte nach einiger Zeit in der Regel zu Entzündungen und schrecklichen Wunden im Nasen- und Rachenraum. Angesichts dieser Quälerei war es für Ärzte und Pflegekräfte emotional einfacher, den natürlichen Sterbevorgang eines Patienten zuzulassen. Die heutigen Magensonden durch die Bauchdecke können den Patienten Jahrzehnte am Leben halten. So wie sie in Akutsituationen ein Segen sein können, so können sie als Fluch ein jahrelanges Dahinvegetieren verursachen. Dieses "ewige Leben" wird also in Wahrheit durch die modernen Magensonden in Pflegeheimen garantiert - und nicht, wie viele befürchten, weil man an vielen Apparaten auf der Intensivstation hängt.
Zieger
Ich stimme mit Ihnen überein: Wachkomapatienten sind ein Produkt der modernen Medizin. Doch wenn man diese Menschen einmal gerettet hat, haben wir die Pflicht, alles zu versuchen, sie ins Leben zurückzuholen und sie gut zu versorgen. Um es einmal zynisch zu sagen: Der einzige Weg, gar nicht erst in das Dilemma hineinzugeraten, wäre, dass der Rettungswagen später losfährt.
Putz
Nur weil ein Patient vom Notarzt gerettet wurde, heißt das noch lange nicht, dass man ihn am Leben halten muss, koste es, was es wolle. Das ist kein Weg ohne Umkehr. Vielmehr müssen wir uns immer wieder aufs Neue fragen, ob wir den Patienten weiterhin behandeln und sein Sterben hinauszögern dürfen.
Zieger
Aber diese Menschen leben. Sie atmen von allein. Denen müssen Sie die Nase zuhalten, wenn Sie die töten wollen.
Putz
Wer hat denn die Absicht, sie zu töten?
Zieger
Wenn Sie die Nahrungszufuhr abstellen, stirbt der Patient .
zeit
.das heißt, er verhungert.
Putz
Das setzt voraus, dass er Hunger hat. Nach den bestehenden medizinischen Erkenntnissen wissen wir, dass diese Patienten keinen Hunger verspüren. Auch verdursten sie nicht. Vielmehr sterben sie an mangelnder Flüssigkeit ohne Durstempfinden.
Zieger
Da ist sich die Wissenschaft keineswegs einig.
Putz
Selbst wenn der Patient Hunger haben sollte, wird er das einige Tage in Kauf nehmen, wenn er sterben will. Ich verstehe ja, dass es nicht leicht ist, jemanden sterben zu lassen, der tagsüber wach ist und einen scheinbar anschaut. Dennoch müssen Ärzte, Pfleger und Angehörige sich immer wieder fragen, was sie berechtigt, die mangelnde Atmung oder fehlende Nahrung bei einem Patienten zu ersetzen.
Zieger
Ich finde die Vorstellung absurd, dass sich ein Arzt oder eine Schwester unethisch verhalten, wenn sie einem Patienten Nahrung geben oder seinen Durst stillen.
Putz
Aber sie greifen in das Schicksal dieses Menschen ein und müssen sich fragen, ob er das will. Jede medizinische Maßnahme berührt das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Geschieht sie gegen seinen Wunsch, macht sich der Arzt der Körperverletzung schuldig. Nicht die Gesundheit des Patienten, nicht einmal das Leben sind die wichtigste Richtschnur des Arztes, sondern der Wille des Patienten. So schreibt es das deutsche Recht vor. Die Ärzte müssen anerkennen, dass sie nicht im rechtsfreien Raum leben, wie viele meinen.
zeit
Aber das Problem bei verwirrten Patienten oder solchen im Koma ist doch gerade, dass sie ihren Willen nicht mehr äußern können.
Putz
Dann gilt, was die Patienten schriftlich oder mündlich für diesen Fall verfügt haben.
zeit
Sie nehmen damit aber in Kauf, einen Menschen sterben zu lassen, der vielleicht noch eine - wenn auch geringe - Aussicht hätte, dass sich sein Zustand bessert.
Putz
Nicht ich, der Patient nimmt dieses Risiko in Kauf. Eine Patientenverfügung stärkt nämlich die Selbstbestimmung, aber sie nimmt dem Patienten auch Chancen. Er kann nicht auf der einen Seite fordern, dass die Ärzte ihn sterben lassen, wenn eine bestimmte Situation eingetreten ist - und gleichzeitig fordern, dass sie alles Erdenkliche tun, um ihn am Leben zu erhalten.
Zieger
Aber belastet es nicht Ihr Gewissen, einem Menschen vielleicht eine Lebenschance genommen zu haben?
Putz
Nein, weil der Patient auf diese Chance verzichten wollte. Da möchte ich eine Gegenfrage stellen. Was ist schlimmer: In wenigen Fällen das selbst gewollte Sterben von Menschen zuzulassen, die vielleicht doch noch eine Chance zum Leben hätten? Oder auf der anderen Seite unzählige Menschen gegen ihren Willen am Sterben zu hindern. Das ist eine Abwägung .
zeit
.die wie zu entscheiden ist?
Putz
Nach dem vom Grundgesetz garantierten Selbstbestimmungsrecht des Patienten.
zeit
Herr Zieger, was würden Sie machen, wenn Sie einen Patienten in einem Zustand wie Peter K. vor sich hätten, der in einer Patientenverfügung festgelegt hat, in einem solchen Fall sterben zu wollen?
Zieger
Dann würden wir den Fall mit den Angehörigen und dem Pflegepersonal besprechen, wie sein Wille zu interpretieren ist.
zeit
Aber würden Sie sich an die Patientenverfügung halten?
Zieger
Die Patientenverfügung wäre für mich handlungsleitend. Aber sie wäre nicht das einzige Entscheidungskriterium. Gleichzeitig bin ich als Arzt dem Gebot der Fürsorge und des Nichtschadens verpflichtet. Vielleicht schädigt sich der Patient ja auch selbst.
Putz
Das darf er doch, wenn er es will. Es gibt kein Fürsorgegebot gegen den erklärten Willen des Patienten. Wenn ein Mensch verfügt, in der Konstellation X möchte ich nicht weiter behandelt werden, und diese Konstellation tritt ein, dann müssen Sie sich daran halten.
Zieger
Das ist reine Theorie. Meistens passt der erklärte Wille eben nicht zur späteren Situation am Krankenbett - und Sie müssen dann versuchen herauszufinden, was der Patient jetzt wohl wollen würde. Ich habe in 26 Berufsjahren noch nie erlebt, dass die Patientenverfügung eins zu eins anwendbar war.
Putz
Das wundert mich sehr, denn wir erleben solche Fälle vielmals im Jahr.
Zieger
Ich erlebe es vielmehr andersherum: dass Ärzte zu früh aufgeben. Ich könnte viele totgesagte Wachkomapatienten nennen, die zum Teil wieder unter uns leben und sprechen können. Sie sind dankbar, dass wir zu ihnen gehalten haben. Zudem, Herr Putz, wie können Sie sicher sein, dass ein Patient keinen Sinneswandel durchgemacht hat und jetzt, da er krank ist, ganz anders empfindet und entscheiden würde als in einer Situation, da er noch gesund war?
Putz
Da kann ich gar nicht sicher sein. Deshalb verbietet eine gute Verfügung, dass man dem Patienten unterstellt, sein Wille habe sich geändert.
Zieger
Damit kein Missverständnis aufkommt: Auch ich wünsche mir Patienten, die mir sagen, was sie wollen. Insofern kann eine Patientenerklärung hilfreich sein. Ich glaube aber, dass die meisten Menschen potenziell überfordert sind, im Voraus zu entscheiden, was sie in einer medizinischen Notsituation wünschen. Ich sehe die Patientenverfügung noch aus anderen Gründen skeptisch.
zeit
Und zwar?
Zieger
Ich fürchte, dass die Patientenverfügung langfristig das Verhältnis zwischen Arzt und Patient untergräbt; dass Ärzte sich vom Patienten abwenden, sich nicht mehr die Mühe machen, ihn nach allen Regeln der Kunst zu behandeln, sondern sagen: Der Kranke will ja sterben, für den brauchen wir nichts mehr zu machen.
zeit
Ein solches Verhalten wäre gänzlich unethisch. Warum sollten Ärzte das tun?
Zieger
Schauen Sie sich den ökonomischen Druck an, unter dem Krankenhäuser und Pflegeheime bereits heute stehen. Dieser Druck wird sich in den kommenden Jahren noch verschärfen.
Putz
Aber viele Pflegeheime verdienen doch daran, dass diese Patienten möglichst lange leben. Da ist eine regelrechte Industrie entstanden. Diese Entwicklung wird sich noch verschärfen.
Zieger
Da tun Sie den Pflegekräften, die sich um diese Hilfsbedürftigen kümmern, bitter unrecht. Sie nehmen sich dieser Menschen an, bauen zu ihnen eine intensive Beziehung auf. Ich bin stolz darauf, dass sich bei der Behandlung von hirngeschädigten Patienten einiges verbessert hat. Sie sind mehr in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Die Kürzungen im Gesundheitssystem gefährden diese Entwicklung. Die Angst, dass schwerkranke Menschen ihrem Schicksal überlassen bleiben, ist deshalb keineswegs hergeholt. Da können die Patientenverfügungen zum Türöffner werden für eine neue Euthanasie.
Putz
Sie machen den Menschen Angst! Ich glaube nicht, dass deutsche Ärzte Patienten aus kommerziellen Erwägungen sterben lassen.
Zieger
Schauen Sie sich die Entwicklung in unseren Nachbarländern an, zum Beispiel die Sterbehilfegesetze in Holland und Belgien. Dort wird sogar die aktive Sterbehilfe legitimiert. Das führt dazu, dass es in Holland fast keine Wachkomapatienten mehr gibt. Da werden 18 Prozent der Getöteten, wie Studien zeigen, vorher noch nicht einmal nach ihrem Willen gefragt, obwohl sie bei Bewusstsein waren und obwohl die dortigen Gesetze das vorschreiben.
Putz
Abgesehen davon, dass dort der Patient bei legaler aktiver Sterbehilfe bei Bewusstsein sein muss - auch ich will in Deutschland keine niederländischen Verhältnisse.
Zieger
Da sind wir uns immerhin einig.
Putz
Wir brauchen auch unsere Gesetze nicht zu verändern, wie mancher fordert. Wir müssen sie nur anwenden. Jeder Mensch in Deutschland hat das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende.
zeit
Herr Putz, wäre es denn nicht konsequenter, einem todgeweihten Patienten nicht nur die Nahrung zu entziehen, sondern ihm aus Barmherzigkeit gleich die Todesspritze zu geben?
Putz
Nein, einen Menschen zu töten ist für mich - auch als Christ - unerträglich. Wir dürfen die aktive Tötung niemals freigeben.
zeit
Woher aber stammt denn die weit verbreitete Angst vieler Menschen, gegen ihren Willen am Leben gehalten zu werden? In Umfragen zeigen auch hierzulande zwei Drittel der Bevölkerung Sympathie für die aktive Sterbehilfe wie in Holland.
Putz
Viele Menschen haben erlebt, dass Ärzte bei Freunden, Bekannten oder Verwandten das Sterben in unwürdiger Weise hinausgezögert haben. Ich warte auf jenen Tag, da ein Arzt oder ein Heim in Haftung genommen wird oder Angehörige stellvertretend Schmerzensgeld verlangen, weil ein Krankenhaus oder Heim einen Patienten gegen seinen Willen weiter gepflegt hat.
Zieger
Das sehe ich anders: Nicht dass der Patient am Leben gehalten wird, sondern wie das bei uns geschieht, macht vielen Menschen Angst. Die Pflege in Krankenhäusern und Heimen ist häufig mangelhaft, es fehlt an persönlicher Zuwendung und an schmerzlindernden Medikamenten. Gerade im Bereich der Palliativmedizin herrschen in Deutschland skandalöse Unkenntnis und Unterversorgung.
Putz
Da haben Sie Recht. Zudem haben Ärzte das Zulassen des Sterbens nicht gelernt. In der Medizinerausbildung haben das Lebensende und der Tod bisher keinen Platz.
Zieger
Wieder einverstanden. Wir brauchen eine bessere Ethikausbildung für Ärzte in Deutschland.
zeit
Wir reden bislang stets von Patienten, die ihren Willen zuvor erklärt haben. Das ist aber häufig nicht der Fall.
Putz
Wir erleben es immer wieder, dass wir über den mutmaßlichen Willen von Kranken rätseln müssen, die in gesunden Tagen nicht über ihr Sterben reden wollten. Dann suchen wir nach Puzzlesteinen, die Rückschlüsse erlauben: Wie hat der Patient gelebt? Was hat ihn interessiert? Was hat er gelesen? Wie ging er mit Krankheit um? So kann man wenigstens den mutmaßlichen Willen ermitteln.
zeit
Heißt das also, je genauer eine Patientenverfügung formuliert ist, desto größer die Chance auf Durchsetzung des Willens?
Putz
Es muss deutlich werden, welche Situation der Patient gemeint hat. Nichts ist schrecklicher, als am Krankenbett Wortklaubereien über die Patientenverfügung zu betreiben. Gleichzeitig ist die jetzige Entwicklung, dass die Patientenverfügungen immer länger und genauer werden, ein Graus. Das bedeutet nämlich, dass die 80-jährige Oma, die nicht perfekt formulieren kann, weniger vor Willkür geschützt ist als der pensionierte Arzt oder Jurist, der die perfekte Verfügung zustande bringt.
Zieger
An dieser Perfektionierung sind Sie nicht ganz unbeteiligt, wenn Sie Patienten raten, möglichst genau zu definieren, was sie an ihrem Lebensende wollen und nicht wollen.
Putz
Das stimmt leider. Ich wünsche mir, dass Ärzte von selbst sorgsamer abwägen, inwiefern eine Lebensverlängerung noch mit dem Willen des Patienten vereinbar ist.
Zieger
Wenn die Ärzte das Frühableben selbst organisieren, brauchen wir keine Patientenverfügung. Da haben Sie Recht .
Putz
.solange der Patientenwille das Leitmotiv ist! Mein Traum ginge noch weiter: dass nämlich diejenigen eine Patientenverfügung brauchen, die eine Lebensverlängerung um jeden Preis wollen.
Zieger
Das hieße dann, die kranken Menschen müssen bitten, dass sich Ärzte noch um sie kümmern. Das pervertiert die Medizin.
Putz
Lebensverlängerung um jeden Preis ist etwas anderes, als sich um Patienten zu kümmern.
zeit
Eine persönliche Frage zum Schluss: Wie haben Sie sich selbst auf Ihr Sterben vorbereitet?
Putz
Ich möchte nicht, dass mein Leben künstlich verlängert wird, wenn meine Zeit gekommen ist und der Herrgott mich holt. Angst habe ich besonders vor dem langsamen Abbau und dem Siechen. Deshalb habe ich verfügt, dass man mich sterben lässt, wenn man mich nicht mehr mit dem Löffel ernähren kann. Ich habe diese Patientenverfügung jedoch erst vor fünf Jahren gemacht, obwohl ich mich seit mehr als zwei Jahrzehnten mit dem Thema befasse. Daran sehen Sie, wie schwer es fällt, sich mit dem eigenen Sterben zu beschäftigen.
Zieger
Ich bin altmodischer: Ich habe keine Patientenerklärung. Ich vertraue darauf, dass ich fürsorgliche Ärzte finde, die - wenn ich nicht mehr selbst entscheiden kann - meinen Willen sorgfältig ermitteln. Ich würde jedoch eine Erklärung niederschreiben, wenn ich merke, dass sich die gesellschaftlichen Umstände so ändern, dass ich Angst haben muss, nicht mehr behandelt zu werden.

Das Gespräch führten Ulrich Schnabel und Martin Spiewak

Eine Diskussion in "Der Zeit" Ausgabe 48 vom 20. November 2003

 
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