Die Webseite, die Unrecht beim Namen nennt ! |
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www.Babycaust.de
"WO RECHT ZU UNRECHT WIRD, WIRD
WIDERSTAND ZUR PFLICHT, GEHORSAM ABER VERBRECHEN!"
Papst Leo XIII.(1891)
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Lebensrecht
und Menschenwürde |
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Infos zur Euthanasie/Sterbehilfe • Anzeigen • Euthanasie-Anwalt Wolfgang Putz • Euthanasie-Anwalt Roger Kusch • Euthanasie-Lobbyisten • Organspende |
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20100625 |
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Nachrichten
EUROPÄISCHER BÜRGERINITIATIVEN
zum Schutze des Lebens und der
Menschenwürde |
in Deutschland |
Pressemeldung
Bundesgerichtshof(BGH) legitimiert Euthanasie
- Willkommen im „Vierten Reich“! -
Der 2. Senat des
Bundesgerichtshofes hat sich heute, 25.6 2010, für die
Sterbehilfe/Euthanasie, für die Ermordung von alten,
kranken und „unwerten“ Menschen ausgesprochen.
Dem 2. Senat gehören an:
- Vorsitzende Richterin Prof. Dr. Ruth Rissing van
Saan
- Richter Prof. Dr. Thomas Fischer
- Richter Prof. Dr. Bertam Schmitt
- Richter Prof. Dr. Krehl
- Richter Dr. Ekkehard Appl
- Richterin Ellen Roggenbuck
Über diese Entscheidung sind wir
erschrocken!
Wir fordern die sofortige Ablösung dieser Richter von
ihrem Richteramt
und die sofortige Aufhebung dieses skandalösen
Richterspruches.
Begründung:
65 Jahre nach Auschwitz
wird es wieder in Deutschland möglich sein,
alte, kranke, behinderte
Menschen aktiv zu töten, ohne eine strafrechtliche
Verfolgung befürchten zu müssen.
Auch entscheidungsunfähige
Menschen sind behinderte Menschen und daher von dieser
Bundesgerichtshof-Entscheidung betroffen.
Mit der heutigen
Entscheidung des BGH mag auch dahingestellt sein, ob
das Gericht das sogenannte
„Selbstbestimmungsrecht“ stärken wollte.
In Zukunft müssen die
Menschen in Deutschland wieder fürchten, daß sie in
Krankenhäusern auch getötet werden können.
Ein
„Selbstbestimmungsrecht“ über den Tod hat der Mensch
nicht.
Der Mensch darf weder über den Tod eines Mitmenschen
noch über seinen eigenen Tod bestimmen!
Gott alleine ist der Herr über Leben und Tod!
Nach der Katastrophe von
1945 forderten viele:
Nie Wieder !
65 Jahre nach Auschwitz,
2010, schreien wir daher in die Welt hinaus:
„Warum schon wieder?"
Initiative Nie Wieder! e.V. |
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„Christlich-Soziale-
Arbeitsgemeinschaft Österreichs“ |
gez. Klaus Günter Annen |
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gez.
Martin Humer, Obmann der CSA -
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V.i.S.d.P.:
Initiative Nie Wieder! e.V. Cestarostraße 2,
D-69469 Weinheim
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Staatsanwalt fordert Freispruch für
Rechtsanwalt Putz
Der Bundesgerichtshof
(BGH) will die Abgrenzung zwischen passiver und verbotener
aktiver Sterbehilfe klären und dazu ein Grundsatzurteil am
25. Juni verkünden. Das Gericht hat zu entscheiden, ob der
Abbruch einer medizinisch nicht indizierten Behandlung gemäß
einer Patientenverfügung eine Tötungshandlung ist oder
nicht.
Der Bundesgerichtshof (BGH) will die
Abgrenzung zwischen passiver und verbotener aktiver
Sterbehilfe klären und dazu ein Grundsatzurteil am 25.
Juni verkünden. Das Gericht hat zu entscheiden, ob der
Abbruch einer medizinisch nicht indizierten Behandlung
gemäß einer Patientenverfügung eine Tötungshandlung ist
oder nicht. Bei der Verhandlung am Mittwoch wurde
deutlich, dass die Umsetzung des Patientenwillens bei dem
Urteil stärker in den Vordergrund rücken wird und dass
Ärzte, die diesem Willen Geltung verschaffen, weniger
Angst vor Strafe haben müssen. In dem verhandelten Fall
lag eine Frau rund fünf Jahre in einem Heim im Wachkoma
und wurde künstlich ernährt, bis ihre Tochter auf Anraten
des Münchner Rechtsanwalts Wolfgang Putz den Schlauch der
Magensonde durchschnitt. Zuvor hatte sich das Heim trotz
ärztlicher Anordnung und einer Patientenverfügung der Frau
geweigert, die Ernährung einzustellen. Putz war dann vom
Landgericht Fulda wegen versuchten Totschlags zu neun
Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Selbst der
Staatsanwalt fordert nun einen Freispruch.
AFP
Quelle: Welt-online, 3.6.2010
BGH zu Sterbehilfe
Bundesanwaltschaft fordert Freispruch in Magensonden-Fall
Erster Erfolg für den wegen
versuchten Totschlags verurteilten Medizinrechtler
Wolfgang Putz: Die Bundesanwaltschaft hat in dem
Revisionsverfahren am BGH einen Freispruch gefordert.
Außerdem zeichnete sich ab, dass in dem Grundsatzurteil
der Patientenwille stärker in den Vordergrund rücken
könnte.
Karlsruhe - Anlass für das Verfahren am
Bundesgerichtshof (BGH) ist der Fall des Rechtsanwalts
Wolfgang Putz. Der erfahrene Medizinrechtler hatte
seiner Mandantin geraten, den Schlauch der Magensonde
durchzuschneiden, über den ihre im Koma liegende Mutter
versorgt wurde. Nachdem die Tochter den Schlauch gekappt
hatte, wurde der Mutter gegen den Willen der Kinder eine
neue Magensonde gelegt. Sie starb zwei Wochen später an
Herzversagen.
Das Landgericht Fulda verurteilte Putz
im April 2009 wegen versuchten Totschlags zu einer
Bewährungsstrafe von neun Monaten. Die Tochter wurde
freigesprochen. Sie habe sich auf den Rat des Anwalts
verlassen dürfen, so die Richter. Sowohl Putz als auch
die Staatsanwaltschaft Fulda gingen in Revision zum BGH
- der Medizinrechtler forderte einen Freispruch, die
Staatsanwälte eine härtere Strafe.
Nun steht der BGH vor einer Grundsatzentscheidung:
Der 2. Strafsenat will der Vorsitzenden Richterin Ruth
Rissing-van Saan zufolge prüfen, wie weit Sterbehilfe
gehen kann und wo die Grenze zwischen aktivem Töten und
natürlichem Sterben verläuft.
In der mündlichen Verhandlung am Mittwoch
diskutierten die Richter das Dilemma zwischen zwei
Gesetzen: Das 2009 beschlossene
Patientenverfügungsgesetz respektiert den Sterbewillen
der betroffenen Person - und zwar unabhängig vom
Gesundheitszustand. Andererseits verbietet der nicht
veränderte Paragraf 216 im Strafgesetzbuch weiterhin die
"Tötung auf Verlangen" durch sogenanntes aktives Tun.
Rissing-van Saan betonte, eine "gezielte aktive
Tötung" sei nicht zu rechtfertigen, auch wenn ein
Patient es ausdrücklich und ernsthaft wünsche.
Entscheidend sei deshalb, ob das Durchschneiden des
Schlauchs als aktive Tötungshandlung gewertet werde oder
ob damit nur der Wille der Mutter zum Behandlungsabbruch
umgesetzt wurde. Die Vorsitzende Richterin wies auf die
derzeit unklare Gesetzeslage hin: Dass etwa das
Abschalten eines Beatmungsgeräts durch einen Arzt
rechtlich als zulässiges "Unterlassen" einer
lebensverlängernden Therapie bewertet wird, das
Durchtrennen eines Schlauchs aber unzulässiges "aktives
Tun" sein soll, "ist keinem Laien zu erklären".
Bundesrichter Thomas Fischer merkte an, dass ein
Mensch nicht nur das Recht habe, in Würde zu sterben,
sondern er habe auch das Recht, unwürdig zu sterben, so
er dies wünsche. Die Diskussion der Richter ließ
erkennen, dass sich noch keine einheitliche Meinung
gebildet hat.
Bundesanwalt fordert Freispruch für
Medizinrechtler Putz
Oberstaatsanwalt Lothar Maur plädierte dafür, das
Dilemma über das Betreuungsrecht zu lösen. Wenn es der
Wille eines unheilbar Kranken ist, auf
lebensverlängernde Maßnahmen zu verzichten, und wenn
sein Betreuer und Arzt diesen Willen umsetzen, dürfe das
nicht als strafbares Töten auf Verlangen bewertet
werden. Einen Schlauch wie im aktuellen Fall
durchzuschneiden, sei dann zwar aktives Tun, es sei aber
"gerechtfertigt", weil der Patientenwille Vorrang habe.
Im Fall von Putz forderte Maur einen Freispruch. Der
Rat des Anwalts und das entsprechende Vorgehen der
Tochter seien gerechtfertigt gewesen. "Selbst wenn keine
schriftliche Patientenverfügung vorhanden ist, genügt
der mündlich geäußerte oder mutmaßliche Wunsch des
Betroffenen", sagte der Oberstaatsanwalt. Der Wille des
Patienten sei entscheidend - unabhängig von der Art und
dem Stadium der Krankheit. Das Durchtrennen des
Schlauchs habe dazu gedient, die Behandlung zu beenden.
"Eine Zwangsbehandlung ist unzulässig", so Maur. Die
Pfleger hätten die Pflicht gehabt, selbst die Sonde zu
entfernen.
Der Verteidiger von Putz, Gunter Widmaier, verglich
in seinem Plädoyer den Schnitt durch den Schlauch mit
dem Abschalten eines Beatmungsgeräts: "Das ist aktives
Tun, aber es tötet nicht den Patienten, sondern stellt
den Zustand her, der dem natürlichen Sterben des
Menschen entsprechen würde." Bei der Magensonde habe es
sich um eine "aufgedrängte technische Behandlung"
gehandelt. Die Tochter habe - entsprechend dem ihr
bekannten Willen der Mutter - das Recht gehabt, diese
Behandlung zu beenden.
Putz bat in seinem Schlusswort um ein Urteil, das
auch für die behandelnden Ärzte Klarheit schafft. Viele
Ärzte würden sich nicht trauen, eine Behandlung zu
beenden, "weil sie Angst haben, mit einem Fuß im
Gefängnis zu stehen".
Das Urteil soll am 25. Juni verkündet werden.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version
dieses Textes hieß es, Richter Thomas Fischer habe
angemerkt, dass ein Mensch nicht nur das Recht habe,
friedlich zu sterben, "sondern auch qualvoll, so er dies
wünsche." Die Wiedergabe dieses Zitats beruht auf einer
Agentur-Information und ist falsch. Richtig ist
vielmehr, dass Thomas Fischer sagte, der Mensch habe
auch das Recht, unwürdig zu sterben. Wir bitten den
Fehler zu entschuldigen.
siu/dpa/apn/ddp/Reuters
Quelle: Spiegel Online 02. Juni 2010r
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Sie werden entscheiden:
"Richtung Euthanasie:" JA
oder NEIN
2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes |
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Vorsitzender |
Prof. Dr.
Rissing-van Saan,
Vorsitzende
Richterin am Bundesgerichtshof |
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Stv. Vorsitzender |
Prof. Dr. Th.
Fischer,
Richter am
Bundesgerichtshof |
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Beisitzende
Mitglieder |
Roggenbuck, Richterin am
Bundesgerichtshof |
|
Dr. Appl, Richter am
Bundesgerichtshof |
|
Prof. Dr. Schmitt,
Richter am Bundesgerichtshof |
|
Prof. Dr. Krehl, Richter
am Bundesgerichtshof |
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Er verteidigt den
Euthanasie-Anwalt Wolfgang Putz
Prof. Dr. Gunter
Widmaier
Rechtsanwalt in Karlsruhe
Honorarprofessor an der
Ludwig-Maximilians-Universität
München
Herrenstraße 23
76133 Karlsruhe
Tel (0721)
913430
Fax (0721) 913430 |
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Prof. Widmaier |
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20100609 |
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Nachrichten
EUROPÄISCHER BÜRGERINITIATIVEN
zum Schutze des Lebens und der
Menschenwürde |
in Deutschland |
Pressemeldung
Nie wieder Euthanasie? Nie wieder – oder doch
?
-
Zur bevorstehenden Entscheidung des
Bundesgerichtshofes am 25. Juni 2010 –
(Weinheim, 09.06.2010) Der 2. Strafsenat des
Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe befaßte sich am
2. Juni 2010 mit einem sehr aktuellen und brisanten
Thema: mit der Sterbehilfe/Euthanasie.
Dr. Wolfgang Putz, ein
bekannter Anwalt aus München, machte aus seiner
Einstellung zur Sterbehilfe/Euthanasie keinen Hehl. Er
riet seiner Klientin, Elke Glor aus Kassel,
deren Mutter sich im Wachkoma befand, den Schlauch der
Magensonde zu durchtrennen und somit den „Sterbeprozeß“
ihrer Mutter einzuleiten.
Die Tat wurde entdeckt. 14 Tage später starb die
Mutter jedoch eines natürlichen Todes.
Die Klientin und ihr Anwalt wurden angeklagt.
Es kam zu einer Verhandlung vor dem Landgericht Fulda.
Das Gericht sprach Elke Glor frei. Der beratende
Rechtsanwalt Putz erhielt eine Bewährungsstrafe von 9
Monaten wegen versuchten Totschlages.
Gegen dieses Urteil hat Dr. Putz berufen.
So, der kurze Sachverhalt.
Rechtsanwalt Putz wollte den
BGH zu einer Grundsatzentscheidung zwingen. Er möchte
die heute bestehende Rechtsunsicherheit zu Gunsten der
„Sterbehilfe“ beseitigen.
Die Chancen hierzu sind in dieser geistig
verwirrten unsicheren Zeit sogar groß.
65 Jahre liegen die Verbrechen von Auschwitz
zurück. Man spricht diesmal nicht von
Euthanasie, sondern nur von „Sterbehilfe“: Sterben –
natürlich selbstbestimmt und friedlich.
Rechtssicherheit muß her, denn wer möchte später
einmal als richterlicher Scherge in die Geschichte
eingehen.
Dem „selbstbestimmten Leben“ soll nun der
„selbstbestimmte Tod“ folgen. Wenn eine Person
zu Lebzeiten versäumt hat, ihren Willen festzulegen,
so will man ihren „mutmaßlichen Willen“ selbst
nach dem Tode noch feststellen. Alles ist und wird
dann möglich sein. Natürlich straffrei, eine
gesetzlich geschützte, verbrecherische Tat.
Schöne Aussichten, liebe Mitbürger!
Daß man die Patienten verhungern oder
verdursten läßt, keine Medikamente mehr
verabreicht oder die Beatmungsmaschine abstellt,
kann bald Alltag in Deutschland werden, je nachdem,
wie der Bundesgerichtshof entschieden hat.
Der „mutmaßliche Wille“ eines Menschen könnte
das neue Zauberwort für die Euthanasie werden.
In Zeiten von Wirtschaftskrisen, knappen Kassen
und demographischen Fehlentwicklungen müssen Politiker
einsparen, Mediziner handeln und Juristen
rechtfertigen.
Verantwortung vor Gott kennt man heute nicht
mehr.
Viele Menschen haben vergessen, das Gott alleine
das Leben schenkt.
Das Leben des Menschen darf durch Menschen
nie wieder verfügbar gemacht werden!
Initiative Nie Wieder! e.V.
gez. Klaus
Günter Annen -
V.i.S.d.P.:
Initiative Nie Wieder! e.V. Cestarostraße 2,
D-69469 Weinheim
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Verhandlungstermin:
2. Juni 2010 = Verkündungstermin: 25. Juni 2010
2 StR 454/09
Landgericht Fulda –
Urteil vom 30. April 2009 – 16 Js 1/08 - 1 Ks –
Das Landgericht hat den
Angeklagten P. wegen
versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun
Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung
ausgesetzt. Die ursprünglich mitangeklagte
Frau G. hat das Landgericht rechtskräftig
freigesprochen.
Der Angeklagte ist ein auf Medizinrecht,
insbesondere auf Palliativmedizin spezialisierter
Rechtsanwalt. Nach den Feststellungen des Landgerichts
beriet er seit dem Jahr 2006 die beiden Kinder der 1931
geborenen Frau K., nämlich die mitangeklagte Frau G. und
deren inzwischen verstorbenen Bruder.
Frau K. lag seit Oktober 2002 nach einer
Hirnblutung in einem Wachkoma. Sie wurde in einem Pflegeheim
in Bad Hersfeld über einen Zugang in der Bauchdecke, eine
sog. PEG-Sonde, künstlich ernährt. Eine Besserung ihres
Gesundheitszustandes war nicht mehr zu erwarten.
Entsprechend einem von Frau K. im
September 2002 mündlich für einen solchen Fall geäußerten
Wunsch bemühten sich die Geschwister, die seit dem Sommer
2007 zu Betreuern ihrer Mutter bestellt worden waren, um die
Einstellung der künstlichen Ernährung, um ihrer Mutter ein
Sterben in Würde zu ermöglichen. Der behandelnde Hausarzt
unterstützte dieses Vorhaben, weil eine medizinische
Indikation für eine Fortsetzung der künstlichen Ernährung
nicht gegeben war.
Die Bemühungen, die der Angeklagte als
von den Betreuern mandatierter Rechtsanwalt der Frau K.
entfaltete, stießen aber auf den Widerstand der Heimleitung.
Nachdem auch die ausdrückliche Anordnung des Hausarztes zur
Einstellung der künstlichen Ernährung vom Heimpersonal nicht
befolgt wurde, schlug die Heimleiterin schließlich einen
Kompromiss vor. Um den moralischen Vorstellungen aller
Beteiligten gerecht zu werden, sollte sich das Heimpersonal
nur noch um die Pflegetätigkeiten im engeren Sinne kümmern,
während ihre Kinder selbst die Ernährung über die Sonde
einstellen, die erforderliche Palliativversorgung
durchführen und ihrer Mutter im Sterben beistehen sollten.
Nachdem Frau G. am 20.12.2007 die
Nahrungszufuhr über die Sonde beendet und begonnen hatte,
die Flüssigkeitszufuhr zu reduzieren, wies die
Geschäftsleistung des Gesamtunternehmens am 21.12.2007
jedoch die Heimleitung an, die künstliche Ernährung umgehend
wieder aufzunehmen.
Den Kindern der Frau K. wurde ein
Hausverbot für den Fall angedroht, dass sie sich hiermit
nicht einverstanden erklären sollten. Darauf erteilte der
Angeklagte P. Frau G. am gleichen Tag den Rat, den Schlauch
der PEG-Sonde unmittelbar über der Bauchdecke zu
durchtrennen, weil gegen die rechtswidrige Fortsetzung der
Sondenernährung durch das Heim ein effektiver Rechtsschutz
nicht kurzfristig zu erlangen sei. Nach seiner Einschätzung
der Rechtslage werde danach keine Klinik eigenmächtig eine
neue Sonde einsetzen, so dass Frau K. würde sterben können.
Frau G. folgte seinem Rat und schnitt
Minuten später mit Unterstützung ihres Bruders den Schlauch
durch.
Nachdem das Heimpersonal dies bereits
nach einigen weiteren Minuten entdeckt und die Heimleitung
die Polizei eingeschaltet hatte, wurde Frau K. auf Anordnung
eines Staatsanwalts gegen den Willen ihrer Kinder in ein
Krankenhaus gebracht, wo ihr eine neue PEG-Sonde gelegt und
die künstliche Ernährung wieder aufgenommen wurde.
Sie starb dort zwei Wochen darauf
eines natürlichen Todes auf Grund ihrer Erkrankungen.
Das Landgericht hat das Handeln des
Angeklagten als einen gemeinschaftlich mit Frau G.
begangenen versuchten Totschlag durch aktives Tun – im
Gegensatz zum bloßen Abbruch einer lebenserhaltenden
Behandlung durch Unterlassen – gewürdigt, der weder durch
die mutmaßliche Einwilligung der Frau K. noch nach den
Grundsätzen der Notwehr oder des rechtfertigenden Notstandes
gerechtfertigt sei. Auch auf einen entschuldigenden
Notstand nach § 35 StGB könne sich der Angeklagte nicht
berufen, weil die Tötung des zu Schützenden kein Ziel der
Gefahrenabwehr im Sinne dieser Vorschrift sein könne. Auch
habe Frau K. die Fortdauer der künstlichen Ernährung bis zu
einer Entscheidung eines Gerichts über einen
Behandlungsabbruch zugemutet werden können; zudem sei der
Angeklagte keine ihr nahe stehende Person gewesen. Soweit er
sich in einem sog. Erlaubnisirrtum befunden habe, sei dieser
für ihn als einschlägig spezialisierten Rechtsanwalt
vermeidbar gewesen.
Die Mitangeklagte G. hat das Landgericht
freigesprochen, weil sie sich angesichts des Rechtsrats des
Angeklagten in einem unvermeidbaren Erlaubnisirrtum befunden
und deshalb ohne Schuld gehandelt habe.
Mit seiner auf die Sachrüge gestützten
Revision verfolgt der Angeklagte seinen Freispruch, während
die zu seinen Ungunsten eingelegte Revision der
Staatsanwaltschaft die Strafzumessung durch das Landgericht
beanstandet.
Der 2. Strafsenat des
Bundesgerichtshofs wird sich mit grundsätzlichen
Rechtsfragen des Abbruchs und der Unterbrechung der
Behandlung eines unheilbar erkrankten und selbst nicht mehr
entscheidungsfähigen Patienten zu befassen haben.
Quelle:
http://www.bundesgerichtshof.de/cln_134/DE/Presse/Terminhinweise/terminhinweise_node.html |
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"Schneiden
Sie den Schlauch durch!"
Fünf Jahre lang lag
Erika Küllmer im Wachkoma, dann durchtrennten ihre Kinder
den Schlauch der Magensonde - auf Anraten eines Anwalts. Der
Jurist wurde daraufhin wegen versuchten Totschlags
verurteilt. Nun berät der Bundesgerichtshof über den Fall.
Und könnte ein bahnbrechendes Urteil fällen.
Hamburg - Wann soll das Leben enden?
Und wie? Und was bedeutet es noch, wenn ein Mensch nichts
mehr von seinem Leben wahrnimmt, ewig schläft, wenn er tot
ist, obwohl er noch lebt?
Vor dem
Bundesgerichtshof (BGH) hat am Mittwoch ein
Grundsatzprozess zu Fragen der Sterbehilfe begonnen. Es
geht um einen aufsehenerregenden Fall, um das Schicksal
der Wachkomapatientin Erika Küllmer und des Anwalts
Wolfgang Putz. Aber es geht auch um die ganz große Frage,
die immer mehr Menschen in Deutschland beantworten müssen:
Wie sollen meine Angehörigen sterben?
Erika Küllmer, damals 71, fiel nach
einem Hirnschlag im Oktober 2002 ins
Wachkoma. Die Ärzte
legten ihr eine Magensonde, im Februar 2003 brachte man
sie in ein Pflegeheim im hessischen Bad Hersfeld. Fortan
vegetierte Erika Küllmer im Bett, schwerst
pflegebedürftig. Ihr linker Arm wurde nach einem Bruch
amputiert. Sie reagierte nicht auf Ansprache, nicht auf
Berührungen.
Endlich sterben lassen
Wolfgang Putz ist ein bekannter
Medizinrechtler. Er hat sich auf Palliativmedizin
spezialisiert. Putz arbeitet als Sachverständiger,
unterrichtet Medizinethik, ist Mitherausgeber einer
Broschüre des bayerischen Justizministeriums über
Patientenverfügungen. Mehr als 260 Menschen hat seine
Kanzlei bisher gegen Ärzte und Heime vertreten. Den Fall
von Erika Küllmer übernahm er 2006.
Die Kinder der damals 75-Jährigen
wollten ihre Mutter endlich sterben lassen - so wie sie es
sich gewünscht hatte. Erika Küllmer lehnte
lebensverlängernde Maßnamen ab, sie verlangte keine
künstliche Ernährung oder Beatmung, sie wollte friedlich
einschlafen. Allerdings hatte Küllmer das nie schriftlich
verfügt, sondern lediglich ihrer Tochter gesagt.
Und so hing Erika Küllmers Leben für
fünf lange Jahre an dem dünnen Plastikschlauch einer
Magensonde. Erst weigerte sich Küllmers Mann, die
Ernährung einstellen zu lassen, nach dessen Tod
verhinderte es die ihm zur Seite gestellte Betreuerin. Und
selbst als ein Vormundschaftsgericht Küllmers Kinder in
Kenntnis ihrer Absichten als Betreuer bestimmt hatte und
eine ärztliche Empfehlung vorlag, zögerte das Pflegeheim
noch.
"Ich habe meine Mutter die ganzen
Jahre nicht so friedlich erlebt"
Kurz vor Weihnachten 2007 schien die
Familie ihr Ziel endlich erreicht zu haben. Die
Heimleitung hatte sich zu einem Kompromiss bereit erklärt:
Die Pfleger sollten nur noch waschen und betten, die
Kinder von Erika Küllmer derweil die Ernährung über die
Sonde einstellen und ihre Mutter beim Sterben begleiten,
Schmerzpflaster aufkleben, den Mund befeuchten.
Am Morgen des 20. Dezember lief die
letzte Ration Flüssignahrung durch den Schlauch, die
Wasserzufuhr sollte in den kommenden zwei Tagen langsam
reduziert werden. Elke G. saß bei ihrer Mutter,
streichelte ihren Kopf, las ihr vor. Leise erklang
Meditationsmusik. "Ich habe sie die ganzen Jahre nicht so
friedlich erlebt wie damals", erinnert sich Elke G.
Doch am nächsten Tag der Schock: Die
Geschäftsleitung und die Rechtsabteilung der Heimkette
schalteten sich plötzlich ein und untersagten die
Sterbehilfe in ihrem Haus - wegen strafrechtlicher
Risiken. Die Heimleiterin ließ Erika Küllmer sofort einen
halben Liter Wasser zuführen, anschließend sollte dieselbe
Menge Flüssignahrung folgen. Die Angehörigen könnten Erika
Küllmer verlegen lassen oder müssten der Ernährung binnen
zehn Minuten zustimmen - sonst würden sie des Hauses
verwiesen, hieß es.
Rechtswidriger Angriff
Elke G. rief Rechtsanwalt Putz an, der
sich mit seiner Kollegin beriet. Zahlreiche Telefonate
später empfahl der Anwalt seiner Mandantin: "Schneiden Sie
den Schlauch durch, direkt über der Bauchdecke." Die
Juristen waren sich sicher: Die Sonde stelle einen
rechtswidrigen Angriff auf Erika Küllmer dar und
gerichtliche Schritte seien kurz vor Weihnachten nicht
möglich.
"Das Entfernen der Sonde war die
logischste und sanfteste Methode, den Angriff abzuwehren",
so Putz. Er stützte sich auf zwei Urteile des
Bundesgerichtshofes: Im September 1994 hatte der BGH im
"Kemptener Fall" entschieden, dass die Einstellung der
Ernährung im Fall eines Wachkomapatienten der "Abbruch
einer einzelnen lebenserhaltenden Maßnahme" sei. Dieser
könne auch dann erfolgen, wenn der Sterbevorgang noch
nicht unmittelbar eingesetzt habe - entscheidend sei der
mutmaßliche Wille des Patienten.
Und im Juni 2005 erklärte der 12.
Zivilsenat in einer Grundsatzentscheidung zur
Verbindlichkeit des
Patientenwillens und zu dessen Durchsetzbarkeit,
kein Pflegeheim habe das Recht, eigenmächtig die
künstliche Ernährung eines Bewohners gegen dessen Willen
und gegen das Verbot von Arzt und Betreuer durchzuführen.
Der Schnitt
Nach dem ersten Schock folgten die
Kinder der Empfehlung von Putz: Elke G. fand in einer
Schublade eine Pflasterschere. Erika Küllmers Sohn Peter
hielt den Schlauch der Sonde, seine Schwester schnitt ihn
durch. Unmittelbar über der Bauchdecke, so dass das Ende
in den Körper rutschte.
Wenige Minuten später entdeckten zwei
Schwestern den durchtrennten Schlauch, die Heimleitung
verständigte die Kriminalpolizei und die
Staatsanwaltschaft. Elke G. wurde festgenommen, ihr Bruder
als Zeuge befragt. Erika Küllmer kam in ein Krankenhaus,
man legte einen neuen Schlauch.
Am 5. Januar starb Erika Küllmer an
Herzversagen - allein. Einen Zusammenhang mit der
Durchtrennung des Versorgungsschlauches konnte der
Rechtsmediziner nicht feststellen. Doch Sohn Peter
zerbrach an dem Schicksal seiner Mutter. Wenige Wochen
nach ihrem Tod nahm er sich das Leben. Elke G. und
Wolfgang Putz kamen vor Gericht.
"Durchschneiden ist und bleibt
aktives Tun und ist rechtswidrig"
Die Staatsanwaltschaft sah in Putz
einen "Überzeugungstäter". Er habe sich "zum Herrn über
Leben und Tod gemacht", hieß es im Plädoyer der
Staatsanwältin. Ihre Forderung: zweieinhalb Jahre Haft
ohne Bewährung. Das hätte für Putz das Ende seiner
Anwaltslaufbahn bedeutet. Die Fuldaer Richter entschieden
auf versuchten Totschlag und neun Monate Haft auf
Bewährung.
In ihrem ambivalenten Urteil stellten
sie einerseits fest, dass ein Angriff der
Pflegeheimverantwortlichen vorlag. Die Beibehaltung der
Magensonde sei eine vorsätzliche Körperverletzung gewesen.
Auf der anderen Seite sah die Kammer in dem Durchschneiden
des Schlauches aber keinen Fall von erlaubter indirekter
oder passiver Sterbehilfe, sondern einen aktiven Eingriff.
"Durchschneiden ist und bleibt aktives Tun und ist
rechtswidrig", so der Vorsitzende Richter.
Die Kammer wies jedoch auf "eine
erhebliche Rechtsunsicherheit" auf dem Gebiet des
Behandlungsabbruchs hin. Selbst dem 12. Zivilsenat des BGH
erschienen die Grenzen einer "Hilfe zum Sterben" nicht
hinreichend geklärt.
"Pflegekräfte stecken in
unglaublichem Gewissenskonflikt"
Wann darf die künstliche Ernährung
eines Wachkomapatienten eingestellt werden? Macht es einen
Unterschied, ob keine Nahrung mehr über eine Magensonde
zugeführt oder der Schlauch gekappt wird? Ist das
Durchschneiden eines Schlauches ein Behandlungsabbruch
oder ein Tötungsdelikt?
Palliativmediziner und Pflegeheime,
Ethikprofessoren und Medizinrechtler warten nun gespannt
auf den neuerlichen Spruch des BGH. Der Fall von Wolfgang
Putz und Erika Küllmer ist durchaus umstritten - aber in
einem sind sich die meisten einig: Es muss mehr rechtliche
Klarheit für den Umgang mit dem Sterben geben.
Dem Geschäftsführer der Akademie für
Ethik in der Medizin in Göttingen, Alfred Simon, etwa ist
unverständlich, dass sich in diesem Fall die
Geschäftsführung des Heimes über die Einigung von
Angehörigen, Arzt, Anwalt und Heimleitung hinwegsetzte.
"Wie kann jemand, der den Fall überhaupt nicht kennt,
einfach anordnen, die Patientin weiter zu ernähren?"
Das Pflegeheim in Bad Hersfeld erklärte
auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE, es wolle sich zu diesem
Fall nicht mehr äußern. Anfang des Jahres hatte es laut
"ARD-Ratgeber: Recht" noch schriftlich mitgeteilt:
"Entscheidend für uns war, dass keine schriftliche
Verfügung des Amtsgerichts vorlag und nur diese wäre in
diesem Fall bindend gewesen."
Der Bundesverband privater Anbieter
sozialer Dienste (bpa), der bundesweit rund 3400 Heime und
3100 Pflegedienste vertritt, weist auf die "schwer
auszuhaltende" Situation hin. "Die Pflegekräfte stecken in
einem unglaublichen Gewissenskonflikt", sagt
bpa-Geschäftsführer Herbert Mauel. Die Heime seien
gesetzlich und vertraglich zu aktivierender Hilfe
verpflichtet. "Und im selben Moment sollen sie
lebensverlängernde Maßnahmen einstellen? Sie sollen
einerseits waschen und pflegen, andererseits dem Patienten
kein Wasser und keine Nahrung geben? Das ist unzumutbar",
so Mauel.
BGH steht vor weitreichender
Entscheidung
Die Patientenschutzorganisation
Deutsche Hospiz Stiftung betont, dass es stets um nichts
Anderes gehen dürfe als um den Patientenwillen.
"Lebenserhaltende Maßnahmen dürfen in Deutschland nur dann
abgebrochen werden, wenn der Patient das eindeutig so will
oder im Sterbevorgang ist", sagt Vorstand Eugen Brysch.
"Da ein Wachkomapatient kein Sterbender ist, muss in einem
solchen Fall eindeutig klar sein, was der Patient verfügt
hat - für verschiedene Situationen wie Wachkoma,
Organversagen oder Demenz."
Das Landgericht Fulda hat nach seiner
Ansicht nicht ausreichend geklärt, was tatsächlich Erika
Küllmers Wille war. Der BGH stehe nun vor einer
weitreichenden Entscheidung. "Sie wird auch die
Hunderttausenden demenziell Erkrankten betreffen, die
ebenso wenig Sterbende sind wie Patienten im Wachkoma."
Brysch kritisiert das Verhalten von
Wolfgang Putz. "Solche Wild-West-Methoden dürfen wir nicht
zulassen. Auch wir helfen in Konfliktfällen, dass der
Wille des Patienten durchgesetzt wird. Aber es ist
unverantwortlich, wenn ein Anwalt zulässt, dass dies ohne
Arzt oder Pflegekraft abläuft." Zwar habe das Pflegeheim
nicht das Recht gehabt, die Ernährungseinstellung zu
verhindern, aber der Anwalt hätte versuchen müssen, die
Situation zu deeskalieren.
Putz selbst ist optimistisch, dass die
Richter in Karlsruhe das Fuldaer Urteil revidieren - und
den Eingriff als Behandlungsabbruch werten. Darin sieht er
eine Chance für die Sterbehilfe in Deutschland. "Dann
wüssten Ärzte, dass das Abschalten einer Maschine das Ende
einer Therapie ist und keine aktive Sterbehilfe", sagt
Putz. "Das Signal wäre: Wenn ihr eine Behandlung beendet,
tötet ihr nicht."
Ein Vertreter der Bundesanwaltschaft
kündigte vor Beginn der mündlichen Verhandlung an,
voraussichtlich auf Freispruch zu plädieren. Das Verhalten
des Angeklagten sei seiner Meinung nach rechtens gewesen.
Auch Elke G. hofft, dass
die Karlsruher Richter Wolfgang Putz rehabilitieren - und
sie selbst. Nach wie vor schwebe der Vorwurf der aktiven
Sterbehilfe über ihr, obwohl sie in Fulda freigesprochen
wurde. Sie habe nicht gewusst, was sie tue, und sich auf
den Rat ihres Anwalts verlassen, urteilte das Landgericht.
"Doch ich war nicht einfach eine Marionette", so G.. "Ich
habe stets meine eigenen Entscheidungen getroffen. Und die
Entscheidung, den Wunsch meiner Mutter umzusetzen, würde
ich immer wieder so treffen.
Der Schnitt
Nach dem ersten Schock folgten die Kinder der
Empfehlung von Putz: Elke G. fand in einer Schublade eine
Pflasterschere. Erika Küllmers Sohn Peter hielt den
Schlauch der Sonde, seine Schwester schnitt ihn durch.
Unmittelbar über der Bauchdecke, so dass das Ende in den
Körper rutschte.
Wenige Minuten später entdeckten zwei Schwestern den
durchtrennten Schlauch, die Heimleitung verständigte die
Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft. Elke G. wurde
festgenommen, ihr Bruder als Zeuge befragt. Erika Küllmer
kam in ein Krankenhaus, man legte einen neuen Schlauch.
Am 5. Januar starb Erika Küllmer an Herzversagen -
allein. Einen Zusammenhang mit der Durchtrennung des
Versorgungsschlauches konnte der Rechtsmediziner nicht
feststellen. Doch Sohn Peter zerbrach an dem Schicksal
seiner Mutter. Wenige Wochen nach ihrem Tod nahm er sich
das Leben. Elke G. und Wolfgang Putz kamen vor Gericht.
"Durchschneiden ist und bleibt aktives Tun und ist
rechtswidrig"
Die Staatsanwaltschaft sah in Putz einen
"Überzeugungstäter". Er habe sich "zum Herrn über Leben
und Tod gemacht", hieß es im Plädoyer der Staatsanwältin.
Ihre Forderung: zweieinhalb Jahre Haft ohne Bewährung. Das
hätte für Putz das Ende seiner Anwaltslaufbahn bedeutet.
Die Fuldaer Richter entschieden auf versuchten Totschlag
und neun Monate Haft auf Bewährung.
In ihrem ambivalenten Urteil stellten sie einerseits
fest, dass ein Angriff der Pflegeheimverantwortlichen
vorlag. Die Beibehaltung der Magensonde sei eine
vorsätzliche Körperverletzung gewesen. Auf der anderen
Seite sah die Kammer in dem Durchschneiden des Schlauches
aber keinen Fall von erlaubter indirekter oder passiver
Sterbehilfe, sondern einen aktiven Eingriff.
"Durchschneiden ist und bleibt aktives Tun und ist
rechtswidrig", so der Vorsitzende Richter.
Die Kammer wies jedoch auf "eine erhebliche
Rechtsunsicherheit" auf dem Gebiet des Behandlungsabbruchs
hin. Selbst dem 12. Zivilsenat des BGH erschienen die
Grenzen einer "Hilfe zum Sterben" nicht hinreichend
geklärt.
"Pflegekräfte stecken in unglaublichem
Gewissenskonflikt"
Wann darf die künstliche Ernährung eines
Wachkomapatienten eingestellt werden? Macht es einen
Unterschied, ob keine Nahrung mehr über eine Magensonde
zugeführt oder der Schlauch gekappt wird? Ist das
Durchschneiden eines Schlauches ein Behandlungsabbruch
oder ein Tötungsdelikt?
Palliativmediziner und Pflegeheime, Ethikprofessoren
und Medizinrechtler warten nun gespannt auf den
neuerlichen Spruch des BGH. Der Fall von Wolfgang Putz und
Erika Küllmer ist durchaus umstritten - aber in einem sind
sich die meisten einig: Es muss mehr rechtliche Klarheit
für den Umgang mit dem Sterben geben.
Dem Geschäftsführer der Akademie für Ethik in der
Medizin in Göttingen, Alfred Simon, etwa ist
unverständlich, dass sich in diesem Fall die
Geschäftsführung des Heimes über die Einigung von
Angehörigen, Arzt, Anwalt und Heimleitung hinwegsetzte.
"Wie kann jemand, der den Fall überhaupt nicht kennt,
einfach anordnen, die Patientin weiter zu ernähren?"
Das Pflegeheim in Bad Hersfeld erklärte auf Anfrage von
SPIEGEL ONLINE, es wolle sich zu diesem Fall nicht mehr
äußern. Anfang des Jahres hatte es laut "ARD-Ratgeber:
Recht" noch schriftlich mitgeteilt: "Entscheidend für uns
war, dass keine schriftliche Verfügung des Amtsgerichts
vorlag und nur diese wäre in diesem Fall bindend gewesen."
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa),
der bundesweit rund 3400 Heime und 3100 Pflegedienste
vertritt, weist auf die "schwer auszuhaltende" Situation
hin. "Die Pflegekräfte stecken in einem unglaublichen
Gewissenskonflikt", sagt bpa-Geschäftsführer Herbert Mauel.
Die Heime seien gesetzlich und vertraglich zu
aktivierender Hilfe verpflichtet. "Und im selben Moment
sollen sie lebensverlängernde Maßnahmen einstellen? Sie
sollen einerseits waschen und pflegen, andererseits dem
Patienten kein Wasser und keine Nahrung geben? Das ist
unzumutbar", so Mauel.
BGH steht vor weitreichender Entscheidung
Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz
Stiftung betont, dass es stets um nichts Anderes gehen
dürfe als um den Patientenwillen. "Lebenserhaltende
Maßnahmen dürfen in Deutschland nur dann abgebrochen
werden, wenn der Patient das eindeutig so will oder im
Sterbevorgang ist", sagt Vorstand Eugen Brysch. "Da ein
Wachkomapatient kein Sterbender ist, muss in einem solchen
Fall eindeutig klar sein, was der Patient verfügt hat -
für verschiedene Situationen wie Wachkoma, Organversagen
oder Demenz."
Das Landgericht Fulda hat nach seiner Ansicht nicht
ausreichend geklärt, was tatsächlich Erika Küllmers Wille
war. Der BGH stehe nun vor einer weitreichenden
Entscheidung. "Sie wird auch die Hunderttausenden
demenziell Erkrankten betreffen, die ebenso wenig
Sterbende sind wie Patienten im Wachkoma."
Brysch kritisiert das Verhalten von Wolfgang Putz.
"Solche Wild-West-Methoden dürfen wir nicht zulassen. Auch
wir helfen in Konfliktfällen, dass der Wille des Patienten
durchgesetzt wird. Aber es ist unverantwortlich, wenn ein
Anwalt zulässt, dass dies ohne Arzt oder Pflegekraft
abläuft." Zwar habe das Pflegeheim nicht das Recht gehabt,
die Ernährungseinstellung zu verhindern, aber der Anwalt
hätte versuchen müssen, die Situation zu deeskalieren.
Putz selbst ist optimistisch, dass die Richter in
Karlsruhe das Fuldaer Urteil revidieren - und den Eingriff
als Behandlungsabbruch werten. Darin sieht er eine Chance
für die Sterbehilfe in Deutschland. "Dann wüssten Ärzte,
dass das Abschalten einer Maschine das Ende einer Therapie
ist und keine aktive Sterbehilfe", sagt Putz. "Das Signal
wäre: Wenn ihr eine Behandlung beendet, tötet ihr nicht."
Ein Vertreter der Bundesanwaltschaft kündigte vor
Beginn der mündlichen Verhandlung an, voraussichtlich auf
Freispruch zu plädieren. Das Verhalten des Angeklagten sei
seiner Meinung nach rechtens gewesen.
Auch Elke G. hofft, dass die Karlsruher Richter
Wolfgang Putz rehabilitieren - und sie selbst. Nach wie
vor schwebe der Vorwurf der aktiven Sterbehilfe über ihr,
obwohl sie in Fulda freigesprochen wurde. Sie habe nicht
gewusst, was sie tue, und sich auf den Rat ihres Anwalts
verlassen, urteilte das Landgericht. "Doch ich war nicht
einfach eine Marionette", so G.. "Ich habe stets meine
eigenen Entscheidungen getroffen. Und die Entscheidung,
den Wunsch meiner Mutter umzusetzen, würde ich immer
wieder so treffen."
Quelle: Siegel-online,
2.6.2010 |
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Sterbehilfe:
„Ich habe nicht getötet“
Wo liegt die Grenze zwischen passiver und aktiver
Sterbehilfe? Darum wird es nun an höchstrichterlicher
Stelle gehen. Münchner Anwalt geht von "sicherem
Freispruch" aus.
MÜNCHEN
- Im Moment erlebt
Elke G. die schlimme Zeit noch einmal. Wie ein Film laufen
die Erinnerungen vor ihr ab. An damals, als sie ihre
Mutter endlich gehen lassen wollte. Als sie in ihrer Not
zur Schere griff und den Schlauch zerschnitt, über den die
Koma-Patientin ernährt wurde (AZ berichtete).
Am Mittwoch wird der Fall vor dem
Bundesgerichtshof in Karlsruhe zu einem juristischen
Abschluss kommen. Wo liegt die Grenze zwischen passiver
und aktiver Sterbehilfe? Darum wird es nun an
höchstrichterlicher Stelle gehen.
Es war der Münchner Anwalt Wolfgang
Putz, der Elke G. beraten hatte. Er legte der Frau aus
Kassel nahe, die Sonde zu kappen. Vom Landgericht Fulda
wurde der Jurist in Folge dessen zu neun Monaten
Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt – wegen
versuchten Totschlags. Er sieht der Revisionsverhandlung
am Mittwoch gelassen entgegen: „Ich gehe von einem
sicheren Freispruch aus.“
Elke G. selbst war straffrei
geblieben – sie habe sich auf das Urteil des Anwalts
verlassen dürfen. Trotzdem hofft auch sie auf eine
„Rehabilitation“. „Solange der Vorwurf der verbotenen
Sterbehilfe im Raum steht, ist nicht anerkannt, was ich
getan habe.“
Rückblick: Der Schicksalsschlag
geschah 2002. Erika K. fiel nach einem Hirnaneurysma ins
Koma, 72 Jahre war sie damals alt. Nur vier Wochen zuvor
hatte sie mit ihrer Tochter bei einem Spaziergang übers
Sterben gesprochen. „Meine Mutter hat klar gesagt, dass
sie keine lebensverlängernden Maßnahmen will“, erzählt
Elke G. Sie kam nicht mehr dazu, den Willen schriftlich zu
fixieren.
Nachdem die Frau mehrere Jahre im
Wachkoma gelegen hatte, wollten ihre Kinder – Elke G. und
ihr Bruder – sie in Würde sterben lassen. Sie beauftragten
Anwalt Putz. Er verhandelte mit dem Heim, in dem die
Mutter lag. Die Einrichtung erklärte sich nach
anfänglichem Zögern bereit, die Kinder gewähren zu lassen.
Allerdings nur, wenn sie das Ganze allein verantworten.
Ende 2007 sollte es so weit sein. Elke G. hatte die letzte
Flasche Flüssignahrung bereits entfernt. Da schwenkte das
Heim um. „Keine Sterbehilfe“, hieß es plötzlich.
Die Situation eskalierte. Das Heim
stellte ein Ultimatum: Entweder die künstliche
Lebensverlängerung werde sofort wieder aufgenommen, oder
die Kinder erhalten Hausverbot. Da kappte Elke G. den
Ernährungsschlauch. Anwalt Putz hatte sie angewiesen, zur
Schere zu greifen. Erika K. starb zwei Wochen später in
einer Klinik. Ihre Tochter war nicht bei ihr: Sie hatte
nach eigener Auskunft Besuchsverbot. Für Elke G. ist klar:
„Ich habe nichts Unrechtes getan. Weder wollte ich meine
Mutter töten, noch habe ich sie getötet.“
Julia Lenders
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Freispruch gefordert:
BGH steht vor Grundsatzentscheidung über
Sterbehilfe
Der Bundesgerichtshof (BGH)
will die rechtlich umstrittene Abgrenzung zwischen
passiver und verbotener aktiver Sterbehilfe klären und
dazu ein Grundsatzurteil am 25. Juni verkünden. Bei der
Verhandlung am Mittwoch wurde deutlich, dass die
Umsetzung des Patientenwillens dabei stärker in den
Vordergrund rücken wird.
Der Bundesgerichtshof (BGH) steht vor
einer Grundsatzentscheidung zur Sterbehilfe in
Deutschland. Die Richter müssen klären, ob das Abtrennen
einer Magensonde als Tötung zu bestrafen ist oder ob dies
einen zulässigen Behandlungsabbruch darstellt. Am Mittwoch
verhandelte der Zweite Strafsenat des BGH in Karlsruhe
darüber. Das Urteil soll am 25. Juni verkündet werden.
Entscheiden müssen die Richter über einen
Fall, der sich in einem Pflegeheim im osthessischen Bad
Hersfeld abgespielt hat. Nach einem Hirnschlag lag dort
seit 2002 die Rentnerin Erika K. im Wachkoma. Zu ihrer
Tochter Elke G. hatte sie kurz vor dem Unglücksfall
gesagt, dass sie keine künstliche Lebensverlängerung
wünsche. Nach einigem Hin und Her versuchte die Tochter im
September 2007 den Willen der Mutter umzusetzen und die
künstliche Ernährung zu beenden. Das widerstrebende
Pflegeheim stimmte zunächst zu, machte dann aber einen
Rückzieher.
Auf Anraten ihres Anwalts Wolfgang Putz
schnitt die Tochter daraufhin den Schlauch zur Magensonde
knapp über der Bauchdecke mit einer Schere durch. Nachdem
die Pflegekräfte dies entdeckt hatten, legten sie eine
neue Magensonde und riefen die Polizei. Frau K. starb
kurze Zeit später aus anderem Grund. Ihre Tochter und der
Anwalt wurden jedoch wegen versuchten Totschlags
angeklagt. Zwar wurde die Tochter freigesprochen, weil sie
dem Rat des Anwalts vertraut hatte. Der Anwalt aber wurde
vom Landgericht Fulda im April 2009 zu neun Monaten
Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt.
Gegen dieses Urteil gingen sowohl Anwalt
Putz als auch die Staatsanwaltschaft Fulda in Revision zum
Bundesgerichtshof. Der Anwalt forderte einen Freispruch,
die Staatsanwälte eine härtere Strafe.
Der Anwalt wurde von dem renommierten
Strafverteidiger Gunter Widmaier vertreten. Dieser
erklärte, bei der Magensonde habe es sich um eine
"aufgedrängte technische Behandlung" gehandelt. Die
Tochter habe - entsprechend dem ihr bekannten Willen der
Mutter - das Recht gehabt, diese Behandlung zu beenden.
Niemand müsse sich gegen seinen Willen behandeln lassen.
Das Durchschneiden des Schlauchs sei zwar eine aktive
Handlung gewesen, dennoch liege keine strafbare
Sterbehilfe vor, denn die Tochter habe nur den natürlichen
Sterbevorgang wiederhergestellt.
Auch die Bundesanwaltschaft plädierte auf
Freispruch, unterstützte also nicht die Revision ihrer
Kollegen aus Fulda. "Eine Zwangsbehandlung ist
unzulässig", sagte Oberstaatsanwalt Lothar Maur. Die
Pfleger hätten die Pflicht gehabt, selbst die Sonde zu
entfernen. Das Vorgehen der Tochter und der entsprechende
Rat des Anwalts seien gerechtfertigt gewesen. Die Tochter,
die als rechtliche Betreuerin der Mutter eingesetzt war,
habe den Willen der Mutter umsetzen müssen.
Anders sieht es die Deutsche Hospiz
Stiftung: "Lebenserhaltende Maßnahmen dürfen nur dann
abgebrochen werden, wenn der Patient das eindeutig so will
oder wenn er sich im unmittelbaren Sterbevorgang
befindet", sagte der Geschäftsführende Vorstand der
Patientenschutzorganisation, Eugen Brysch. Der
Patientenwille dürfe nicht zum Spielball fremder
Interessen werden, forderte Brysch und kritisierte das
Verhalten des Anwalts.
Die Vorsitzende Richterin Ruth Rissing-van
Saan deutete noch keine Richtung der Entscheidung an.
Einerseits, so die Richterin, sei die Tötung auf Verlangen
strafbar, anderseits müsse der vorab geäußerte Wille von
Wachkoma-Patienten beachtet werden. Beides sei gesetzlich
vorgeschrieben.
Entscheidend sei deshalb, ob das
Durchschneiden des Schlauchs als aktive Tötungshandlung
gewertet werde oder ob damit nur der Wille der Mutter zum
Behandlungsabbruch umgesetzt wurde. Bei der Verhandlung
diskutierten die Richter zeitweise mehr untereinander als
mit Verteidigung und Bundesanwaltschaft.
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Prozess um das
Recht zu sterben
Ein Münchner Anwalt
steht vor Gericht, weil er der Tochter einer
Wachkomapatientin riet,
deren Magensonde zu
kappen.
Wolfgang Putz soll Elke G. geraten haben, die
Magensonde ihrer Mutter zu kappen.
Der Münchner Anwalt Wolfgang Putz ist einer der
renommiertesten Medizinrechtler Deutschlands – und ein
Überzeugungstäter. Seit Jahren vertritt der 59-Jährige
Angehörige von Komapatienten. Mehrfach hat er bereits den
Abbruch der künstlichen Ernährung durchgesetzt – um die
Menschen „in Würde sterben zu lassen“. Nun sitzt der
Rechtsanwalt selbst auf der Anklagebank. Weil er der heute
54-jährigen Elke G. geraten hat, die Magensonde
ihrer im Koma liegenden Mutter Erika K. (76) zu kappen, muss
er sich vor dem Landgericht Fulda wegen versuchten
Totschlags verantworten. G., die den Ratschlag des Anwalts
in die Tat umsetzte, ist ebenfalls angeklagt.
Mutter "das Sterben ermöglichen"
Wenige Wochen vor dem
Schlaganfall, den Erika K. 2002 erlitt, hatte sie mit
ihrer Tochter Elke G. noch über den Ernstfall gesprochen.
Dass sie niemals künstlich am Leben gehalten werden wolle.
So sagt es die Angeklagte G. im Prozess um versuchte
aktive Sterbehilfe aus, der seit Dienstag vor dem
Schwurgericht in Fulda läuft. Nachdem K. bereits fünf
Jahre in einem Pflegeheim in Bad Hersfeld im Wachkoma
gelegen hatte und zuletzt nur noch dank eines
Luftröhrenschnittes atmete, habe sie „ihrer Mutter das
Sterben ermöglichen wollen“, erklärte G. unter Tränen im
Gerichtssaal.
Zu diesem Zeitpunkt sei es bereits eineinhalb Jahre lang
darum gegangen, K. in Würde sterben zu lassen, sagt Anwalt
Putz am Donnerstag. Dabei sei rechtlich eigentlich alles
klar gewesen: K.s Arzt hatte eine weitere künstliche
Ernährung für nicht angezeigt gehalten. Und Tochter Elke G.,
die als rechtliche Betreuerin eingesetzt war, wollte den
mündlich geäußerten Willen ihrer Mutter umsetzen. Nicht nur
der schriftlich festgehaltene, auch der „mutmaßliche Wille“
eines Patienten ist nach derzeitigem Recht bindend. „Sind
Arzt und Betreuer sich einig, braucht es kein
Vormundschaftsgericht“, sagt Putz.
"Persönlichkeitsrecht beginnt an der Bauchdecke"
Dass Elke G. am Ende die Magensonde durchtrennt, dabei
spielt das Heim, in dem ihre Mutter liegt, eine
entscheidende Rolle. Die Verantwortlichen dort stimmen nach
langen Verhandlungen zu, die künstliche Ernährung von Erika
K. innerhalb von drei Tagen zu reduzieren. Das passiert
auch. Wenig später meldet sich aber eine Anwältin des
Heimbetreibers und sagt, K. müsse verlegt werden. Das Heim
werde Elke G. und ihrem Bruder Hausverbot erteilen, wenn sie
der Fortführung der Ernährung nicht zustimmen.
Daraufhin sucht Elke G. erneut Hilfe bei Anwalt Putz.
„Ja, ich habe ihr geraten, die Magensonde abzuschneiden“,
sagt er. Weder ein Hospiz noch eine Palliativstation nehme
Komapatienten auf. Ein anderes Pflegeheim habe man auch
nicht gefunden. „Es war die einzige Möglichkeit“, sagt Putz.
„Das Recht des Heimes endet an der Bauchdecke der Patientin,
dort beginnt ihr Persönlichkeitsrecht.“
Mit seinem Rat, die Sonde zu kappen, habe er „das
Rettungsbemühen des Heimes unterbunden“, heißt es dagegen in
der Anklageschrift. Damit habe er sich der aktiven
Sterbehilfe strafbar gemacht. Putz sagt, das Heim habe Erika
K. nicht retten, sondern nur loshaben wollen. „Die
Heimleitung hat Frau G. 1000 Euro angeboten, wenn sie ihre
Mutter woanders hinbringt“, berichtet Putz. Das habe die
Heimleiterin vor Gericht bestätigt.
Elke G. war noch am Bett ihrer Mutter festgenommen
worden. Pflegekräfte hatten den gekappten Schlauch entdeckt
und die Polizei gerufen. Erika K. wurde in eine Klinik
gebracht und weiter künstlich ernährt. 14 Tage später starb
sie. Einen Zusammenhang ihres Todes mit der Tat sieht die
Staatsanwaltschaft aber nicht.
Seit Jahren gibt es in Deutschland eine rechtliche
Debatte um Patientenverfügungen (siehe Blickpunkte). Oft,
und das könnte auch im Fall Erika K. auf Seiten der
Heimleitung der Fall sein, bestehen Unsicherheiten, weil der
Umgang mit den Verfügungen bisher nicht durch ein Gesetz,
sondern nur durch Gerichtsurteile geregelt ist.
Putz: "Bin ein fanatischer Grundgesetzschützer"
Sowohl die Verteidiger als auch die Staatsanwaltschaft
sehen in dem Fall Erika K. einen „Präzedenzfall“. Unabhängig
vom Fuldaer Urteil, das am 30. April fallen soll, wollen sie
eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs
(BGH) in Karlsruhe anstreben. „Die Rechtssprechung ist
sonnenklar – bis auf eben diese i-Tüpfelchen im
Strafrecht“, sagt Putz.
„Ich bin ein fanatischer Grundgesetzschützer“, sagte Putz
einmal über sein Engagement für das Recht von Menschen, über
ihr Lebensende zu bestimmen. Diesen Fanatismus machen ihm
Kritiker nun zum Vorwurf. Putz’ Interesse, „einen
spektakulären Prozess ins Werk zu setzen“, könnte ebenso
dringlich gewesen sein, wie das Interesse, „einen
akzeptablen Weg zu finden, wie die Behandlung einer
schwerkranken Frau fortzuführen oder abzubrechen“ sei,
schreibt ein Leser der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ im
Internet. „Wenn das so wäre, hätten wir uns dann eineinhalb
Jahre hinhalten lassen?“, fragt Putz. Er habe sich den Fall
nicht ausgesucht und auch „keine Lust, gezielt für
Rechtssprechungen mit meinem Strafrisiko einzustehen.“
Dem Urteil in Fulda sieht er gelassen entgegen. 2002
wurde in einem ähnlichen Fall ein Strafverfahren gegen ihn
eröffnet. „Da haben wir in dritter Instanz gewonnen.“ Elke
G. hingegen nimmt der Prozess sehr mit. Putz: „Sie leidet
unendlich.“
Caroline Wörmann
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Urteil
Sterbehilfe-Prozess:
Freispruch für Tochter, Anwalt Bewährung
Unter großem Medieninteresse wurde heute das Urteil im
spektakulären Sterbehilfe-Prozess vor der
Schwurgerichtskammer des Fuldaer Landgerichts
gesprochen: Die 54-jährige Angeklagte Elke Glor aus
Kassel wurde vom Vorwurf des Totschlags an ihrer
todkranken Mutter freigesprochen. Ihr Verteidiger Dr.
Wolfgang Putz, ein Münchner Fachanwalt für Medizinrecht,
wurde dagegen zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe auf
Bewährung wegen versuchten Totschlags verurteilt.
Dagegen hat der 59-Jährige, der sich auf Patientenrecht
spezialisiert hat, bereits Revision angekündigt und will
notfalls bis zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe gehen.
Auch zahlreiche Prozessbeobachter gehen von weiteren
Klärungsbedarf durch die höchstrichterliche Instanz aus,
weil die beiden Angeklagten sich auf das Recht und den
Wunsch der Todkranken auf ein Sterben in Würde berufen.
Das Gericht sah dagegen im Durchschneiden des Schlauchs
der ernährenden Magensonde ein „aktives Tun“, kein
„Sterben lassen“ – wie es der Bundesgerichtshof ohne
Strafverfolgung zubilligt.
Bei der viertägigen Hauptverhandlung wurde der Fall noch
einmal minutiös aufgerollt, der sich im Dezember 2007 in
einem Pflegeheim in Bad Hersfeld abgespielt hatte. Die
Angeklagte Elke Glor hatte sich nach Absprache mit ihrem
Bruder und dem beratenden Anwalt dazu entschlossen,
ihrer seit fünf Jahren im Wachkoma liegenden Mutter
keine weitere künstliche Ernährung mehr zukommen zu
lassen. Sie handelte nach eigener Aussage aus dem
Verständnis heraus, dass ihre 76-jährige Mutter selbst
Jahre zuvor weitere lebensverlängernde Maßnahmen für
sich abgelehnt, dies allerdings nicht schriftlich in
einer Patientenverfügung festgelegt hatte. Auch der
behandelnde Arzt der Mutter hielt eine künstliche
Ernährung für nicht länger indiziert Medizinisch
unbestritten war, dass der Zustand der 76-Jährigen
irreversibel und keine Verbesserung mehr zu erwarten
war. Die Nahrungszufuhr per Infusion war bereits
abgestellt worden, als die Heimleitung offenbar Bedenken
bekam und eine erneute Ernährung per Sonde unternahm.
Daraufhin durchtrennte die Tochter auf telefonisches
Anraten ihres mitangeklagten Anwaltes den Schlauch der
Sonde direkt über der Bauchdecke – und wurde auf
Betreiben der Heimleitung noch am Sterbebett ihrer
Mutter festgenommen. Danach wurde die "Zwangsernährung"
der Frau - gegen den Willen der Tochter - im Klinikum
fortgesetzt, wo sie schließlich 14 Tage später wegen
multiplem Organversagen verstarb. Die Staatsanwaltschaft
hatte wegen der angenommenen aktiven Sterbehilfe 3 Jahre
für die Angeklagte und 2,5 Jahre für deren Anwalt
gefordert, während die Verteidigung uneingeschränkt zwei
Freisprüche für angemessen ansah.
Das Gericht habe die beiden Angeklagten und ihr Tun
unterschiedlich bewertet, führte Richter Peter Krisch
aus. Bei beiden habe es einen „Tatentschluss“ gegeben,
der Tod sollte herbeigeführt werden. Das Motiv der
Angeklagten sei eindeutig gewesen, ihre Mutter nicht
länger leiden zu lassen. Sie habe sich auf den
juristischen Rat des Anwalts verlassen, der nach eigener
Aussage eine Entscheidung habe herbeiführen wollen und
ins Kalkül gezogen habe, dass danach keine Klinik eine
neue Sonde setzen werde. Zwar habe auch Anwalt Putz
seine Mandantin „nicht als menschliches Werkzeug
missbraucht, sondern sei überzeugt gewesen, sich im
rechtlichen Rahmen zu bewegen.“ Auch dessen Motiv sei
vor allem „helfen wollen“ gewesen, er habe sich nicht
als Herr über Leben und Tod aufgespielt. Dennoch sah die
Kammer bei ihm den Tatbestand des versuchten Totschlags
gegeben und verurteilte den Anwalt. Beide Angeklagten
hätten sich in einem „indirektem Verbotsirrtum“
befunden, wobei der des Anwalts aber vermeidbar gewesen
wäre, begründete der Richter. Im Fall der angeklagten
Tochter dagegen sei dieser Irrtum unvermeidlich gewesen:
anders als der Anwalt habe sie schon jahrelang unter der
Situation gelitten und sich zwangsläufig auf den
juristischen Rat des Fachanwalts verlassen.
Das angesetzte Strafmaß wurde durch die umfängliche
Aussage des Angeklagten und seine bisherigen
Lebensumstände gemildert – er hat keinerlei Vorstrafen.
Auch wollte das Gericht mit einer Bewährungsstrafe unter
einem Jahr seine berufliche Zukunft nicht behindern.
In seiner ersten Reaktion kündigte der verurteilte
Rechtsanwalt umgehend Revision an und kritisierte die
aus seiner Sicht fehlerhafte Einschätzung des Gerichts.
Auch sein Verteidiger Prof. Gunter Widmaier will den
Fall vor dem höchsten deutschen Gericht, dem
Bundesgerichtshof in Karlsruhe, verhandeln lassen.
Quelle:
osthessen-news.de,30.4.2009
Die Redaktion von
osthessen-news hatte bereits ausführlich über den
Prozessauftakt berichtet
(siehe:
http://www.osthessen-news.de/beitrag_A.php?id=1165013
). +++ |
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Elke
Glor wurde frei gesprochen... |
...vor
dem Schwurgericht Fulda.
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Wurde
zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt: Der Münchener
Fachanwalt Wolfgang Putz ...
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...dessen Verteidiger Professor Dr. Gunter Widmaier. Sie
kündigten bereits Revision gegen das Urteil an.
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Deutschlands wohl bekannteste Gerichtsreporterin Gisela
Friedrichsen (Spiegel) war heute ebenfalls beim
spektakulären Prozess dabei.
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Ein
Streitgespräch: "Der letzte Wille"
Peter K. wollte sterben.
Notärzte retteten ihn, jetzt liegt er - wie 8000 Menschen in
Deutschland auch - im Koma. Seine Patientenverfügung wird
ignoriert. Wer darf über seinen Tod entscheiden? Ein
Streitgespräch zwischen seinem Anwalt und einem Arzt.
Der Fall
An einem Sonntag
des Jahres 1998 nimmt der 33-jährige Peter K. einen Gürtel
und hängt sich auf. Notärzten gelingt es, den jungen Mann
vor dem Tod zu retten. Ins Leben zurückkehren wird er
jedoch niemals wieder. Zwar schlägt sein Herz, sein
Großhirn aber ist vollständig zerstört. Peter K. liegt im
Wachkoma, die Mediziner räumen ihm keine Chance auf
Besserung ein. Sie stellen die Beatmung ab. Als Peter K.
dies überlebt, weigern sich jedoch die Ärzte, den
Patienten durch Beenden der künstlichen Ernährung sterben
zu lassen. Peters Vater findet im bayerischen
Kiefersfelden ein Heim, das auf die Pflege derartiger
Fälle spezialisiert ist. Vor seinem Selbstmordversuch hat
Peter K. in einer Patientenverfügung deutlich gemacht,
dass er in einem derartigen Zustand nicht leben möchte.
Deshalb ordnet der behandelnde Arzt im Heim an, die
künstliche Ernährung einzustellen. Doch das lehnen nun die
Pfleger ab. Sie sagen: Peter K. will leben.
Der Streit
Über den Fall Peter
K. wird in Kürze der Bundesgerichtshof entscheiden. Dem
Urteil wird Signalwirkung zugesprochen: für die Zukunft
von Komapatienten, die Bedeutung der Patientenverfügung
und die Sterbehilfedebatte in Deutschland. An Patienten im
Wachkoma wie Peter K. spitzt sich die Debatte zu. Circa
8000 Menschen sind Opfer des so genannten apallischen
Syndroms. Jedes Jahr kommen Tausende hinzu. Sie leben in
einer Welt zwischen Leben und Tod. Wichtige
Körperfunktionen sind intakt, doch ihr Körper ist fast
vollständig gelähmt. Sie öffnen die Augen, reagieren aber
nicht auf ihre Umwelt. Viele Jahre, mitunter Jahrzehnte
können die Patienten auf diese Weise leben. Ist so ein
Leben menschenwürdig? Darf man einen solchen Menschen
sterben lassen - oder muss man es sogar, wenn der Patient
es zu Lebzeiten verfügt hat?
Die Kontrahenten
Wolfgang Putz,
54, streitet vor Gericht dafür, Peter K. sterben zu
lassen. In mehr als 100 Fällen hat der Münchner
Rechtsanwalt, der Medizin und Jura studierte, bisher
mitgeholfen, den Patientenwillen durchzusetzen. Viele
seiner Klienten liegen im Koma und können nicht mehr
selbst entscheiden. Als Sachverständiger, Buchautor und
Dozent kämpft Putz für ein Selbstbestimmungsrecht am
Lebensende.
Andreas Zieger,
54, leitet im Evangelischen Krankenhaus in Oldenburg die
Abteilung für Frührehabilitation. Dort wird in mühevoller
Therapie und Pflege versucht, Patienten mit schwersten
Hirnschädigungen ins Leben zurückzuholen. Der Neurochirurg
gilt als einer der engagiertesten Fürsprecher des
Lebensrechtes von Wachkomapatienten. Als Hochschuldozent
setzt er sich in wissenschaftlichen Aufsätzen und
Vorträgen zudem kritisch mit der Sterbehilfe auseinander.
Wolfgang Putz und
Andreas Zieger kennen sich durch die Lektüre ihrer
jeweiligen Veröffentlichungen zum Thema. Persönlich sind
sie sich erstmals in diesem ZEIT-Gespräch begegnet.
- die zeit
- Herr Putz, Sie kämpfen dafür, dass Patienten wie Peter
K. (siehe Kasten rechts) sterben dürfen. Warum?
- Wolfgang Putz
- Weil es menschenunwürdig ist, wenn man einen Menschen
weiter behandelt, der in diesem Zustand nicht leben
möchte. In diesem Fall - einer der schrecklichsten, die
ich erlebt habe - liegt eine besonders extreme Missachtung
von Menschenrechten vor: Obwohl der Betroffene seinen
Willen eindeutig bekundet hat, setzt sich das Pflegeheim
seit Jahren über diesen Willen hinweg.
- Andreas Zieger
- Ich kenne den Fall nicht persönlich. Eines aber ist
klar: Das Leben des jungen Mannes hat sich radikal
verändert. Da gilt es herauszufinden, was dieser Mensch
möchte und wie es um seinen Lebenswillen bestellt ist. In
diesem Punkt scheint es eine riesige Diskrepanz zu geben
zwischen der Ansicht der Angehörigen - und jener der
Pfleger, die zu Peter K. eine Beziehung aufgebaut haben
und ihn ebenso sehr gut kennen. Sie sagen, dass der Kranke
durchaus auf seine Umwelt reagiert.
- Putz
- Es gibt zwei identische Gerichtsgutachten von
Medizinern, die dem widersprechen. Wenn dagegen die
Pfleger aus dem Grimassieren eines Sterbenden
Willensbekundungen herauslesen, da hört es für mich auf.
- Zieger
- Da fängt es für mich erst an. Wachkomapatienten sind
keine Sterbenden. Vielmehr haben wir es mit schwer
traumatisierten Menschen zu tun, die bei guter Betreuung
noch viele Jahre vor sich haben.
- Putz
- Sie wären doch längst tot, würde man sie nicht
künstlich ernähren.
- Zieger
- Aber sie folgen einem Schlaf-Wach-Rhythmus. Ihr Herz
schlägt ohne Hilfe. Zwar sind sie nicht ansprechbar, aber
wir haben festgestellt, dass sich ihre Herzfrequenz bei
äußerer Stimulation verändert, etwa wenn sie Musik oder
bekannte Stimmen hören oder berührt werden. Bei vielen
unserer Patienten sehen wir erstaunliche Fortschritte bis
zum Lächeln.
- Putz
- Das mag bei einigen Ihrer Fälle stimmen. Die Mehrheit
meiner Klienten jedoch sind Menschen jeden Alters im
Pflegeheim, die Gehirnblutungen oder Schlaganfälle hinter
sich haben und deren Zustand sich mit allergrößter
Wahrscheinlichkeit nie mehr ändern wird.Auch Peter K.
liegt seit Jahren im Wachkoma. Da sind keine Fortschritte
mehr zu erwarten.
- Zieger
- Richtig ist: Wer nach einem Jahr nicht wieder wach
geworden ist, hat nur eine Chance von fünf Prozent,
innerhalb der nächsten drei Jahre das volle Bewusstsein zu
erlangen. Ein Erwachen ist also unwahrscheinlich. Dennoch
kann kein Arzt mit ausschließlicher Sicherheit im
Einzelfall voraussagen, wie es einem solchenPatienten in
Zukunft ergeht.
- Putz
- In allen Jahrhunderten zuvor sind Patienten wie Peter
K. sofort oder innerhalb weniger Monate gestorben. Dank
des medizinischen Fortschritts können sie dies heute nicht
mehr. Die Pflege von komatösen Menschen hat sich
verbessert. Die wesentliche Neuerung ist die Ernährung
durch die Bauchdecke mit der so genannten PEG-Sonde. Sie
hat das Sterben grundsätzlich verändert.
- zeit
- Inwiefern?
- Putz
- Erst diese Magensonde macht ein Dauerkoma möglich.
Früher wurden Menschen mit einem Schlauch durch die Nase
oder den Rachen künstlich ernährt. Das führte nach einiger
Zeit in der Regel zu Entzündungen und schrecklichen Wunden
im Nasen- und Rachenraum. Angesichts dieser Quälerei war
es für Ärzte und Pflegekräfte emotional einfacher, den
natürlichen Sterbevorgang eines Patienten zuzulassen. Die
heutigen Magensonden durch die Bauchdecke können den
Patienten Jahrzehnte am Leben halten. So wie sie in
Akutsituationen ein Segen sein können, so können sie als
Fluch ein jahrelanges Dahinvegetieren verursachen. Dieses
"ewige Leben" wird also in Wahrheit durch die modernen
Magensonden in Pflegeheimen garantiert - und nicht, wie
viele befürchten, weil man an vielen Apparaten auf der
Intensivstation hängt.
- Zieger
- Ich stimme mit Ihnen überein: Wachkomapatienten sind
ein Produkt der modernen Medizin. Doch wenn man diese
Menschen einmal gerettet hat, haben wir die Pflicht, alles
zu versuchen, sie ins Leben zurückzuholen und sie gut zu
versorgen. Um es einmal zynisch zu sagen: Der einzige Weg,
gar nicht erst in das Dilemma hineinzugeraten, wäre, dass
der Rettungswagen später losfährt.
- Putz
- Nur weil ein Patient vom Notarzt gerettet wurde, heißt
das noch lange nicht, dass man ihn am Leben halten muss,
koste es, was es wolle. Das ist kein Weg ohne Umkehr.
Vielmehr müssen wir uns immer wieder aufs Neue fragen, ob
wir den Patienten weiterhin behandeln und sein Sterben
hinauszögern dürfen.
- Zieger
- Aber diese Menschen leben. Sie atmen von allein. Denen
müssen Sie die Nase zuhalten, wenn Sie die töten wollen.
- Putz
- Wer hat denn die Absicht, sie zu töten?
- Zieger
- Wenn Sie die Nahrungszufuhr abstellen, stirbt der
Patient .
- zeit
- .das heißt, er verhungert.
- Putz
- Das setzt voraus, dass er Hunger hat. Nach den
bestehenden medizinischen Erkenntnissen wissen wir, dass
diese Patienten keinen Hunger verspüren. Auch verdursten
sie nicht. Vielmehr sterben sie an mangelnder Flüssigkeit
ohne Durstempfinden.
- Zieger
- Da ist sich die Wissenschaft keineswegs einig.
- Putz
- Selbst wenn der Patient Hunger haben sollte, wird er
das einige Tage in Kauf nehmen, wenn er sterben will. Ich
verstehe ja, dass es nicht leicht ist, jemanden sterben zu
lassen, der tagsüber wach ist und einen scheinbar
anschaut. Dennoch müssen Ärzte, Pfleger und Angehörige
sich immer wieder fragen, was sie berechtigt, die
mangelnde Atmung oder fehlende Nahrung bei einem Patienten
zu ersetzen.
- Zieger
- Ich finde die Vorstellung absurd, dass sich ein Arzt
oder eine Schwester unethisch verhalten, wenn sie einem
Patienten Nahrung geben oder seinen Durst stillen.
- Putz
- Aber sie greifen in das Schicksal dieses Menschen ein
und müssen sich fragen, ob er das will. Jede medizinische
Maßnahme berührt das Selbstbestimmungsrecht des Patienten.
Geschieht sie gegen seinen Wunsch, macht sich der Arzt der
Körperverletzung schuldig. Nicht die Gesundheit des
Patienten, nicht einmal das Leben sind die wichtigste
Richtschnur des Arztes, sondern der Wille des Patienten.
So schreibt es das deutsche Recht vor. Die Ärzte müssen
anerkennen, dass sie nicht im rechtsfreien Raum leben, wie
viele meinen.
- zeit
- Aber das Problem bei verwirrten Patienten oder solchen
im Koma ist doch gerade, dass sie ihren Willen nicht mehr
äußern können.
- Putz
- Dann gilt, was die Patienten schriftlich oder mündlich
für diesen Fall verfügt haben.
- zeit
- Sie nehmen damit aber in Kauf, einen Menschen sterben
zu lassen, der vielleicht noch eine - wenn auch geringe -
Aussicht hätte, dass sich sein Zustand bessert.
- Putz
- Nicht ich, der Patient nimmt dieses Risiko in Kauf.
Eine Patientenverfügung stärkt nämlich die
Selbstbestimmung, aber sie nimmt dem Patienten auch
Chancen. Er kann nicht auf der einen Seite fordern, dass
die Ärzte ihn sterben lassen, wenn eine bestimmte
Situation eingetreten ist - und gleichzeitig fordern, dass
sie alles Erdenkliche tun, um ihn am Leben zu erhalten.
- Zieger
- Aber belastet es nicht Ihr Gewissen, einem Menschen
vielleicht eine Lebenschance genommen zu haben?
- Putz
- Nein, weil der Patient auf diese Chance verzichten
wollte. Da möchte ich eine Gegenfrage stellen. Was ist
schlimmer: In wenigen Fällen das selbst gewollte Sterben
von Menschen zuzulassen, die vielleicht doch noch eine
Chance zum Leben hätten? Oder auf der anderen Seite
unzählige Menschen gegen ihren Willen am Sterben zu
hindern. Das ist eine Abwägung .
- zeit
- .die wie zu entscheiden ist?
- Putz
- Nach dem vom Grundgesetz garantierten
Selbstbestimmungsrecht des Patienten.
- zeit
- Herr Zieger, was würden Sie machen, wenn Sie einen
Patienten in einem Zustand wie Peter K. vor sich hätten,
der in einer Patientenverfügung festgelegt hat, in einem
solchen Fall sterben zu wollen?
- Zieger
- Dann würden wir den Fall mit den Angehörigen und dem
Pflegepersonal besprechen, wie sein Wille zu
interpretieren ist.
- zeit
- Aber würden Sie sich an die Patientenverfügung halten?
- Zieger
- Die Patientenverfügung wäre für mich handlungsleitend.
Aber sie wäre nicht das einzige Entscheidungskriterium.
Gleichzeitig bin ich als Arzt dem Gebot der Fürsorge und
des Nichtschadens verpflichtet. Vielleicht schädigt sich
der Patient ja auch selbst.
- Putz
- Das darf er doch, wenn er es will. Es gibt kein
Fürsorgegebot gegen den erklärten Willen des Patienten.
Wenn ein Mensch verfügt, in der Konstellation X möchte ich
nicht weiter behandelt werden, und diese Konstellation
tritt ein, dann müssen Sie sich daran halten.
- Zieger
- Das ist reine Theorie. Meistens passt der erklärte
Wille eben nicht zur späteren Situation am Krankenbett -
und Sie müssen dann versuchen herauszufinden, was der
Patient jetzt wohl wollen würde. Ich habe in 26
Berufsjahren noch nie erlebt, dass die Patientenverfügung
eins zu eins anwendbar war.
- Putz
- Das wundert mich sehr, denn wir erleben solche Fälle
vielmals im Jahr.
- Zieger
- Ich erlebe es vielmehr andersherum: dass Ärzte zu früh
aufgeben. Ich könnte viele totgesagte Wachkomapatienten
nennen, die zum Teil wieder unter uns leben und sprechen
können. Sie sind dankbar, dass wir zu ihnen gehalten
haben. Zudem, Herr Putz, wie können Sie sicher sein, dass
ein Patient keinen Sinneswandel durchgemacht hat und
jetzt, da er krank ist, ganz anders empfindet und
entscheiden würde als in einer Situation, da er noch
gesund war?
- Putz
- Da kann ich gar nicht sicher sein. Deshalb verbietet
eine gute Verfügung, dass man dem Patienten unterstellt,
sein Wille habe sich geändert.
- Zieger
- Damit kein Missverständnis aufkommt: Auch ich wünsche
mir Patienten, die mir sagen, was sie wollen. Insofern
kann eine Patientenerklärung hilfreich sein. Ich glaube
aber, dass die meisten Menschen potenziell überfordert
sind, im Voraus zu entscheiden, was sie in einer
medizinischen Notsituation wünschen. Ich sehe die
Patientenverfügung noch aus anderen Gründen skeptisch.
- zeit
- Und zwar?
- Zieger
- Ich fürchte, dass die Patientenverfügung langfristig
das Verhältnis zwischen Arzt und Patient untergräbt; dass
Ärzte sich vom Patienten abwenden, sich nicht mehr die
Mühe machen, ihn nach allen Regeln der Kunst zu behandeln,
sondern sagen: Der Kranke will ja sterben, für den
brauchen wir nichts mehr zu machen.
- zeit
- Ein solches Verhalten wäre gänzlich unethisch. Warum
sollten Ärzte das tun?
- Zieger
- Schauen Sie sich den ökonomischen Druck an, unter dem
Krankenhäuser und Pflegeheime bereits heute stehen. Dieser
Druck wird sich in den kommenden Jahren noch verschärfen.
- Putz
- Aber viele Pflegeheime verdienen doch daran, dass
diese Patienten möglichst lange leben. Da ist eine
regelrechte Industrie entstanden. Diese Entwicklung wird
sich noch verschärfen.
- Zieger
- Da tun Sie den Pflegekräften, die sich um diese
Hilfsbedürftigen kümmern, bitter unrecht. Sie nehmen sich
dieser Menschen an, bauen zu ihnen eine intensive
Beziehung auf. Ich bin stolz darauf, dass sich bei der
Behandlung von hirngeschädigten Patienten einiges
verbessert hat. Sie sind mehr in die Mitte der
Gesellschaft gerückt. Die Kürzungen im Gesundheitssystem
gefährden diese Entwicklung. Die Angst, dass schwerkranke
Menschen ihrem Schicksal überlassen bleiben, ist deshalb
keineswegs hergeholt. Da können die Patientenverfügungen
zum Türöffner werden für eine neue Euthanasie.
- Putz
- Sie machen den Menschen Angst! Ich glaube nicht, dass
deutsche Ärzte Patienten aus kommerziellen Erwägungen
sterben lassen.
- Zieger
- Schauen Sie sich die Entwicklung in unseren
Nachbarländern an, zum Beispiel die Sterbehilfegesetze in
Holland und Belgien. Dort wird sogar die aktive
Sterbehilfe legitimiert. Das führt dazu, dass es in
Holland fast keine Wachkomapatienten mehr gibt. Da werden
18 Prozent der Getöteten, wie Studien zeigen, vorher noch
nicht einmal nach ihrem Willen gefragt, obwohl sie bei
Bewusstsein waren und obwohl die dortigen Gesetze das
vorschreiben.
- Putz
- Abgesehen davon, dass dort der Patient bei legaler
aktiver Sterbehilfe bei Bewusstsein sein muss - auch ich
will in Deutschland keine niederländischen Verhältnisse.
- Zieger
- Da sind wir uns immerhin einig.
- Putz
- Wir brauchen auch unsere Gesetze nicht zu verändern,
wie mancher fordert. Wir müssen sie nur anwenden. Jeder
Mensch in Deutschland hat das Recht auf Selbstbestimmung
am Lebensende.
- zeit
- Herr Putz, wäre es denn nicht konsequenter, einem
todgeweihten Patienten nicht nur die Nahrung zu entziehen,
sondern ihm aus Barmherzigkeit gleich die Todesspritze zu
geben?
- Putz
- Nein, einen Menschen zu töten ist für mich - auch als
Christ - unerträglich. Wir dürfen die aktive Tötung
niemals freigeben.
- zeit
- Woher aber stammt denn die weit verbreitete Angst
vieler Menschen, gegen ihren Willen am Leben gehalten zu
werden? In Umfragen zeigen auch hierzulande zwei Drittel
der Bevölkerung Sympathie für die aktive Sterbehilfe wie
in Holland.
- Putz
- Viele Menschen haben erlebt, dass Ärzte bei Freunden,
Bekannten oder Verwandten das Sterben in unwürdiger Weise
hinausgezögert haben. Ich warte auf jenen Tag, da ein Arzt
oder ein Heim in Haftung genommen wird oder Angehörige
stellvertretend Schmerzensgeld verlangen, weil ein
Krankenhaus oder Heim einen Patienten gegen seinen Willen
weiter gepflegt hat.
- Zieger
- Das sehe ich anders: Nicht dass der Patient am Leben
gehalten wird, sondern wie das bei uns geschieht, macht
vielen Menschen Angst. Die Pflege in Krankenhäusern und
Heimen ist häufig mangelhaft, es fehlt an persönlicher
Zuwendung und an schmerzlindernden Medikamenten. Gerade im
Bereich der Palliativmedizin herrschen in Deutschland
skandalöse Unkenntnis und Unterversorgung.
- Putz
- Da haben Sie Recht. Zudem haben Ärzte das Zulassen des
Sterbens nicht gelernt. In der Medizinerausbildung haben
das Lebensende und der Tod bisher keinen Platz.
- Zieger
- Wieder einverstanden. Wir brauchen eine bessere
Ethikausbildung für Ärzte in Deutschland.
- zeit
- Wir reden bislang stets von Patienten, die ihren
Willen zuvor erklärt haben. Das ist aber häufig nicht der
Fall.
- Putz
- Wir erleben es immer wieder, dass wir über den
mutmaßlichen Willen von Kranken rätseln müssen, die in
gesunden Tagen nicht über ihr Sterben reden wollten. Dann
suchen wir nach Puzzlesteinen, die Rückschlüsse erlauben:
Wie hat der Patient gelebt? Was hat ihn interessiert? Was
hat er gelesen? Wie ging er mit Krankheit um? So kann man
wenigstens den mutmaßlichen Willen ermitteln.
- zeit
- Heißt das also, je genauer eine Patientenverfügung
formuliert ist, desto größer die Chance auf Durchsetzung
des Willens?
- Putz
- Es muss deutlich werden, welche Situation der Patient
gemeint hat. Nichts ist schrecklicher, als am Krankenbett
Wortklaubereien über die Patientenverfügung zu betreiben.
Gleichzeitig ist die jetzige Entwicklung, dass die
Patientenverfügungen immer länger und genauer werden, ein
Graus. Das bedeutet nämlich, dass die 80-jährige Oma, die
nicht perfekt formulieren kann, weniger vor Willkür
geschützt ist als der pensionierte Arzt oder Jurist, der
die perfekte Verfügung zustande bringt.
- Zieger
- An dieser Perfektionierung sind Sie nicht ganz
unbeteiligt, wenn Sie Patienten raten, möglichst genau zu
definieren, was sie an ihrem Lebensende wollen und nicht
wollen.
- Putz
- Das stimmt leider. Ich wünsche mir, dass Ärzte von
selbst sorgsamer abwägen, inwiefern eine
Lebensverlängerung noch mit dem Willen des Patienten
vereinbar ist.
- Zieger
- Wenn die Ärzte das Frühableben selbst organisieren,
brauchen wir keine Patientenverfügung. Da haben Sie Recht
.
- Putz
- .solange der Patientenwille das Leitmotiv ist! Mein
Traum ginge noch weiter: dass nämlich diejenigen eine
Patientenverfügung brauchen, die eine Lebensverlängerung
um jeden Preis wollen.
- Zieger
- Das hieße dann, die kranken Menschen müssen bitten,
dass sich Ärzte noch um sie kümmern. Das pervertiert die
Medizin.
- Putz
- Lebensverlängerung um jeden Preis ist etwas anderes,
als sich um Patienten zu kümmern.
- zeit
- Eine persönliche Frage zum Schluss: Wie haben Sie sich
selbst auf Ihr Sterben vorbereitet?
- Putz
- Ich möchte nicht, dass mein Leben künstlich verlängert
wird, wenn meine Zeit gekommen ist und der Herrgott mich
holt. Angst habe ich besonders vor dem langsamen Abbau und
dem Siechen. Deshalb habe ich verfügt, dass man mich
sterben lässt, wenn man mich nicht mehr mit dem Löffel
ernähren kann. Ich habe diese Patientenverfügung jedoch
erst vor fünf Jahren gemacht, obwohl ich mich seit mehr
als zwei Jahrzehnten mit dem Thema befasse. Daran sehen
Sie, wie schwer es fällt, sich mit dem eigenen Sterben zu
beschäftigen.
- Zieger
- Ich bin altmodischer: Ich habe keine
Patientenerklärung. Ich vertraue darauf, dass ich
fürsorgliche Ärzte finde, die - wenn ich nicht mehr selbst
entscheiden kann - meinen Willen sorgfältig ermitteln. Ich
würde jedoch eine Erklärung niederschreiben, wenn ich
merke, dass sich die gesellschaftlichen Umstände so
ändern, dass ich Angst haben muss, nicht mehr behandelt zu
werden.
Eine
Diskussion in "Der Zeit" Ausgabe 48 vom 20. November 2003 |
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26.07.2013 |
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