Die Webseite, die Unrecht beim Namen nennt ! |
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www.Babycaust.de
"WO RECHT ZU UNRECHT WIRD, WIRD
WIDERSTAND ZUR PFLICHT, GEHORSAM ABER VERBRECHEN!"
Papst Leo XIII.(1891)
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Lebensrecht
und Menschenwürde |
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Infos zur Euthanasie/Sterbehilfe • Anzeigen • Euthanasie-Anwalt Wolfgang Putz • Euthanasie-Anwalt Roger Kusch • Euthanasie-Lobbyisten • Organspende |
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Euthanasie - Sterbehilfe
Es wiederholt sich alles |
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Willkommen im Dritten Reich
Sind Sie anderer
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Dann nennen Sie uns den Unterschied
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Niederlande legalisieren
Sterbehilfe bei todkranken Babys
Utrecht – Niederländische Ärzte dürfen den
Sterbeprozess totkranker Babys beschleunigen, um ihnen
unnötige Qualen zu ersparen. Das hat die Ärzteorganisation
KNMG in einem gestern veröffentlichten Bericht festgelegt.
Demnach ist es Medizinern erlaubt, die Behandlung
Neugeborener mit geringer Lebenserwartung einzustellen und
den Tod durch die Gabe von Muskelrelaxanzien aktiv
herbeizuführen.
In den Niederlanden wird diese Vorgehensweise bereits seit
Jahren praktiziert und hat in der Vergangenheit bei
Kinderärzten und Juristen zu kontroversen Diskussionen
geführt. Der nun vorgelegte Bericht legalisiert die Praxis
und schreibt erstmals Regelungen zur Sterbehilfe bei
todkranken Babys fest.
Um maximale Transparenz sicherzustellen, müssen
entsprechende Fälle deshalb zukünftig einer eigens dafür
eingerichteten Kommission gemeldet werden. Darüber hinaus
soll der Leitfaden aber auch betroffenen Eltern helfen, die
Entscheidung des Arztes nachzuvollziehen.
Von den jährlich rund 175.000 niederländischen Neugeborenen,
sterben etwa 650, von denen die Hälfte Frühgeburten ohne
reelle Lebenserwartungen sind. Die andere Hälfte sind Kinder
mit schweren Anomalien, beispielsweise der Lungen, des
Herzens oder des Gehirns. © hil/aerzteblatt.de
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Niederlande:
Unheilbar kranke Babys dürfen getötet werden
Beauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Belange der
Menschen mit Behinderungen warnt vor unkontrollierbarer
Euthanasiepraxis.
Den Haag (www.kath.net) In den Niederlanden dürfen in
Zukunft Ärzte schwer behinderte oder todkranke Babys nach
der Geburt töten. Die so genannte "Sterbehilfe" bleibt zwar
strafbar, wird aber nicht verfolgt, wenn Ärzte
"Sorgfaltskriterien" beachten und einer Kommission
anschließend Bericht erstatten, meldete die Deutsche
Ärztezeitung laut Mitteilung der Aktion Lebensrecht für Alle
(ALfA).
Vertreter des Justiz- und des Gesundheitsministeriums haben
dazu dem Parlament in Den Haag am 29. November Einzelheiten
der geplanten Regelung mitgeteilt. Die medizinische Prognose
der in Frage kommenden Neugeborenen müsse "aussichtslos"
sein, die Kinder müssen "unerträglich leiden" und es bedarf
zwingend der Zustimmung der Eltern.
Zudem muss die Meinung eines weiteren Arztes eingeholt
werden. Gleiche Vorgaben gelten laut "Deutscher
Ärztezeitung" auch dann, wenn Ärzte eine vorgeburtliche
Kindstötung nach der 24. Schwangerschaftswoche durchführen
wollen.
Der jetzt vorgestellte Kodex ist zurückzuführen auf das so
genannte "Groningen Protokoll", das im März dieses Jahres im
"New England Journal of Medicine" veröffentlicht worden war.
Demnach wurden von Ärzten für 22 Neugeborene im Zeitraum von
1997 bis 2004 "Sterbehilfe" dokumentiert.
Hubert Hüppe, Beauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
für die Belange der Menschen mit Behinderungen und ehemals
Mitglied der aufgelösten Enquete-Kommission "Ethik und Recht
der modernen Medizin" des Bundestages, kritisierte die
Freigabe der Euthanasie behinderter Neugeborener in den
Niederlanden.
"Damit gehen unsere westlichen Nachbarn beim ärztlichen
Töten wieder einen Schritt weiter. Dies belegt die
abschüssige Bahn von der Tötung auf Verlangen bei schwerer
Krankheit über die Tötung bei beginnender Demenz zur Tötung
ohne jegliches Verlangen", sagte der Parlamentarier.
Die Niederlande seien der unübersehbare Beleg dafür, dass
ein erstes Abweichen vom Tötungsverbot zu einer immer weiter
ausufernden und unkontrollierbaren Euthanasiepraxis führt.
Dies sei ein warnendes Beispiel für die deutsche Diskussion.
Die neue Regelung verstoße nach Ansicht Hüppes zudem
offenkundig gegen das niederländische Euthanasie-Gesetz,
demzufolge niemand ohne sein ausdrückliches Verlangen
getötet werden darf. In Holland können zwar schon
Zwölfjährige rechtswirksam Sterbehilfe verlangen, allerdings
ist die Zustimmung ihrer Eltern oder des Vormunds
erforderlich. Ein Neugeborenes jedoch könne einen
Todeswunsch gar nicht äußern.
Quelle: kath.net 12.12.2005 |
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Ärzte leisten
Sterbehilfe meist ohne Einwilligung
Britische Ärzte haben im vergangenen Jahr einer Studie zufolge rund
3000 Patienten Sterbehilfe geleistet - trotz gesetzlichen Verbots. In zwei
von drei Fällen sollen die Patienten keinen Todeswunsch geäußert haben.
London - Es ist die erste halbwegs verlässliche Studie über Sterbehilfe
in Großbritannien, und sie nennt erschreckende Zahlen. Von den knapp
585.000 Todesfällen, die sich 2004 in England, Schottland, Wales und
Nordirland ereigneten, sollen rund 3000 auf das Konto der aktiven
Sterbehilfe gegangen sein, schreibt ein Forscherteam um Clive Seale von
der englischen Brunel University im Fachblatt "Palliative Medicine".
0,16 Prozent der Tode, was 930 an der Zahl wären, sind der Studie
zufolge auf die sogenannte freiwillige Sterbehilfe zurückzuführen, bei der
ein Patient den Tod wünscht und der Arzt das tödliche Medikament
verabreicht. In 1930 Fällen aktiver Sterbehilfe aber hätten die Patienten
nicht ausdrücklich die Beendigung ihres Lebens verlangt,
heißt es in der Untersuchung.
Ob sich die Zahlen tatsächlich auf das Hundertstelprozent genau auf die
Wirklichkeit übertragen lassen, ist nicht unbedingt sicher. Seale und
seine Kollegen hatten zwischen Oktober und Dezember des vergangenen Jahres
1000 zufällig ausgewählte Allgemeinärzte und Klinik-Spezialisten per Post
nach ihrem letzten verstorbenen Patienten befragt. 857 ausgefüllte
Fragebögen kamen zurück.
Seale ist jedoch überzeugt, dass seine Untersuchung brauchbare und
ausgesprochen positive Ergebnisse produziert hat. So seien britische Ärzte
im Vergleich zu Kollegen aller anderen europäischen Länder weniger schnell
bereit, das Leben ihrer Patienten vorzeitig zu beenden. "Wir haben in
Großbritannien ein starkes Ethos, exzellente Palliativmedizin zu leisten",
teilte Seale auf der Website seiner Universität mit.
Obwohl seine Studie besagt, dass die aktive Sterbehilfe in zwei von drei
Fällen ohne klare Einwilligung des Patienten erfolgt, hält Seale die
Ergebnisse für einen Beweis der hohen Integrität britischer Ärzte. Diese
seien bereit, "andere Arten von Entscheidungen" zu treffen, "deren
Priorität das Wohlbefinden des Patienten ist, ohne das Leben um den Preis
des Leidens zu verlängern". Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten, "dass
die bestmögliche Versorgung des Patienten die stärkste Triebfeder
medizinischer Entscheidungen ist".
Andere Briten interpretieren die Ergebnisse freilich anders. "Diese
Untersuchung beweist, dass einige Ärzte bewusst das Gesetz brechen und
Patienten beim Sterben helfen", sagte Deborah Annetts von der Voluntary
Euthanasia Society der Zeitung "The Guardian". "All dies geschieht im
Geheimen und wird öffentlich geleugnet. Einige dieser Ärzte handeln aus
Mitleid und auf Wunsch ihrer Patienten, andere dagegen eindeutig ohne
Zustimmung."
Weiterhin kam die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Ärzte bei einem
Drittel aller britischen Todesfälle schmerzlindernde Medikamente
verabreicht haben, die das Leben der Patienten verkürzt haben könnten. Bei
weiteren 30 Prozent bzw. rund 177.000 Fällen sei passive Sterbehilfe - der
Verzicht auf lebensrettende Maßnahmen - im Spiel gewesen. Keiner der
befragten Mediziner hatte angegeben, einem Patienten die für einen Suizid
notwendigen Medikamente ausgehändigt zu haben.
Quelle: Stern Online 18.01.2006 |
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10
Nach- oder Vordenker der Euthansie?:
Philosoph und Bioethiker
...zunächst wird erdacht !
...dann im Geheimen experimentiert!
...durch Sinnänderung der Worte Akzeptanzverschaffung !
...dann Durchführung des
Erdachten !
...Peter
Singer, wir brauchen kein Nazi-Denken ! |
Wird
Tötungsphilosoph Peter Singer in Deutschland hoffähig?
Stuttgart (ots) - Der umstrittene australische Philosoph Peter Singer
erhält nach 15jähriger Debatte über Redeverbot im deutschsprachigen Raum
erstmals öffentliches Podium. Auf einer internationalen Konferenz in
Heidelberg spricht sich der Ethiker für die aktive Tötung
schwerstbehinderter Menschen aus. Der Bundesverband evangelische
Behindertenhilfe (BeB) fordert, Peter Singer in Deutschland kein Podium
für Agitationszwecke zur Verfügung zu stellen.
Auf seiner internationalen Konferenz zum Thema "Menschenwürde und
Wissenschaft" hat das Deutsch-Amerikanische Institut in Heidelberg dem
australischen Philosophen und Ethiker Peter Singer am 11. Dezember
Gelegenheit gegeben, seine menschenverachtenden Thesen von der Tötung
behinderter Neugeborener vorzutragen. Peter Singer, der vor allem durch
sein Buch "Animal Liberation" bekannt geworden ist, vergleicht darin
menschliches Leben mit tierischem. Seit Jahren entbehren seine
wissenschaftlichen Theorien jedweder neuen Erkenntnisse aus der
therapeutischen Arbeit mit schwerstmehrfach behinderten und
schädelhirntrauma verletzten Menschen.
"Wenn Ärzte vor die Entscheidung gestellt werden, ein schwer behindertes
neugeborenes Kind oder ein gesundes Schimpansenbaby zu retten, so halte
ich es für legitim, das Leben des Affen dem des behinderten Menschen
vorzuziehen!", konstatierte der Ethiker in seinem Heidelberger Vortrag.
Das Lebensrecht eines Menschen knüpft er an Fähigkeiten wie
Selbstbewusstsein und einen Sinn für Zukunft. Wer diese Fähigkeiten nicht
besitze, so unterstrich Singer nochmals in seinem öffentlichen Diskurs,
der habe auch kein Recht auf Leben.
"64 Jahre nach zigtausendfachem Mord an Menschen mit Behinderungen in
Deutschland darf offensichtlich das Lebensrecht behinderter,
schädelhirnverletzter und auch schwerstpflegebedürftiger alter Menschen
wieder öffentlich in Frage gestellt werden!", empört sich der erste
Vorsitzende des BeB Pfarrer Klaus-Dieter Kottnik. "Dies ist ein Angriff
auf die Menschenwürde, die das Grundgesetz allen Menschen zuerkennt! Und
es ist ein Schlag gegen die Grundlagen des christlichen
Menschenverständnisses, das zu den Grundfesten des demokratischen
Deutschland gehört!"
Der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe protestiert mit aller
Entschiedenheit gegen die Auftritte des australischen Philosophen in
Deutschland. Seine Thesen sind in vielen Fachdiskussionen und auch in den
Auseinandersetzungen der Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen
Medizin" mannigfaltig widerlegt worden. "Augenscheinlich aber ist es in
einer Zeit der Diskussion um Sozialstandards wieder opportun, das
Lebensrecht der Menschen, die sich nicht dagegen wehren können, unter dem
Deckmantel vermeintlicher Humanität anzuzweifeln", folgert Kottnik aus der
Tatsache, dass Singers Heidelberger Vortrag nahezu unangefochten
öffentliches Gehör fand.
Der an der Princeton University lehrende Bioethikprofessor spricht heute,
am 13. Dezember, im Rahmen einer Ringvorlesung an der Heinrich
Heine-Universität in Düsseldorf über "Neue Betrachtungsweisen eines alten
Verhältnisses. Der Wandel der Beziehungen zwischen Mensch und Tier."
Der Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe e.V. ist ein Fachverband
im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche Deutschland. Seine rund 600
Mitgliedseinrichtungen halten Angebote für mehr als 100 000 Menschen mit
Behinderungen oder psychischen Erkrankungen aller Altersstufen bereit.
Damit deckt der BEB bundesweit annähernd 50 Prozent der Angebote der
Behindertenhilfe sowie wesentliche Teile der Sozialpsychiatrie ab.
Dieser Artikel ist vom Montag,
13.Dezember. @ 17:17:50 CETOriginaltext:
BEB BV der Evangelischen Behindertenhilfe e.V. Digitale Pressemappe:
http://presseportal.de/story.htx?firmaid=53841 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_53841.rss2
Pressekontakt:
Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe Karin Steimann Referentin für
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Gerokstr. 17 70184 Stuttgart Tel.: 06221
/ 70 98 62 Fax: 06221 / 70 98 63 mobil: 0160 / 90 24 26 75 e-mail:
steimann@beb-ev.de www.beb-ev.de
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Dies ist ein Angriff
auf die Menschenwürde
Heftige Proteste wegen Auftritt von Peter Singer in
Düsseldorf - Singer fordert Tötung von Säuglingen und behinderten Menschen
- Skandal, dass ein solcher Philosoph eine Öffentlichkeit bekommt
Mit Entsetzen und Wut haben wir zur Kenntnis genommen,
dass P. Singer im Rahmen einer Ringvorlesung der philosophischen Fakultät
der Universität Düsseldorf einen populären Auftritt bekommt. Dies meinte
die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben“ Deutschland (ISL) am Montag
in einer Aussendung zum Auftreten des umstrittenen Ethikers Peter Singer
auf der Universität Düsseldorf. Singer spricht sich seit Jahren für die
aktive Tötung von Säuglingen und behinderten Menschen aus. Die ISL meint
dazu: Wer Positionen vertritt, die außerhalb des Grundgesetzes und der UN
Menschenrechtscharta angesiedelt sind, kann nicht ein Recht auf Diskussion
verlangen. Die unveräußerlichen Menschenrechte wollen und werden wir nicht
in ihrer Substanz diskutieren. Nicht das Machbare definiert und bestimmt
die Menschenwürde, sondern sie begründet sich aus dem Menschsein selbst.
Auch die Kriterien, die Singer für seine Ideologie aufzustellen versucht,
z.B. Freude als Lebenswert, Leid als Lebensunwert zu definieren, können
wir nicht hinnehmen, da sie ein stigmatisierendes und eindimensionales
Bild des Menschen zeichnet. Die ISL erinnerte daran, dass Singer wie kein
anderer das Lebensrecht von Menschen mit Behinderungen angreift.
Auch das Netzwerk gegen Selektion durch
Pränataldiagnostik verurteilt den Auftritt von Singer in Düsseldorf. In
einer Stellungnahme heißt es: Wir als Netzwerk gegen Selektion durch
Pränataldiagnostik verurteilendie Einladung von P. Singer. Wir fordern die
Veranstalter auf sich von P. Singer öffentlich zu distanzieren und ihm
keine Präsentationsfläche zu geben. Weiterhin möchten wir unsere
Solidarität mit den behinderten Menschen ausdrücken, die sich von solchen
Auftritten bedroht und verletzt fühlen. Es ist ein Skandal, dass hier bei
uns und mit den Erfahrungen aus unserer Geschichte, ein solcher Philosoph
eine Öffentlichkeit bekommt, der sich gegen ein uneingeschränktes
lebensrecht von behinderten Menschen ausspricht.“
Auch der Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe (BeB)
hat schwere Bedenken gegen Singer geäußert. 64 Jahre nach zigtausendfachem
Mord an Menschen mit Behinderungen in Deutschland darf offensichtlich das
Lebensrecht behinderter, schädelhirnverletzter und auch
schwerstpflegebedürftiger alter Menschen wieder öffentlich in Frage
gestellt werden!“, empört sich der erste Vorsitzende des BeB, Klaus-Dieter
Kottnik. „Dies ist ein Angriff auf die Menschenwürde, die das Grundgesetz
allen Menschen zuerkennt! Und es ist ein Schlag gegen die Grundlagen des
christlichen Menschenverständnisses, das zu den Grundfesten des
demokratischen Deutschland gehört!“
Quelle: kath.net
13.12.2004 |
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Lebenswertes und weniger
lebenswertes Leben?
Axel W. Bauer liest Peter Singers "Praktische
Ethik"
Vorbemerkung
Wenn man die
präferenzutilitaristischen Auffassungen des seit 1999 an der
Princeton University in
New Jersey (USA) lehrenden australischen Bioethikers
Peter Singer zur Frage des
Lebensrechts kritisiert, hört man von dessen Anhängern nicht selten den
Vorwurf: "Man muß die Texte von Peter Singer
erst einmal vorurteilsfrei lesen, bevor man über sie urteilt". Das ist
zweifellos ein stichhaltiges Argument. Also habe ich Peter Singers Buch
Praktische Ethik (1979), Reclam Verlag Stuttgart, 2. Auflage 1994,
sorgfältig von der ersten bis zur letzten Seite studiert. Im Folgenden
bringe ich nun einige Auszüge aus diesem Werk; lediglich eines der Zitate
stammt aus Singers Aufsatz Schwangerschaftsabbruch und ethische
Güterabwägung (1989). Hier möchte ich zunächst meinen
persönlichen Eindruck nach der Lektüre schildern:
Das Buch Praktische
Ethik erscheint mir als ein raffiniert konzipiertes, suggestives
rhetorisches Gesamtkunstwerk, das auf einer nur scheinbar logischen,
allmählichen Eskalation von hypothetischen Argumenten basiert. Es enthält
eine Fülle unscharf definierter Begriffe sowie zahlreiche - durch polyseme
Bedeutungsnuancen in unterschiedlichen Kontexten erzeugte -
Abduktionsschlüsse ohne apodiktische Beweiskraft. Es ist offenbar auch
kein Zufall, daß das Buch mit dem Tierschutz beginnt und mit der Frage der
Tötung menschlichen Lebens endet. Es handelt sich dabei weniger um ein
slippery slope, also um eine schiefe Ebene der Argumentation, sondern
vielmehr um ein dirty slope, eine logisch unsaubere Beweiskette.
Axel W. Bauer
Hier sind nun einige
Auszüge aus Peter Singer: "Praktische Ethik"
(1979), Reclam Verlag, Stuttgart, 2. Auflage 1994. Die Bemerkungen in
Kursivschrift sind Kommentare und Erläuterungen von Axel W. Bauer. Auch
die durch Unterstreichen markierten Hervorhebungen im Text stammen von mir
und nicht von Peter Singer.
Zitat 1:
Indem ich akzeptiere, daß moralische Urteile von einem universalen
Standpunkt aus getroffen werden müssen, akzeptiere ich, daß meine eigenen
Interessen nicht einfach deshalb, weil sie meine Interessen sind, mehr
zählen als die Interessen von irgend jemand anderem. Daher muß, wenn ich
moralisch denke, mein ganz natürliches Bestreben, daß für meine Interessen
gesorgt wird, ausgedehnt werden auf die Interessen anderer. ...
Anstelle meiner eigenen Interessen habe ich nun die Interessen aller zu
berücksichtigen, die von meiner Entscheidung betroffen sind.
... Die utilitaristische Position ist eine minimale, eine erste Grundlage,
zu der wir gelangen, indem wir den vom Eigeninteresse geleiteten
Entscheidungsprozeß universalisieren.
(S.29-31)
Es folgt eine Ablehnung
des Sexismus, des Rassismus sowie des von Singer so bezeichneten
"Speziesismus" , also der nach seiner
Meinung ungerechtfertigten Beschränkung ethischer Güterabwägungen auf
Angehörige der biologischen Spezies "Homo sapiens". (Der Terminus "Speziesismus"
stammt übrigens aus einem 1970 von Richard D. Ryder privat gedruckten
Flugblatt.) Im folgenden Text nimmt Peter Singer
Bezug auf den Erfinder des Klassischen Utilitarismus, Jeremy Bentham
(1748-1832) :
Zitat 2:
Bentham [zeichnet] die
Fähigkeit zu leiden als jene entscheidende Eigenschaft aus, die einem
Lebewesen Anspruch auf gleiche Interessenabwägung verleiht. Die Fähigkeit
zu leiden oder genauer, zu leiden und/oder sich zu freuen oder glücklich
zu sein ist nicht einfach eine weitere Fähigkeit wie die Sprachfähigkeit
oder die Befähigung zu höherer Mathematik. ...
Die Fähigkeit zu leiden und sich zu freuen ist vielmehr eine
Grundvoraussetzung dafür, überhaupt Interessen haben zu können, eine
Bedingung, die erfüllt sein muß, bevor wir überhaupt sinnvoll von
Interessen sprechen können. ... Ein Stein hat keine Interessen,
weil er nicht leiden kann. Nichts, das wir ihm zufügen können, würde in
irgendeiner Weise auf sein Wohlergehen Einfluß haben. Eine Maus dagegen
hat ein Interesse daran, nicht gequält zu werden, weil sie dabei leiden
wird.
Wenn ein Wesen leidet,
kann es keine moralische Rechtfertigung dafür geben, sich zu weigern,
dieses Leiden zu berücksichtigen. Es kommt nicht auf die Natur des Wesens
an. Ist ein Wesen nicht leidensfähig oder nicht fähig, Freude oder Glück
zu erfahren, dann gibt es nichts zu berücksichtigen. Deshalb ist die
Grenze der Empfindungsfähigkeit die einzig vertretbare Grenze für die
Rücksichtnahme auf die Interessen anderer.
(S.84-85)
Zitat 3:
Normale
erwachsene Menschen haben geistige Fähigkeiten, derentwegen sie unter
gewissen Umständen mehr leiden als Tiere. ... Was dieses Argument
betrifft, so gehören nichtmenschliche Lebewesen,
Säuglinge und schwer geistig behinderte Menschen zur selben Kategorie;
und wenn wir uns dieses Arguments bedienen, um Experimente an
nichtmenschlichen Lebewesen zu rechtfertigen, so müssen wir uns selbst
fragen, ob wir bereit sind, Experimente an Säuglingen und schwer geistig
behinderten Menschen zuzulassen. Wenn wir einen Unterschied zwischen
Tieren und diesen Menschen machen, so ist das nur möglich, weil wir die
Angehörigen unserer eigenen Spezies in moralisch unvertretbarer Weise
bevorzugen.
(S.87-88)
Zitat 4:
[Der
protestantische Theologe Joseph] Fletcher hat eine Liste mit "Indikatoren
des Menschseins" aufgestellt, die folgendes umfaßt:
Selbstbewußtsein, Selbstkontrolle, Sinn
für Zukunft, Sinn für Vergangenheit, die Fähigkeit, mit anderen
Beziehungen zu knüpfen, sich um andere zu kümmern, Kommunikation und
Neugier. Diese Bedeutung des Begriffs haben wir vor Augen, wenn
wir von jemand sagen, er sei ein "wirklich menschliches Wesen" oder zeige
"wahrhaft menschliche Eigenschaften". Damit meinen wir natürlich nicht,
daß die Person der Spezies Homo sapiens angehört, was eine biologische
Tatsache ist und kaum in Zweifel gezogen wird; wir implizieren vielmehr,
daß menschliche Wesen gewisse charakteristische Eigenschaften besitzen und
daß daher die betreffende Person sie in einem hohen Maße besitzt. ...
Dem Leben eines Wesens bloß deshalb den Vorzug zu
geben, weil das Lebewesen unserer Spezies angehört, würde uns in dieselbe
Position bringen wie die Rassisten, die denen den Vorzug geben, die zu
ihrer Rasse gehören.
(S.118-119;121)
Zitat 5:
Unsere heutige Haltung
geht auf das Christentum zurück. Es gab eine spezifisch theologische
Motivation für die Christen, die Wichtigkeit der Zugehörigkeit zur Spezies
zu propagieren; es war der Glaube, alle von menschlichen Eltern Geborenen
seien unsterblich und zu ewiger Seligkeit oder immerwährender Qual
vorherbestimmt. Mit diesem Glauben bekam das Töten eines Homo sapiens eine
schreckliche Tragweite, weil dadurch ein Wesen seinem ewigen Schicksal
überliefert wurde. ...
... Tötet man eine Schnecke oder einen 24 Stunden
alten Säugling, so vereitelt man keine Wünsche ..., weil Schnecken und
Neugeborene unfähig sind, solche Wünsche zu haben.
(S.122-123)
Zitat 6:
Weit davon entfernt,
sich für jedes Leben einzusetzen, ... zeigen diejenigen, die gegen
Abtreibung protestieren, jedoch regelmäßig das Fleisch von Hühnern,
Schweinen und Kälbern verspeisen, nur ein vordergründiges Interesse am
Leben von Wesen, die zu unserer Spezies gehören. Denn bei jedem fairen
Vergleich moralisch relevanter Eigenschaften wie Rationalität,
Selbstbewußtsein, Bewußtsein, Autonomie, Lust und Schmerzempfindung und so
weiter haben das Kalb, das Schwein und das viel verspottete Huhn einen
guten Vorsprung vor dem Fötus in jedem Stadium der Schwangerschaft und
wenn wir einen weniger als drei Monate alten Fötus nehmen, so würde sogar
ein Fisch, ja eine Garnele mehr Anzeichen von Bewußtsein zeigen.
Ich schlage daher vor,
dem Leben eines Fötus keinen größeren Wert zuzubilligen als dem Leben
eines nichtmenschlichen Lebewesens auf einer ähnlichen Stufe der
Rationalität, des Selbstbewußtseins, der Wahrnehmungsfähigkeit, der
Sensibilität etc. Da kein Fötus eine Person ist, hat kein Fötus denselben
Anspruch auf Leben wie eine Person. Ferner ist es sehr unwahrscheinlich,
daß Föten von weniger als achtzehn Wochen überhaupt fähig sind, etwas zu
empfinden, weil ihr Nervensystem allem Anschein nach noch nicht genug
entwickelt ist. Wenn das so ist, dann beendet
eine Abtreibung bis zu diesem Datum eine Existenz, die überhaupt keinen
Wert an sich hat.
(Peter
Singer: Schwangerschaftsabbruch und ethische
Güterabwägung, in: Hans-Martin Sass (Hrsg.), Medizin und Ethik.
Stuttgart 1989/1994. S.139-159. Zitat S.154-155)
Nun folgt die
Demonstration des rhetorischen unseriösen Gebrauchs eines polysemen
(mehrdeutigen) Terminus, nämlich des Wortes "lebenswert" durch
Peter Singer, der damit gleichzeitig die
Gruppe der Contergan-Geschädigten verhöhnt: Singer nimmt eine assoziative
Identifizierung von intrasubjektiver ("wahrscheinlich irgendwie
schlechter") und objektivierender Bedeutung ("weniger lebenswert") dieses
prekären Terminus vor. Die intrasubjektive Bedeutung entspricht dabei der
persönlichen Sicht der Betroffenen, die eine geminderte "Lebensqualität"
zu beklagen haben. Die objektivierende Bedeutung gibt jedoch die
Perspektive eines außenstehenden Beobachters wieder, der aus der
geminderten subjektiven "Lebensqualität" einen geringeren sozialen Wert
des Lebens von Behinderten mithilfe eines logisch unzulässigen deduktiven
naturalistischen Fehlschlusses ableitet. Das aber ist das
pseudowissenschaftliche Verfahren des Sozialdarwinismus und des
nationalsozialistischen Rassismus.
Zitat 7:
Man mag immer
noch einwenden, daß es unrecht sei, einen [geschädigten] Fötus oder ein
[geschädigtes] Neugeborenes [durch einen gesunden Fötus bzw. durch ein
gesundes Neugeborenes] zu ersetzen, weil dadurch heute lebenden
Behinderten suggeriert wird, ihr Leben sei
weniger lebenswert als das Leben
derer, die nicht behindert sind. Wer leugnet, daß dies im Durchschnitt
gesehen so ist, verkennt die Realität. Nur so geben Handlungen, die wir
alle für selbstverständlich halten, einen Sinn. Man erinnere sich an den
Contergan-Fall: Von Schwangeren eingenommen, war dieses Mittel die Ursache
dafür, daß viele Kinder ohne Arme oder Beine geboren wurden. Als die
Ursache für diese anormalen Geburten erkannt war, wurde das Mittel vom
Markt genommen, und die verantwortliche Firma mußte Schadenersatz leisten.
Wären wir wirklich der Überzeugung, daß es keinen Grund gibt anzunehmen,
daß das Leben einer behinderten Person
wahrscheinlich irgendwie schlechter ist als das einer normalen
Person, dann hätten wir das damals nicht als Tragödie empfunden.
Schadenersatz wäre weder gefordert noch von den Gerichten verhängt worden.
Die Kinder wären eben bloß "anders" gewesen.
(S.241)
Zitat 8:
Würden behinderte Neugeborene bis etwa einen Woche
oder einen Monat nach der Geburt nicht als Wesen betrachtet, die ein Recht
auf Leben haben, dann wären die Eltern in der Lage, in
gemeinsamer Beratung mit dem Arzt und auf viel breiterer Wissensgrundlage
in bezug auf den Gesundheitszustand des Kindes, als dies vor der Geburt
möglich ist, ihre Entscheidung zu treffen.
(S.243)
Zitat
9:
Wir bezweifeln nicht, daß es richtig ist, ein schwerverletztes oder
krankes Tier zu erschießen, wenn es Schmerzen hat und seine Chance auf
Genesung gering ist. "Der Natur ihren Lauf lassen", ihm eine Behandlung
vorzuenthalten, aber sich zu weigern, es zu töten, wäre offensichtlich
unrecht. Nur unser unangebrachter Respekt vor der Lehre von der Heiligkeit
des menschlichen Lebens hindert uns daran, zu erkennen, daß das, was
bei einem Pferd offensichtlich unrecht ist, ebenso unrecht ist, wenn wir
es mit einem behinderten Säugling zu tun haben.
(S.271)
Quelle:
www.uni-heidelberg.de/institute/fak5/igm/g47/bauersin.htm
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Peter Singer
1. Je mehr
wir für andere leben, desto zufriedener leben wir
2. Die
Ethik der Embryonenforschung
Je mehr wir für andere leben,
desto zufriedener leben wir
von Peter Singer (Melbourne)
Ich bin nie religiös gewesen. Ich wuchs nach dem
Zweiten Weltkrieg in einer Familie jüdischer Abstammung auf, die von
Österreich nach Australien ausgewandert war. Meine Eltern waren weder
religiös noch hielten sie sich an die jüdischen Traditionen, obwohl meine
Großmutter, die bei uns wohnte, an bestimmten Feiertagen fastete. Sie
hatte den Krieg in Theresienstadt, einem Konzentrationslager der Nazis,
verbracht und war die einzige von meinen Großeltern, die Hitlers Versuch,
alle Juden auszurotten, überlebt hatte. Somit gehörten der
Nationalsozialismus, der Krieg und all das Leiden und Sterben, das gerade
stattgefunden hatte, zu dem geistigen Hintergrund meiner Kindheit.
Angesichts eines solchen Ausmaßes von Leiden setzte es mich immer wieder
in Erstaunen, wenn jemand ernsthaft glauben konnte, daß die Welt von einem
liebenden, allmächtigen Gott gelenkt werde.
Meine Eltern schickten mich auf eine der besten
Privatschulen Melbournes, die von der Presbyterianischen Kirche gegründet
worden war und ihr gehörte, denn sie dachten, daß eine
Privatschulerziehung meine Erfolgsaussichten im späteren Leben verbessern
würde. Daher nahm ich sechs Jahre lang morgens vor dem Unterricht an einer
religiösen Veranstaltung teil mit Bibellesung, Choral und Gebet; außerdem
gab es regelmäßige Gottesdienste in der Kapelle und Religionsstunden. So
hatte ich viel Zeit, in der Bibel zu blättern und die Abschnitte zu lesen,
die uns nicht vorgelesen wurden. Abgesehen von den bekannten Stellen aus
dem Alten Testament, die uns als Schuljungen besonders interessierten,
weil wir sonst wenig Gelegenheit hatten, etwas über Sex zu erfahren,
fühlte ich mich von Markus, Kapitel 11, betroffen, wo berichtet wird, wie
Jesus zu dem Feigenbaum kam, in der Hoffnung, daß er Früchte daran fände;
aber der Baum hatte keine Früchte, »denn es war nicht die Zeit für Feigen«
- woraufhin Jesus ihn prompt verfluchte, und am nächsten Morgen war der
Baum verdorrt. Eine solche selbstsüchtige und zügellose Ungeduld schien
mir wenig zu einem großen Lehrer der Ethik zu passen, und schon gar nicht
zu einem göttlichen Wesen. Die Episode von den Gardarenischen Säuen, die
bei Markus in Kapitel 5 erzählt wird, zeigte einen ebenso rücksichtslosen
Charakterzug des Gottessohnes: Warum sandte er die unsauberen Geister in
die Schweine, die sich dann im Meer ertränkten, wenn er die Teufel
vermutlich ebenso leicht in eine Staubwolke hätte verwandeln können? Ich
fragte unsere Religionslehrer nach einer Erklärung, aber sie sprachen nur
dunkel von Geheimnissen, die sich unserem Verständnis entzögen, und trugen
somit zu meiner Überzeugung bei, daß religiöse Menschen, jedenfalls in
Sachen der Religion, lächerlich leichtgläubig sind.
Woran glaube ich denn nun anstelle der Religion? Ich
bin oft danach gefragt worden. Aber diese Frage wird nicht richtig
formuliert. Warum sollte ich denn an etwas glauben? Warum soll ich nicht
einfach das glauben, was durch vorhandene Beweise und die besten
Vernunftsgründe gesichert ist, zumindest so lange wie ich keinen guten
Grund habe, etwas anderes zu glauben. Mit anderen Worten: Bleibe
aufgeschlossen und nutze deine kritischen Fähigkeiten! Es besteht keine
Notwendigkeit, sich sonst auf irgend etwas festzulegen. Das Sicherste
scheint mir im Augenblick zu sein, daß ich ein Mitglied der Gattung Homo
sapiens bin, einer Tiergattung, die sich wie andere auf unserem Planeten
entwickelt hat, gemäß der wissenschaftlichen Theorie, die Darwin zuerst
vorlegte, und die andere seitdem verbessert, ausgearbeitet und verteidigt
haben.
Ist das alles, was dazu zu sagen ist? Viele wollen
tiefergehende, philosophische Fragen stellen. Was für einen Sinn hat ein
Leben, das sich einfach entwickelt hat? Wenn unsere Existenz das Ergebnis
blinder Evolutionskräfte ist, zwingt uns das dazu, unser Leben als
letztlich sinnlos anzusehen? Die Antwort ist sowohl "Ja" als auch "nein".
Wenn Menschen nach dem »Sinn des Lebens« fragen, suchen sie oft nach einer
umfassenden Sinngebung für das ganze menschliche Dasein in bezug auf
irgendeinen Plan oder eine Absicht, die höher ist als unsere eigene. Da es
aber einen solchen Plan oder eine solche Absicht nicht gibt, kann unser
Leben offensichtlich einen Sinn dieser Art nicht haben.
Es ist aber ein großer Fehler zu meinen, daß darum
unser Leben bedeutungslos sei oder, schlimmer noch, von da zu einer Art
Nihilismus zu kommen, der sagt, daß es »auf nichts ankomme«. Im Gegenteil,
unser Leben und was wir damit anfangen, kann für andere einen großen
Unterschied ausmachen, und weil das so ist, können wir unser Leben so
gestalten, daß es zählt, daß es wirklich von Bedeutung ist. Um es ganz
einfach auszudrücken: Es gibt Milliarden von lebenden und fühlenden Wesen.
Für jedes von ihnen kann das Leben gut oder schlecht verlaufen. Sie können
gezwungen sein, elende Qualen zu erleiden, oder sie können ein Leben
führen, das angenehm, vielleicht sogar voller Freude ist. Obwohl Schmerz
nicht immer nur etwas Negatives sein muß, weil Gutes daraus entstehen kann
-, sind Schmerz und Leiden in sich immer schlimm. (Selbst wenn aus dem
Leiden Gutes entstehen kann, wäre es besser, wenn das Gute ohne das Leiden
kommen könnte.) Dies kann einfach nicht bestritten werden, wenn wir die
Sache von einem allgemeinen Standpunkt aus betrachten. Wir alle wünschen,
daß unsere Schmerzen aufhören, falls wir nicht hoffen, daß etwas Gutes
daraus entsteht, das höher ist; es gibt jedoch keinen Grund dafür, daß -
von einem universalen Standpunkt aus gesehen - unsere eigenen Schmerzen
und Leiden wichtiger sein sollten als die Schmerzen und Leiden anderer.
Infolge dessen kann unser Leben zumindest diesen Sinn haben: wir könnten
die Welt ein klein wenig besser hinterlassen, als sie es gewesen wäre,
wenn wir nie existiert hätten. Wir können dies erreichen, indem wir die
Schmerzen und Leiden der Geschöpfe in dieser Welt verringern; oder
umgekehrt, indem wir ihnen zu mehr Glück und Freude verhelfen.
Dies ist nur ein großer Abriß dessen, was ich sagen
würde, wenn dies ein Buch über Ethik wäre und nicht nur eine kurze
Stellungnahme. Denn es sind nicht nur Schmerzen und Leiden, auf die es
ankommt. Es geht im Leben um mehr als das; all die Wünsche und Hoffnungen
von Menschen, und auch von nichtmenschlichen fühlenden Wesen, sollten in
einem Bericht über das, was letztlich wichtig ist, eine Rolle spielen.
Schmerzen und Freuden sind wichtig. Ihre Bedeutung ist leicht zu
begreifen, weil sie so allgemein sind; sie sind das grundlegende
Mindestmaß dessen, was wir alle verstehen können. Und weil großer Schmerz
dazu neigt, alle anderen Werte zu überlagern, und solange es so viel
unnötiges Leiden in der Welt gibt, hat die Reduzierung von Schmerz und
Leiden offensichtlich ganz unbestrittene Priorität, im Unterschied z.B.
zur Förderung der Gastronomie. Zu meinen engsten Freunden und Kollegen
gehört Henry Spira- obwohl er auf der anderen Seite der Welt lebt - ein
Amerikaner, der sich sein Leben lang für die Rechte der Afro-Amerikaner im
amerikanischen Süden eingesetzt hat, für Arbeiter, die von korrupten
Gewerkschaftsbossen ausgebeutet werden, für Laborratten, die zu Tode
vergiftet werden, um Lebensmittelfarben zu testen, und Hühner, die in
Legebatterien gehalten werden, nur um des Profits der Farmer willen. Spira
beurteilt den Wert dessen, was Menschen tun, danach , in welchem Ausmaß
sie zu der »Reduzierung der Welt von Schmerz und Leiden« beigetragen
haben. Als er kürzlich in einem Interview gefragt wurde, was er als
Grabinschrift haben wollte, antwortete er mit typischem New Yorker Humor:
»Er schob die Erdnuß ein wenig vorwärts.« Mit anderen Worten, Spira wird
sein Leben für lebenswert halten, wenn gesagt werden kann, daß er die
Dinge ein klein wenig in die richtige Richtung bewegt habe.
Wir können alle die Erdnuß vorwärts schieben, und wenn
es auch nur ein wenig ist. Wir alle können uns und unsere Bemühungen mit
der langen Tradition von Menschenfreunden in Einklang bringen, die
versucht haben, die Welt ein bißchen besser zu machen. Sobald wir dies
einmal verstanden haben, brauchen wir uns keine Gedanken mehr über einen
Mangel an Sinn in unserem Leben zu machen - auch werden wir kaum noch Zeit
haben, darüber nachzudenken. Da ist einfach zu viel zu tun. Menschen, die
gelangweilt sind, die unter einem Gefühl der Sinnlosigkeit leiden, die
meinen, sie seien bedeutungslos, sind oft die Gefangenen selbstbezogener
Wünsche. Unsere eigenen Freuden sind nicht weniger wert als die von
anderen, aber für diejenigen unter uns, die ein bequemes Leben in einer
entwickelten Überflußgesellschaft haben, ist das Vergnügen, das sie aus
selbstbezogenen Aktivitäten ziehen können, relativ unbedeutend im
Vergleich zu dem, was sie für andere tun können. Diejenigen, denen ein
Ziel in ihrem Leben fehlt, müssen begreifen, daß das, was sie mit ihrem
Leben anfangen, einen wirklichen Unterschied ausmachen kann. Sie werden
dann ein merkwürdiges Paradox entdecken, über das sich schon viele
Schriftsteller geäußert haben: je mehr man für andere da ist, um so
befriedigender wird das eigene Leben.
Aus Karlheinz Deschner (Hg.): Woran ich glaube,
Gütersloh 1993 mit freundlicher Genehmigung des Gütersloher Verlagshauses
Die Ethik der Embryonenforschung
von Peter Singer (Melbourne)
Von all den Fragen, die durch die moderne
Reproduktionsmedizin aufgeworfen werden, ist die nach dem moralischen
Status des Embryos wohl die umstrittenste. Vor ihr stehen wir
beispielsweise dann, wenn wir mehr Eizellen befruchten, als wir in die
Gebärmutter geben wollen, oder Embryonenforschung betreiben möchten.
Die Forschung an Embryonen stellt uns bedeutende
medizinische Fortschritte in Aussicht. Zu den ersten und unmittelbarsten
gehört die Verbesserung der In-vitro-Fertilisation. Wenn es uns nicht
gelingt, die Erfolgsrate der In-vitro-Fertilisation zu erhöhen, bleibt es
fraglich, ob sie das Geld wert ist, das wir gegenwärtig für sie ausgeben.
Australische Forscher sind außerdem an der Embryonenforschung
interessiert, weil sie gerne sicherstellen würden, daß sich auch
diejenigen Embryonen normal entwickeln, die aus tiefgefrorenen
menschlichen Eizellen erzeugt werden. Zudem möchten sie verschiedene
Techniken der "Mikro-Injektion" testen - also Verfahren, bei denen die
Spermien direkt in die Eizelle eingebracht werden -, da sich mit ihrer
Hilfe zumindest jene Formen männlicher Unfruchtbarkeit reduzieren ließen,
die durch abnormale Spermien oder eine zu geringe Spermienzahl bedingt
sind. Das nächste Forschungsziel wird die Vermeidung genetischer Defekte
sein. Wenn solche Defekte schon bei frühen Embryonen erkannt werden,
können sich erblich belastete Eltern für eine In-vitro-Fertilisation
entscheiden, bei der nur die gesunden Embryonen transferiert werden. Dies
würde Frauen davor bewahren, genetisch defekte Embryonen - wie bisher -
selektiv abtreiben zu müssen. Weitergehende Forschungen könnten auch zur
Entwicklung einer Gen-Therapie führen, die beispielsweise in solchen
Fällen anwendbar wäre, in denen Individuen bereits mit einem
mono-genetischen Defekt wie Thalassämie, Sichelzellenanämie, ADA-Mangel
oder dem Lesch-Nyhan-Syndrom geboren wurden.
Die langfristigen Fortschritte sind sogar noch
dramatischer. Dazu zählen u.a. ein besseres Verständnis der Entwicklung
von Krebszellen, sowie schnellere und zuverlässigere Methoden, um zu
prüfen, ob neue Arzneimittel bei schwangeren Frauen eventuell
Fruchtschäden hervorrufen. Die Verwendung von Embryonen könnte auch eine
Alternative zu den gesetzlichen Sicherheitstests bieten, bei denen
gegenwärtig vielen Tieren beträchtliches Leid zugefügt wird. Was die
klinische Anwendung betrifft, so könnte die Kultivierung von
Blut-Stammzellen die Heilung von Krankheiten wie Sichelzellenanämie und
Leukämie ermöglichen; und schließlich mag es sogar möglich sein, isolierte
Organe zu entwickeln, die - in-vitro kultiviert - dazu verwendet werden
könnten, kranke Organe von Kindern und Erwachsenen zu ersetzen.
Ist eine solche Forschung akzeptabel? Ich meine: Ja!
Sobald wir bereit sind, uns von einem Weltbild zu befreien, das auf
einigen spezifisch religiösen Prämissen beruht, werden wir einsehen, daß
der frühe Embryo kein Recht auf Leben haben kann. Um es vorläufig auf
einen Punkt zu bringen, der als grobe Annährung an unsere spätere Antwort
dienen kann: So wie wir den Hirntod als das Ende einer Person
betrachten, sollten wir das Hirnleben als den Beginn einer Person
betrachten. Vor diesem Zeitpunkt können wir den Embryo daher mit
Einwilligung derer, aus deren Ei- und Samenzelle er sich entwickelt hat,
zur wissenschaftlichen Forschung verwenden.
Ich werde nicht weiter ausführen, aus welchen Gründen
ich diese Ansicht vertrete, denn das habe ich bereits an anderer Stelle
getan. Mein Kerngedanke ist, daß das Standard-Argument, mit dem man dem
Embryo ein Recht auf Leben zuzusprechen sucht, auf einer Wortverdrehung
beruht. Dieses Argument lautet bekanntlich: Jedes menschliche Wesen hat
ein Recht auf Leben. Der menschliche Embryo ist ein menschliches Wesen.
Also hat auch der menschliche Embryo ein Recht auf Leben!
Die Wortverdrehung liegt in der Verwendung des Begriffs
"menschliches Wesen". Ohne jeden Zweifel ist der Embryo ein menschliches
Wesen in dem Sinne, daß er ein Mitglied der Spezies Homo sapiens
ist. Aber ist der Embryo auch ein menschliches Wesen in dem moralisch
relevanten Sinn, den wir meinen, wenn wir von menschlichen Wesen sagen,
daß sie ein Recht auf Leben besitzen, das nicht-menschliche Wesen nicht
besitzen? Wenn wir fragen, weshalb Menschen ein Recht auf Leben haben, das
beispielsweise Hunde, Schweine oder Krallenaffen nicht haben, wird sich
jede plausible, nicht-religiöse Antwort auf unsere überlegenen geistigen
Fähigkeiten beziehen müssen - auf unser Selbstbewußstsein, unsere
Rationalität, unser Sittlichkeitsgefühl, unsere Autonomie oder eine
Kombination davon. Eigenschaften wie diese sind es, würden wir sagen, die
uns zu "wirklichen Menschen" machen. Oder genauer: Eigenschaften wie diese
sind es, die uns zu Personen machen. Wenn es aber dies ist, was wir
meinen, wenn wir von menschlichen Wesen - oder besser: Personen - sagen,
daß sie ein Recht auf Leben haben, dann wird sofort klar, daß der Embryo,
insbesondere der frühe Embryo, kein menschliches Wesen ist. Der frühe
Embryo besitzt keine der geistigen Fähigkeiten, die Mitglieder unserer Art
von Mitgliedern anderer Arten unterscheiden. Der frühe Embryo hat kein
Gehirn, ja noch nicht einmal ein Nervensystem. Man kann daher
berechtigterweise annehmen, daß er über kein größeres Bewußtsein verfügt
als, sagen wir, ein Salatblatt.
Es ist natürlich immer noch wahr, daß der menschliche
Embryo ein Mitglied der Spezies Homo sapiens ist. Das ist ja, wie
wir gesehen haben, auch der Grund dafür, daß man nur schwer bestreiten
kann, daß der menschliche Embryo ein menschliches Wesen ist. Aber wir
können nun erkennen, daß dies nicht die Bedeutung von "menschlichem Wesen"
ist, die wir benötigen, damit das Standard-Argument zutrifft. Ein gültiges
Argument darf seine zentralen Begriffe schließlich nicht in zwei
verschiedenen Bedeutungen verwenden. Wenn die erste Prämisse wahr ist,
wenn mit "menschlich" ein "Wesen mit bestimmten geistigen Fähigkeiten"
gemeint ist, und die zweite Prämisse wahr ist, wenn mit "menschlich" ein
"Mitglied der Spezies Homo sapiens" gemeint ist, dann bewegt sich
das Argument offensichtlich auf einer Rutschpartie zwischen zwei
verschiedenen Bedeutungen, und ist damit ungültig.
Kann man das Argument retten? Offensichtlich kann man
es nicht retten, indem man behauptet, daß der Embryo ein Wesen mit den
geforderten geistigen Fähigkeiten ist. Das könnte auf einen
späteren Zeitpunkt in der Entwicklung des Embryos zutreffen, auf den des
frühen Embryos aber mit Sicherheit nicht. Wenn schon die zweite Prämisse
nicht mit der ersten in Einklang gebracht werden kann, ist es dann
vielleicht möglich, die erste Prämisse so zu vertreten, daß sie mit der
zweiten vereinbar wird? Kann man so argumentieren, daß menschlichen Wesen
nicht aufgrund irgendwelcher moralischer Eigenschaften ein Recht auf Leben
zusteht, sondern weil sie - im Gegensatz zu Schweinen, Kühen, Hunden oder
Salatblättern - Mitglieder der Spezies Homo sapiens sind?
Das ist ein gefährlicher Schachzug. Wer ihn macht, muß
die Behauptung verteidigen, daß es die bloße Artzugehörigkeit ist,
die für das Tötungsverbot entscheidend ist. Aber warum sollte die
Artzugehörigkeit moralisch relevant sein? Wenn wir uns fragen, ob es
falsch ist, ein Lebewesen zu töten, müssen wir sicherlich darauf achten,
welche Eigenschaften es hat, nicht aber darauf, welcher Art es angehört.
Wenn sich herausstellte, daß ET und ähnliche außerirdische Besucher
sensible, denkende und planende Wesen sind, die genau wie wir Heimweh
bekommen, dürfte man sie dann töten, nur weil sie nicht Mitglieder unserer
Art sind? Sollten Sie irgendwelche Zweifel haben, dann stellen Sie sich
dieselbe Frage gleich noch einmal, aber dieses Mal mit "Rasse" statt mit
"Art". Wenn wir die Behauptung zurückweisen, daß die Zugehörigkeit zu
einer bestimmten Rasse für das Tötungsverbot relevant ist, dann ist schwer
einzusehen, warum wir dieselbe Behauptung akzeptieren sollten, wenn sie
sich auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Art gründet. Denken Sie
daran, daß die Tatsache, daß andere Rassen ebenso fühlen, denken und für
die Zukunft planen wie wir, vollkommen irrelevant ist, solange wir die
bloße Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zur Bedingung für ein
Recht auf Leben machen. Wenn wir dies berücksichtigen, bin ich sicher, daß
wir zu der Schlußfolgerung gelangen, daß weder die Rassen- noch die
Artzugehörigkeit für die Zuschreibung eines Lebensrechts relevant sein
kann.
Das Potentialitäts-Argument
An diesem Punkt der Diskussion ändern die, die dem
Embryo ein Recht auf Leben zusprechen, zumeist ihre Strategie. Sie sagen
dann: Wir sollten den moralischen Status des Embryos nicht auf die
geistigen Eigenschaften gründen, die er besitzt, solange er ein Embryo
ist, sondern auf sein Potential - auf das, was er zu werden
vermag!
Nehmen wir einmal an, daß ein Wissenschaftler zwei
reife Eizellen von zwei Frauen erhalten hat - nennen wir sie Jane und
Mary. Beide hoffen, daß ihre Eizellen mit dem Sperma ihrer Männer
befruchtet und anschließend in ihre Gebärmutter übertragen werden. Jane
hat sich zuerst der Laparoskopie unterzogen; ihre Eizelle wurde vor ein
paar Stunden mit dem Sperma ihres Mannes in eine Petri-Schale gegeben. Wie
der Wissenschaftler feststellen kann, hat die Befruchtung bereits
stattgefunden. In Marys Fall ist das anders: Da das Sperma ihres Mannes
gerade erst in das Schälchen getan worden ist, hat noch keine Befruchtung
stattfinden können. Da das Labor aber eine Erfolgsrate von 90% hat, darf
der Wissenschaftler davon ausgehen, daß die Befruchtung innerhalb der
nächsten Stunden erfolgen wird. Viele würden nun sagen, daß es weit
schlimmer wäre, wenn man Janes Embryo zerstörte, als wenn man Marys
Eizelle zerstörte. Aber warum? In beiden Fällen würde man eine
potentielle Person zerstören. Der einzige Unterschied wäre der, daß es
eine etwas größere Wahrscheinlichkeit dafür gibt, daß sich aus dem, was in
Janes Petri-Schale ist, eine Person entwickelt, als daß sich aus dem, was
in Marys Petri-Schale ist, eine Person entwickelt. Wenn wir die beiden
Fälle dennoch unterschiedlicher beurteilen, als es das Gefälle der
Wahrscheinlichkeiten rechtfertigt, dann kann es unmöglich die Verhinderung
einer potentiellen Person sein, die diese Zerstörung falsch macht.
Wenn es diesem Beispiel nicht gelingt, irgendeine
relevante Bedeutung des Potentials aufzudecken, die den Unterschied
zwischen dem Embryo einerseits und den Ei- und Samenzellen andererseits
erklärt, so wünschte ich mir, daß diejenigen, die der Meinung sind, daß es
eine solche Bedeutung gebe, dies auch deutlich zeigten. Ich glaube nicht,
daß es sie gibt. Ich kann verstehen, daß es einen Unterschied in der in
vivo Situation geben mag, in der sich der Embryo ohne jeden
menschlichen Eingriff zu einem Kind entwickeln kann, während sich die Ei-
und Samenzelle nicht ohne einen speziellen menschlichen Akt
weiterentwickeln. Im Labor aber sind sowohl die Ei- und Samenzelle als
auch der Embryo auf menschliche Hilfe angewiesen, um sich weiterentwickeln
zu können. Da sich die Wahrscheinlichkeiten, daß es zu einer solchen
Weiterentwicklung kommt, nicht nennenswert voneinander unterscheiden, kann
ich nicht sehen, weshalb es einen scharfen Unterschied hinsichtlich ihres
Potentials geben sollte.
Die christliche Verteidigung des Embryos
Ich habe vorhin gesagt: "Sobald wir bereit sind, uns
von einem Weltbild zu befreien, das auf einigen spezifisch religiösen
Prämissen beruht, werden wir einsehen, daß der frühe Embryo kein Recht auf
Leben haben kann". Das habe ich nun gezeigt. Aber manche mögen einwenden,
daß diese anfängliche Eingrenzung des Argumentationsfeldes
ungerechtfertigt ist. Jemand könnte sagen: Wie schwach auch immer die
rationalen Argumente für ein embryonales Lebensrecht sein mögen, die
religiösen Argumente sind stark genug, um gläubige Christen davon zu
überzeugen, daß Embryonen wie menschliche Wesen behandelt werden sollten -
und diese religiösen Argumente dürfen nicht von vornherein zurückgewiesen
werden.
Es ist sicher richtig, daß die scharfe Trennung, die
die meisten westlichen Gesellschaften zwischen menschlichen und
nicht-menschlichen Lebewesen vornehmen, ein Erbe unserer
jüdisch-christlichen Tradition wiederspiegelt. Weder der Buddhismus noch
der Hinduismus erheben den Menschen derart über andere Lebewesen. Zwei
christliche Vorstellungen sind wohl dafür verantwortlich, daß wir dem
menschlichen Leben einen so hohen Wert beimessen: Die Vorstellung, daß
jedes menschliche Wesen "nach dem Bilde Gottes" geschaffen wurde, und der
Glaube, daß allein menschliche Wesen eine "unsterbliche Seele" besitzen.
Das erste, was man gegen eine religiöse Argumentation
in der Debatte zur Embryonenforschung sagen könnte, wäre, daß es den
Anhängern des Christentums natürlich unbenommen bleibt, derartige
Glaubensvorstellungen zu akzeptieren, daß es aber gegen fundamentale Werte
einer pluralistischen Gesellschaft verstößt, wenn religiöse Gruppen - egal
wie groß sie sind - ihre Überzeugungen anderen aufzudrängen suchen.
Solange die Einwände gegen die Embryonenforschung ausschließlich auf
religiösen Argumenten beruhen, sollte ein pluralistischer Staat also keine
gesetzlichen Zwangsmaßnahmen ergreifen, um Wissenschaftler daran zu
hindern, mit Embryonen zu experimentieren, die ihnen von Patienten
freiwillig gespendet wurden.
Vielleicht ist das schon alles, was gesagt werden muß.
Warum sollte ein nicht-religiöser Autor wie ich auch den Glauben von
Leuten kritisieren, die sich zu einer bestimmten Religion bekennen? Wenn
die Kirchen nicht ständig versuchen würden, die Rechtsordnung und die
Gesetzgebung zu beeinflußen, könnte ich es tatsächlich dabei bewenden
lassen. Aber so muß ich hinzuzufügen, daß es selbst im Rahmen christlicher
Glaubensüberzeugungen absurd erscheint, wenn man von Embryonen sagt, daß
sie "nach dem Bilde Gottes" geschaffen wurden und im Besitze einer
"unsterblichen Seele" seien. Wie soll man es verstehen, daß ein Embryo aus
nur zwei Zellen "nach dem Bilde Gottes" geschaffen wurde? Wenn Menschen
Gott ähnlicher sind als, sagen wir, Schimpansen, dann vermutlich wegen
ihrer größeren geistigen Fähigkeiten. Aber ein Embryo verfügt nicht über
diese Fähigkeiten! Worin könnte er Gott also ähneln? Vielleicht in seinem
genetischen Code, der ihm gewissermaßen das Potential verleiht, sich zu
einem Wesen mit höheren geistigen Fähigkeiten zu entwickeln als ein
Schimpanse? Aber das ist ein unsicherer Boden für den Christen. Denn was
müßte er dann von menschlichen Wesen sagen, denen aufgrund einer
genetischen Abnormität selbst das Potential fehlt, sich zum Niveau eines
Schimpansen zu entwickeln? Und ist es nicht in jedem Falle merkwürdig, daß
ein Wesen Gott gleichen soll, weil es einen besonderen Satz Gene besitzt?
Gibt es einen "genetischen Code" für Gott?
Wenn ein Christ auf diese Weise in die Enge getrieben
wird, nimmt er für gewöhnlich zum zweiten Argument Zuflucht: Alle
menschlichen Wesen, ob nun Embryonen oder genetisch Defekte, sind einem
Schimpansen überlegen - nicht wegen ihrer Gene, sondern wegen ihrer
"unsterblichen Seele". So fallen die beiden getrennten Argumente - nach
dem Bilde Gottes geschaffen zu sein und im Besitz einer unsterblichen
Seele zu sein - zu einem einzigen zusammen. Aber wie stark ist dieses
zweite Argument? Der frühe Embryo ist ein Bündel von Zellen, von denen
jede die Möglichkeit besitzt, sich zu einem eigenständigen Wesen zu
entwickeln. Bis etwa zum 14. Schwangerschaftstag kann sich der Embryo in
zwei oder mehr Embryonen teilen, so daß identische Zwillinge, Drillinge
oder Vierlinge entstehen. Es ist sogar möglich, daß sich der Embryo teilt
und später wieder zu einem einzigen Embryo zusammenwächst. Was passiert in
diesen Fällen mit der Seele? Kann sich eine Seele - etwas Immaterielles -
teilen und wieder vereinigen? Pater Norman Ford, ein berühmter
australischer Theologe, hat die Schwierigkeiten erkannt, die entstehen,
wenn man Wesen eine Seele zusprechen möchte, die viel eher einer
Ansammlung unabhängiger Zellen gleichen als einem einzigen, unteilbaren
Individuum. Er hat deshalb vorgeschlagen, daß es vielleicht solange kein
Individuum gibt - und folglich auch kein beseeltes Wesen -, bis die
Möglichkeit zur Zwillingsbildung vorüber ist, also ungefähr bis zum 14.
Schwangerschaftstag. Das ist sicherlich plausibler als die Ansicht, daß
die Seele schon unmittelbar bei der Empfängnis vorhanden ist. Aber wenn
wir überhaupt an eine Seele glauben, warum sollten wir dann nicht
annehmen, daß sie sich zusammen mit dem Verstand entwickelt, und daß,
solange es kein Bewußtsein gibt, es auch keine Seele gibt? Das eigentliche
Problem bei der Beantwortung solcher Fragen, besteht natürlich darin, daß
das ganze Konzept einer "unsterblichen Seele", die die Zerstörung des
Körpers überleben kann, so obskur ist, daß man überhaupt keine Grundlage
findet, auf der sich eine überzeugende Antwort konstruieren ließe.
Eine positive Annäherung
Nachdem wir gesehen haben, wie unzulänglich die
Versuche sind, dem frühen Embryo ein Recht auf Leben zuzusprechen, bleibt
nur noch die Frage: Wann kann der Embryo überhaupt Rechte erlangen?
Die Antwort muß von den tatsächlichen Eigenschaften des
Embryos abhängen. Eingangs hatte ich gesagt, daß wir in Analogie zu der
weithin akzeptierten Idee, daß Menschen erst dann tot sind, wenn ihre
Gehirne tot sind, sagen könnten, daß Menschen erst dann "leben", wenn ihre
Gehirne leben. Aber das ist nur eine Annäherung. Der Hirntod ist ein
plötzliches Ereignis, das Hirnleben eine allmähliche Entwicklung. Wonach
wir suchen sollten, sind daher jene geistigen Entwicklungen, die moralisch
wirklich relevant sind.
Die Eigenschaft, die ein Embryo mindestens besitzen muß,
um einen Anspruch auf moralische Berücksichtigung zu haben, ist die
Empfindungsfähigkeit. Denn solange er außerstande ist, irgendetwas zu
empfinden, können wir ihm in keiner Weise schaden.Wir könnten ihm
natürlich dann schaden, wenn er sich einmal zu einer Person entwickeln
sollte, doch wenn er niemals eine Person wird, ist ihm auch nicht
geschadet worden, zumal das völlige Fehlen des Bewußtseins jedes Interesse
daran ausschließt, eine Person zu werden.
Im Gegensatz zum Embryo können Tiere wie Affen, Hunde,
Kaninchen, Ratten oder Mäuse durchaus Schmerz empfinden. Dennoch wird
ihnen im Rahmen wissenschaftlicher Forschung oft beträchtliches Leid
zugefügt. Ich habe bereits gesagt, daß die bloße Artzugehörigkeit für den
moralischen Status eines Wesens irrelevant ist. Warum ist man dann aber
bereit, mit empfindungsfähigen Kaninchen zu experimentieren, nicht aber
mit völlig empfindungslosen Embryonen? Erst wenn der Embryo imstande ist,
Schmerzen zu empfinden, müssen wir ihn vor Experimenten schützen, denn
erst wenn er diese Entwicklungsstufe erreicht hat, steht er mit den
empfindungsfähigen Tieren moralisch auf einer Stufe. So wie wir
sicherstellen sollten, daß den Embryonen kein Leid zugefügt wird, sollten
wir auch sicherstellen, daß den Tieren kein Leid zugefügt wird.
Wann entwickelt der Embryo die Fähigkeit, Schmerz zu
fühlen? Ich bin zwar kein Experte auf diesem Gebiet, aber nachdem ich die
Fachliteratur gelesen habe, würde ich sagen, daß es unmöglich vor der
sechsten Woche sein kann - möglicherweise sogar erst nach der achtzehnten
oder zwanzigsten. Obwohl ich der Meinung bin, daß wir sehr vorsichtig sein
sollten, scheint mir die 14-Tage-Grenze, die von der Warnock-Kommission
vorgeschlagen worden ist, doch zu konservativ. Es kann kein Zweifel daran
bestehen, daß der Embryo noch einige Zeit länger vollkommen empfindungslos
ist. Selbst wenn wir alle nur erdenkliche Vorsicht walten lassen, würde
eine 28-Tage-Grenze ausreichen, um Embryonen davor zu bewahren, unter
Experimenten leiden zu müssen.
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09
Aussagen des kath.
Lehramtes
Unter
Euthanasie/Sterbehilfe versteht man eine Handlung Oder
Unterlassung, die ihrer Natur nach und aus bewußter Absicht
den Tod herbeiführt, um auf diese Weise jeden Schmerz zu
beenden.
(Evangelium
vitae, III 65)
Der Verzicht
auf außergewöhnliche oder unverhältnismäßige
Heilmittel ist nicht gleichzusetzen mit Selbstmord oder
Euthanasie/Sterbehilfe; er ist vielmehr Ausdruck dafür, daß
die menschliche Situation angesichts des Todes akzeptiert
wird.
(Evangelium
vitae, III 65)
Selbstmord ist
immer ebenso sittlich unannehmbar wie Mord. ... aus
objektiver Sicht eine schwer unsittliche Tat ...
(Evangelium
vitae, III 66)
Gesetze, die
Abtreibung und Euthanasie/Sterbehilfe zulassen
und begünstigen, stellen sich nicht nur radikal gegen das
Gut des einzelnen, sondern auch gegen das Gemeinwohl und
sind daher ganz und gar ohne glaubwürdige Rechtsgültigkeit.
(Evangelium
vitae III 72)
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081
Euthanasie durch die
Hintertür?
Der Europarat wird sich kommende Woche mit dem Thema „aktive Sterbehilfe“
befassen – Deren Befürworter könnten Erfolg mit ihrer Strategie haben
DT Nr.9 vom 22.01.2004
Von Markus Berger
Im Europarat, der ältesten europäischen
Institution, die sich um die grundsätzlichen Fragen der Menschenrechte, der
Kultur und des Rechts der europäischen Staaten bemüht, steht zum zweiten Mal
seit 1999 das Thema Euthanasie – oder wie es beschönigend heißt: „aktive
Sterbehilfe“ – zur Entscheidung an. Im September vergangenen Jahres
beantragte der Schweizer Dick Marty deren Zulassung. In seinem Bericht des
Sozialausschusses an das Plenum heißt es: „Wenn todkranke Patienten ständige
unerträgliche Schmerzen haben und ohne Hoffnung auf Besserung ihrer Lage
leiden, sind manche Ärzte bereit, dem Leben des Patienten auf seinen
freiwilligen und wohlüberlegten Wunsch hin ein Ende zu setzen, oder
einzuwilligen, dem Patienten zu helfen, aus seinem Leben zu scheiden.“ Das
Ziel dieses Antrags ist es, solche Ärzte aus der „Grauzone“ des Strafrechts
zu bringen und den Patienten einen gesicherten Zugang zur Sterbehilfe zu öffnen.
Das klingt humanitär, und in der Schweiz ist
das inzwischen ebenso gängige Praxis wie in Holland und in Belgien, wo dies
gesetzlich geregelt wurde. Aber ist das auch „Recht“? Der Berichterstatter
des Rechtsausschusses zu Martys Initiative, Kevin Mc Namara, weist in seinem
Bericht dazu auf die „erschreckende Häufigkeit der aktiven Sterbehilfe bei
Patienten“ in Holland hin, „die keine ausdrückliche Bitte in diesem Sinne
geäußert hatten, und ebenso (auf) erschreckende Unterlassungen der Fachkräfte
im Gesundheitswesen, Fälle geleisteter Sterbehilfe der zuständigen
Aufsichtsbehörde zu melden“.
Vielleicht war es dieses Alarmsignal des
Rechtsausschusses, das den Antragsteller dazu veranlasste, sowohl im Dezember
als auch am Freitag vergangener Woche den Beratungen im Rechtsausschuss
fernzubleiben. Diese wurden deshalb zweimal vertagt. Aber am 29. Januar wird höchstwahrscheinlich
die Parlamentarische Versammlung insgesamt zu diesem umstrittenen Thema eine
Empfehlung aussprechen, auch wenn keine Voten der Fachausschüsse vorliegen.
Diese könnten außerdem noch kurz vorher beschlossen werden. Die Initiative
verfolgt das erklärte Ziel, den Beschluss des Europarates von 1999 zu kippen,
in dem es hieß, dass „es die Aufgabe des Europarates sei, die Würde aller
Menschen und die aus ihr hervorgehenden Rechte zu schützen“. Folglich empfahl
damals die Versammlung den Mitgliedstaaten, „anzuerkennen, dass der
Sterbewunsch einer todkranken beziehungsweise sterbenden Person selbst keine
gesetzmäßige Rechtfertigung (dafür) darstellen“ könne, den Tod der
Sterbenden herbeizuführen.
Schlimme Folgen für das Rechtsbewusstsein der
Bürger
An den Voraussetzungen für diese Em-pfehlung
hat sich seit damals nichts geändert. Sie ist zwischenzeitlich sogar vom Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte ausdrücklich bestätigt worden. Wenn sie nun
dennoch in ihr Gegenteil verkehrt werden soll – und das ebenfalls unter
Berufung auf die Würde des Menschen –, dann kann das nur bedeuten, dass der
Antragsteller diesmal auf geänderte Mehrheiten in der Versammlung setzt. Eine
intensive Diskussion in den Ausschüssen könnte sich dabei möglicherweise als
wenig hilfreich erweisen, zumal Marthy in der Sache bereits einen halben Sieg in
der Tasche hat.
Denn der für diesen Antrag kompetente
Rechtsausschuss hat – wohl um der Wahrung seines Ansehens willen – in seinem
Bericht an das Plenum Skepsis durchblicken lassen und einige Richtigstellungen
am Marthy-Bericht vorgenommen. Dessen Vorschlag für einen Aufruf der
Parlamen-tarischen Versammlung an die Regierungen der Mitgliedstaaten hat er
jedoch in seinen entscheidenden Teilen übernommen. Darin heißt es, die
Regierungen sollten „empi-risches Beweismaterial sammeln und analysieren, das
mit freiwilliger aktiver Sterbehilfe, Beihilfe zum Selbstmord, passiver
Sterbehilfe und den damit zusammen-hängenden Praktiken verbunden ist“. Außerdem
sollen die Haltung der Öffentlichkeit und die Erfahrungen des medizi-nischen
Personals sowie die Rechtsprechung der Gerichte erfasst werden, heißt es darin.
Dies bedeutet jedoch: „Empirisches“
Beweismaterial zur Euthanasie wie zur Beihilfe beim Selbstmord können die
Regierungen der Mitgliedstaaten eigentlich nur dann sammeln, wenn sie diese Tötungsdelikte
vorher zulassen, also legalisieren oder – wie beim so genannten „Gesetz zum
Schutz des ungeborenen Lebens“ – für „rechtswidrig, aber straffrei“
erklären. Dass sich diese Aufforderung durchaus an alle Mitgliedstaaten richtet
– und nicht nur an diejenigen, die dergleichen schon zugelassen haben –,
ergibt sich aus der dritten konkreten Forderung im Schlussabsatz. Hier heißt
es, die Regierungen sollten vergleichende Analysen und Diskussionen über
derartiges Material im Rahmen des Europarates fördern, unter besonderer Berücksichtigung
der belgischen und holländischen Gesetze. Letzteres hätte man auch jetzt schon
tun können.
Diese zwar kaschierte, aber dennoch eindeutige
Aufforderung zur Zulassung der Euthanasie in den Mitgliedstaaten des Europarates
kommt also, dem Gegenstand angemessen, sozusagen durch die Hintertür. Ein
solches Vorgehen verletzt die Würde des Europarates! Fände die Vorlage eine
Mehrheit, dann hätte das schlimme Folgen für das Rechtsbewusstsein der Bürger
Europas. Noch schlimmere Folgen hätte das für Tausende todkranker, siecher und
sterbender Menschen wie für die noch junge Hospizbewegung, die diese Menschen
begleiten will. Auch der weitere Aufbau einer umfassenden palliativen Vorsorge käme
wohl zum Erliegen. Die Deutsche Hospizstiftung schätzt, dass in der Folge eines
solchen Beschlusses jährlich hunderttausend Menschen in Europa der Euthanasie
zum Opfer fielen – und davon nach den Erfahrungen in Holland und Belgien ein
Viertel gegen ihren Willen, ohne gefragt zu werden.
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08
Euthanasie
Das niederländische Parlament
verabschiedete, nachdem die Euthanasie jahrelang stillschweigend toleriert
wurde, nun ein Euthanasiegesetz, wonach aktive Euthanasie zwar grundsätzlich
verboten, jedoch auf Wunsch des Patienten - aber auch ohne dessen Zustimmung -
straffrei ist.
Laut einer Regierungsaussage
waren 1991 unter den 120.000 Sterbefällen in den Niederlanden 20.000
Euthanasieopfer.
Die Statistik weist allerdings
nur 2.300 Euthanasieopfer aus, da das holländische Gesetz unter Euthanasie nur
die Fälle erfasst, in denen ein tödliches Mittel, auf Wunsch des Patienten,
vom Mediziner verabreicht wurde.
400 Fälle, in denen der
Mediziner ein tödliches Mittel besorgte, sowie 1.100 Getötete, die ohne ihre
Einwilligung mittels eines tödlichen Giftes willkürlich vom Mediziner
umgebracht wurden, tauchten ebenso wenig in der Statistik auf wie die 8.000 Getöteten,
die durch eine Überdosis ermordet wurden. Letztere wurden unter der Rubrik
"normale medizinische Behandlung" geführt.
In mindestens weiteren 8.000 Fällen
wurde die medizinische Behandlung abgebrochen oder erst gar nicht aufgenommen,
um so den Menschen umzubringen.
Das holländische
Euthanasiegesetz gleicht u.a. in eklatanter Weise dem deutschen
Abtreibungsgesetz. Auch hier ist die Tötung grundsätzlich verboten, aber de
facto straffrei, und es werden jährlich fast eine halbe Million Kinder allein
in der Bundesrepublik Deutschland umgebracht.
Ebenso, wie die niederländische
Liberalisierung der Abtreibungsgesetzgebung Pate für die Gesetzgebung in vielen
anderen europäischen Ländern stand, wird sicher auch dieses oder ein ähnliches
Euthanasiegesetz, im Zuge einer Harmonisierung des EG-Rechtes bald in ganz
Europa Geltung haben.
Es ist unerheblich, ob nur die
so genannte passive oder auch die aktive Euthanasie laut Gesetz straffrei
bleibt. Im heutigen Sinne heißt Euthanasie "Schön getötet werden!"
So wie es in der Abtreibungspraxis keinen Unterschied macht, ob die Kinder nach
einer Fristen- oder nach einer Indikationsregelung getötet werden, so wird es
auch in der kommenden Euthanasiepraxis kein Unterschied sein, ob lediglich die
passive oder auch die aktive Euthanasie straffrei bleibt. Diese Unterschiede
bestehen nur auf dem Papier.
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Passive
Euthanasie
Ein Beispiel für sog. passive
Euthanasie, wie sie heute verstanden wird, ist der Entschluss, einen Menschen
nicht weiter "künstlich am Leben zu erhalten". Die künstliche Ernährung
- unter die auch Löffelfütterung gezählt wird - wird eingestellt.
Hier ein Auszug aus dem
Verlaufs-Protokoll der letzten Lebenstage eines so zum Tode Verurteilten:
Sein
Mund trocknet aus, verklebt oder wird von einer dicken Substanz überzogen |
Seine
Lippen trocknen aus, springen auf oder reißen |
Seine
Zunge schwillt an und kann platzen |
Seine
Augen sinken in die Augenhöhlen ein |
Seine
Wangen werden hohl |
Die
Nasenschleimhäute können reißen und Nasenbluten verursachen |
Seine
Haut hängt lose an seinem Körper und wird trocken und schuppig |
Sein
Urin wird hochkonzentriert und verursacht ein Brennen in der Blase |
Seine
Magenwände trocknen aus, und es kommt zu Würgen und Erbrechen |
Es
kommt zu Hyperthermie, einer sehr hohen Körpertemperatur |
Seine
Gehirnzellen beginnen auszutrocknen und verursachen Konvulsionen (Krämpfe,
Schüttelkrämpfe) |
Seine
Atemwege trocknen aus. Dies führt zur Absonderung sehr dickflüssiger
Sekrete, die seine Lungen verstopfen und seinen Tod verursachen können |
Schließlich
kommt es zum Versagen der wichtigen Organe, einschließlich Lunge,
Herz und Gehirn |
Da der Patient sich nicht äußern
kann (z.B. bei Komatösen), ist nicht bekannt, welche Todesqualen er erleidet.
Natürlich findet jeder noch
menschlich Empfindende einen solchen Tod unwürdig und unmenschlich. Aber
dennoch ist die Angst vor der Apparatemedizin (=Überbehandlung) überall
anzutreffen. Um einem "Dahinvegetieren" an einer Maschine zu entgehen,
wird vielerorts das so genannte Patiententestament oder der Patientenbrief
diskutiert. Dabei ist eine solche Verfügung vollends unnötig, da ich im
ansprechbaren Zustand sowieso vor jeder Behandlung meine Einwilligung geben
muss, und für den Fall, dass ich nicht ansprechbar bin, meine Angehörigen
diesbezüglich gefragt werden müssen.
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Das
Patiententestament
Hier ein Beispiel für ein
sogenanntes Patiententestament:
"Wenn ich
ein unheilbares Leiden haben sollte, das meinen Tod innerhalb einer kurzen Zeit
verursachen wird, und ich nicht mehr in der Lage bin, Entscheidungen bzgl.
meiner medizinischen Behandlung zu treffen, gebe ich meinem behandelnden Arzt
die Weisung, eine Behandlung, die den Vorgang des Sterbens nur verlängert und
nicht für mein Wohlbefinden oder die Schmerzlinderung notwendig ist, zu
unterlassen oder abzubrechen."
Was heißt:
unheilbares
Leiden? |
Asthma,
Diabetes, Zerebrale Lähmungen, Herzleiden, Schlaganfallsleiden,
Depressionen ...? |
Tod
... innerhalb einer kurzen Zeit? |
Stunden,
Tage, Wochen, Monate, Jahre ...? |
nicht
in der Lage zu sein, Entscheidungen zu treffen? |
weil
ich schlafe, bewußtlos bin, verwirrt bin oder für verwirrt erklärt
werde, unter Medikamenten stehe, von Problemen erdrückt werde ...? |
meinem
behandelnden Arzt? |
dem
Hausarzt, dem Spezialisten, den Sie nicht kennen, dem
Medizinassistenten in der Notaufnahme, dem Arzt, der auf meinen Tod
zwecks Organentnahme wartet ...? |
Behandlung
abzubrechen oder zu unterlassen? |
das
Beatmungsgerät, die Operation, die Chemotherapie, das Insulin, das
Antibiotikum, die Nahrung, das Wasser, auch Löffelfütterung ...? |
Einem anderen Aspekt der
Euthanasiedebatte begegnen wir in der Frage nach der Organtransplantation.
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oben
Organstransplantation
Die Grundfrage, die dabei zunächst
zu klären ist: Ist der Mensch bei der Organentnahme bereits tot, oder wird er
erst dadurch getötet?
Seit der Gedanke der
Organtransplantation in den Gehirnen der Mediziner Einzug gehalten hat, wurde
die Todesdefinition geändert. Man sprach nun nicht mehr vom Tod als solchem
oder vom Gesamttod des Menschen, man verlegte den Tod auf einen früheren
Zeitpunkt und einigte sich auf den Hirntod.
Dabei standen weniger die
moralischen Erwägungen als vielmehr die praktischen Überlegungen im
Vordergrund. Nur einem Hirntoten kann man das noch schlagende Herz entnehmen.
Einem Hirn- und Herzkreislauftoten, also einem Toten nach der klassischen
Definition, die auch dem gesunden Volksempfinden entspricht, der also weder
Atmung (ob künstlich oder natürlich) noch Herzschlag aufweist, kann man
verschiedene Organe zur Transplantation nicht mehr entnehmen, da sie zu diesem
Zweck bereits unbrauchbar geworden sind.
Die amerikanischen Ärzte Dr.
med. Paul A. Byrne und Dr. med. Richard G. Nilgers geben Antwort (sinngemäße
Auszüge aus amerikanischen Veröffentlichungen) auf die so heiklen Fragen nach
dem Hirntod.
Nilgers: "Ich
habe viele Hirntote gesehen. Sie sehen nicht tot aus. Es ist wahr, ihre Atmung
ist passiv, die Maschinen atmen für sie, aber ihr Herz schlägt, ihr Blut
zirkuliert, sie sind rosig und warm. Die jungen Männer sehen gut aus, die
jungen Frauen sind hübsch, sogar bei ihrem Hirntod. Solch eine Person kann
gesetzlich für tot erklärt werden, und es können ihr die Organe zur
Transplantation entnommen werden.
Die Öffentlichkeit
muss verstehen - und dieser Punkt wird oft zugunsten der Transplanteure beschönigt
- daß der Körper - oder ist es noch die Person? - dann zum ´Eingriff`
freigegeben wird, wenn das Herz noch schlägt und die Haut warm und rosig
ist."
Die Frage bleibt: Sind Organspender
wirklich tot?
Byrne: "Eine
Hirntod-Diagnose bedeutet das Fehlen von Gehirnfunktionen, die teilweise oder
ganze Zerstörung des Hirns oder Tod. Diese Begriffe werden oft
durcheinandergebracht. Die meisten Leute finden diese Begriffe verwirrend und
sind nicht fähig, über den 'Hirntod' zu reden. Letztes Jahr berichtete das Journal
of the American Medical Association, daß im Gebiet Cleveland nur 35% derer,
die mit Organbeschaffung zu tun haben, die gesetzlichen und medizinischen
Kriterien für die Bestimmung des Todes korrekt bestimmen konnten ... 19%
klassifizierten Anenzephale (Menschen ohne Großhirnfunktion) und Patienten im
'vegetativen Zustand' für tot."
Gehen wir zunächst auf diese
Definitionen ein, die im strengen Sinne - noch - nichts mit dem Hirntod zu tun
haben, aber schon bei der nächsten Umdefinierung haben können.
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Vegetativer
Zustand
"Die Diagnose vom 'anhaltenden
vegetativem Zustand' ist eine moderne Hinzufügung zur Liste potentieller
Organspender. Es gibt viele, viele Krankheitsprozesse, die in der Vergangenheit
als 'anhaltend' vorausgesagt worden waren, plötzlich wurden Methoden für
genauere Diagnosen und Behandlungen gefunden und seitdem waren sie nicht mehr in
der Kategorie 'anhaltend' zu finden.
Wie schwer ein
"anhaltender vegetativer Zustand" diagnostiziert werden und was diese
Diagnose bedeuten kann, verdeutlicht die Geschichte von Sergeant David Mack,
einem Polizeibeamten aus Minneapolis, der bei einem Schußwechsel verletzt
worden war.
"Es wurde
diagnostiziert, er sei in einem 'anhaltend vegetativen Zustand' (PVS). 22 Monate
später war er - mit Hilfe seiner Augen und einer Buchstabentafel - fähig, sich
den Umstehenden mitzuteilen. Er beschrieb und nannte eine Krankenschwester, die
sich um ihn gekümmert hatte. Dr. Ronald Cranford war einer der Ärzte, die mit
der (falschen) Diagnose von Sergeant Mack zu tun hatten. Dieser Mediziner ist
einer der Vorkämpfer, die für das Verweigern von Nahrung und Wasser bei
Patienten in 'hoffnungslosen' Zuständen sowie 'anhaltend vegetativen Zuständen'
und 'irreversiblem Koma' eintreten. Dr. Cranford ist ebenso gut bekannt als
Vorreiter, der auf eine gesetzliche Anerkennung des Hirntodes drängte."
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Koma
Ein anderer Begriff, der
oftmals mit Hirntod verwechselt oder gar gleichgestellt wird, ist das Koma. Es
handelt sich hier um einen vorübergehenden oder dauernden Zustand (chronisches
Koma).
Nach Dr. Cranford und anderen
Verfechtern der Euthanasie sollte man diese Menschen "sterben lassen".
Ehrlicher wäre, töten zu sagen.
Hierzu Dr.
Bryne: "Ein
Patient im Koma ist wie eine Person, die schläft, mit einer Ausnahme, daß eine
schlafende Person spontan aufwacht und geweckt werden kann. Eine Person im Koma
kann nicht geweckt werden. Das Koma folgt normalerweise auf eine akute
Verletzung oder Schädigung des Gehirns oder des Kreislaufs zum Gehirn.
Innerhalb einiger Wochen wird der Patient aus dem schlafähnlichen Koma
erwachen. Wenn der Patient nach einigen Wochen immer noch nicht reagiert, ist
er/sie in einem eher chronischen Zustand. Halbkomatös bedeutet, daß die Person
zwar mehr reagiert als jemand, der schläft, aber noch nicht geweckt werden
kann."
Komatöse Menschen sind nicht
unbedingt Sterbende, nicht einmal direkt Kranke. Sie können oft über Jahre
hinweg weiterleben, ähnlich Schlafenden.
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Hirntod
Was aber ist mit den wirklich
Hirntoten?
Zunächst einmal müssen wir
bedenken, daß der Ausfall sämtlicher Gehirnfunktionen äußerst schwer
zweifelsfrei feststellbar ist und das Risiko einer Fehldiagnose beständig
mitschwingt.
Dr. Byrne:
"Wir
sollten das Konzept des 'Hirntodes' ablehnen. Es ist Betrug, obwohl es
legalisiert wurde. Einen Patienten tot zu nennen, wenn er noch lebt, macht ihn
nicht tot, auch wenn das Gesetz erlaubt, ihn für tot zu erklären.
Wenn die
Wissenschaft einer Tatsache widerspricht (z.B. der Tatsache, daß ein Körper
mit einem schlagendem Herzen lebt und nicht tot ist), ist es das letzte, was
passieren darf, daß die Wissenschaft hier neue Definitionen einführt.
Wissenschaft, die der Realität widerspricht, ist keine Wissenschaft! Laut
Theologie, Philosophie oder Medizin, die auf den Erkenntnissen der Biologie und
Biochemie basieren, ist der Tod ein Zustand, nach dem das Leben beendet ist.
Seit Bestehen des menschlichen Lebens ist ein Mensch eine Einheit, ein Ganzes.
Vom Standpunkt der Biologie und Biochemie aus sollte niemand für tot erklärt
werden, bevor es keine Zerstörung der Hauptsysteme des Körpers gibt. So sollte
niemand für tot erklärt werden, ohne daß die Zerstörung der Atmungs- und
Kreislaufsysteme und des ganzen Gehirns vorliegt. Auf der anderen Seite ist
es absolut nicht vertretbar, jemanden für tot zu erklären aufgrund des Mangels
an Beweisen von Gehirnfunktionen."
Beim Hirntod liegt - nach
bisherigem Kenntnisstand der Medizin - der Ausfall des gesamten Gehirns und der
Spontanatmung vor. Das Herzkreislaufsystem arbeitet aber noch und zwar
mindestens solange, wie die Atmung (künstlich) aufrecht erhalten bleibt - und
das bleibt sie bei Organspendern solange, bis das Herz schlagend
herausgeschnitten wird.
Was die Organtransplantation
angeht, so lautet nach Dr. Byrne die Frage:
"Ist es
gerechtfertigt, ein schlagendes Herz herauszuschneiden, wenn es Zweifel über
den Tod gibt?"
Und die Antwort:
"Es ist
nicht gerechtfertigt, auch nicht einen Augenblick vor dem Tod!"
Und es gibt enorme Zweifel. -
Um keinen Preis dürfen wir das Leben eines Menschen verkürzen, weder das Leben
des Komatösen noch das Leben des hirntoten Sterbenden.
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Den
Sterbeprozeß nicht abkürzen
Hierzu Dr. Nilges:
"Richard Strauß erwachte auf seinem Totenbett aus seinem vorletzten Koma
und erklärte, daß er gerade die letzten Noten seines 'Tod und
Transfiguration' gehört habe: 'Sterben ist genauso, wie ich es in Tod
und Verklärung geschrieben habe."
Christliche Mystiker haben
einen 'schönen Punkt der Seele' während Zuständen gebetsvoller, vorübergehender
Leblosigkeit beschrieben. Wie viele Trompetenklänge zur Ewigkeit, wie viele
Gebete und sogar mystische Visionen haben wir Ärzte plündernd unterbrochen
beim 'Ausschlachten lebender Organe'?
Wo ist das Mitleid, wo die
Liebe, wo ist wenigstens die Grundverbindlichkeit von Arzt und Patient in diesen
'Ärzten', die handeln, als hätten sie Pumpen statt Herzen und Eiswasser statt
Blut?"
Es gibt in Deutschland bereits
eine Reihe entsetzter Eltern, die ihre toten Kinder nach der Organentnahme fast
nicht mehr wiedererkannten. Den Hirntoten wurden z.B. Herz, Lunge, Nieren,
Bauchspeicheldrüse, Knochenmark, Hirnhaut und Augen entnommen. Zurück blieb
eine völlig verstümmelte Leiche und Eltern, die den Anblick ihres im und nach
dem Sterben mißhandelten und entwürdigten Kindes niemals vergessen.
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07
Aktive und Passive Euthanasie
Euthanasie beschreibt ursprünglich
ein sanftes - möglichst schmerzfreies - Sterben und den natürlichen Tod des
Menschen.
Im Laufe der Jahrhunderte aber änderte
sich der Inhalt des Begriffes Euthanasie - besonders drastisch in der NS-Zeit -,
so daß darunter ein wahlloses Morden aller nicht erwünschten Menschen
verstanden wurde. Die Frage nach dem natürlichen Tod wurde erst gar nicht mehr
gestellt.
Auch der "modernen"
Euthanasiebewegung geht es weder um ein sanftes Sterben noch um einen natürlichen
Tod.
Aktive
Euthanasie Passive
Euthanasie
Aktive Euthanasie
Natürlicher Tod:
Die sog. aktive Euthanasie achtet den natürlichen
Tod nicht. Sie greift aktiv in den Sterbeprozeß ein und setzt ihm
ein künstliches Ende. Man läßt den Menschen nicht sterben,
sondern tötet ihn.
Sanftes Sterben:
Je nachdem, wie der Patient umgebracht
wird, kann der Todeskampf - wie z.B. bei der Anwendung von Zyankali - sehr
schmerzhaft unter Krampfzuständen und Atemnot über längere Zeit anhalten. Von
einem sanften Sterben bzw. "Getötet-Werden" kann hier nicht die Rede
sein.
Aktive Euthanasie ohne Zustimmung des
Betroffenen:
In Holland weigern sich bereits viele alte
Menschen, ins Krankenhaus gebracht zu werden, weil sie - mit Recht - fürchten,
dort umgebracht zu werden.
Dies entspricht nicht der Vorstellung vom
schmerzfreien, angstfreien, sanften Tod, wie ihn die Befürworter der
Euthanasie "schmackhaft" machen wollen.
Aktive Euthanasie mit Zustimmung des
Patienten:
Der Wunsch nach Euthanasie entspringt in
der Regel der Verzweiflung eines Patienten. Sie ist somit keine wirklich
"freie Entscheidung" (abgesehen davon, daß der Mensch niemals ein
Entscheidungsrecht über Leben und Tod hat; nicht über das eigene Leben,
geschweige denn über das eines anderen. Unser Leben ist uns nur anvertraut und
geliehen - von Gott!), sondern wird in einem Ausnahmezustand getroffen, in dem
der Mensch nicht voll zurechnungsfähig, das heißt also auch nicht geschäftsfähig
im juristischen Sinne, ist. Aber auch eine Verfügung im vorhinein, wie aus dem
"Patiententestament" oder "Living-Will" bekannt, ist
letztlich keine freie Entscheidung, sondern sie ist unter der Angst vor
Behinderung, Überbehandlung, Pflegebedürftigkeit, Vereinsamung und Schmerzen
getroffen worden. Angst aber war zu allen Zeiten ein schlechter Ratgeber und ist
niemals die Grundlage einer echten freien Entscheidung.
Information:
In einer Mädchengruppe wurde das Thema
Euthanasie diskutiert und der autobiographische Film über das Leben der durch
Sportunfall vom Hals abwärts gelähmten Joni gezeigt. Als zu Anfang des Filmes
die Leiden und die Verzweiflung bis hin zu Selbstmordwünschen der jungen Frau
sehr drastisch und ausführlich dargestellt wurden, äußerte ein Mädchen
spontan: "Wenn es mir mal so gehen soll, könnt ihr mir sofort die Spritze
geben!"
Nachdem dasselbe Mädchen im weiteren
Verlauf des Filmes erfuhr, wie Joni Leiden, Schmerzen und Verzweiflung besiegte,
war sie tief beeindruckt und nahm ihre spontane Äußerung über Euthanasie
uneingeschränkt zurück.
Gewissenskonflikt:
Kann ein Arzt oder das Pflegepersonal in
der Frage nach der aktiven Euthanasie in Gewissenskonflikt kommen?
Nein!
Das Gewissen eines Menschen kann diesem
niemals vorschreiben zu töten. Es kann sein, daß das Leiden eines
schwerstkranken Menschen dem Pflegepersonal zur unerträglichen Belastung
wird. In diesem Fall muß der überforderten Pflegekraft persönliche Hilfe
zuteil werden, ggf. muß sie von der Betreuung dieses Menschen freigestellt
werden.
Es mag sein, daß sich tausend
Rechtfertigungsgründe finden, mit denen man die Tötung eines Patienten zu begründen
sucht. Man wird aber nicht umhinkommen zuzugeben, daß man mit diesen lediglich
das eigene Gewissen zu beruhigen sucht, nicht aber einem etwa unüberwindlichen
Anruf des Gewissens, das zu töten verlangt hätte, gefolgt sei.
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Passive
Euthanasie
Begriffsverwirrung:
Der Begriff `passive Euthanasie@ hat mehr
noch als die sog. aktive Euthanasie eine hundertprozentige Umdeutung erfahren.
Die Unklarheit des Begriffes führt immer
wieder zur Verwirrung und zu einer bedingungsweisen Zustimmung zur Euthanasie.
Damit aber sind dem Morden Tür und Tor geöffnet, wie gerade in Deutschland die
Vergangenheit schmerzvoll gezeigt hat.
Verstand man früher unter passiver
Euthanasie, einen Menschen möglichst sanft und schmerzfrei sterben zu lassen,
ohne dabei in den Sterbeprozeß einzugreifen und den Menschen so bis zu seinem
natürlichen Tod zu begleiten, so verstehen die Euthanasiebefürworter unserer
Zeit unter passiver Euthanasie etwas ganz anderes.
Natürlicher Tod:
Man redet zwar immer noch bei der sog.
"passiven Euthanasie" vom Sterbenlassen, was allerdings tatsächlich
geschieht, ist häufig das Herbeiführen des Todes durch Unterlassung
oder Beendigung einer Hilfe/Behandlung. So wird z.B. Patienten Nahrung,
Sauerstoff oder Medikamente vorenthalten. Behinderte Neugeborene werden im
Kreissaal unversorgt oder gar am offenen Fenster liegen gelassen, und Kinder mit
offenem Rücken oder Hydrozephalus ("Wasserkopf") nicht operiert.
Menschen mit Down-Syndrom (körperlich-geistig-behindert) werden lebensrettende
Herzoperationen verweigert usw.
Die aktive Euthanasie führt den Tod des
Patienten z.B. durch eine Überdosis von Medikamenten herbei.
Die passive Euthanasie führt den Tod
des Patienten durch Nichtbehandlung herbei.
Unterscheidung:
Es gilt die sog. passive Euthanasie von
der echten ärztlichen Sterbebegleitung zu unterscheiden. Während die passive
Euthanasie den Tod des Patienten herbeiführt, wird in der ärztlichen
Sterbebegleitung der Tod des Menschen erwartet, seine Lebensspanne
wird weder künstlich verkürzt noch verlängert. Man wartet mit dem Patienten
auf den natürlichen Tod und versucht, ihn der Menschenwürde gemäß möglichst
schmerzfrei und bei Bewußtsein zu halten. Dieses verantwortliche ärztliche
Handeln der Sterbebegleitung nannte man bis vor wenigen Jahren "passive
Euthanasie" und wird auch heute noch von vielen Menschen so verstanden.
Da aber, wie oben erwähnt, der Begriff
"passive Euthanasie" in den letzten Jahren eine eklatante Umdeutung
erfahren hat, ist es geradezu lebensnotwendig geworden, jedwede Form von
Euthanasie abzulehnen und klare Begriffsunterscheidungen zu treffen.
Wenn zwei das gleiche tun ...
"Wenn zwei das gleiche tun, ist das
nicht dasselbe", sagt ein Sprichwort treffend.
Äußerlich kann die Handlung eines
Arztes, der seinen Patienten im Sterben begleitet, und die eines Mediziners, der
den Tod seines Patienten durch passive Euthanasie herbeiführt, völlig
identisch sein. Maßgeblich ist das Motiv, welches hinter der Entscheidung, eine
Behandlung abzubrechen oder erst gar nicht aufzunehmen, steht.
Gewissenskonflikt:
Kann ein Arzt oder das Pflegepersonal in
der Frage nach der passiven Euthanasie in Gewissenskonflikt kommen?
Nein!
Das Gewissen eines Menschen kann diesem
niemals vorschreiben, den Tod eines anderen herbeizuführen.
Im Übrigen gilt das, was zu dieser Frage
unter dem Stichwort aktive Euthanasie ausgeführt wurde.
Kann aber ein Arzt oder das Pflegepersonal
in Fragen der ärztlichen Sterbebegleitung in Gewissenskonflikte kommen?
Ja!
Insbesondere für den Arzt, der mit der
Behandlung eines Schwerstkranken bzw. Sterbenden betraut ist, können massive
Gewissenskonflikte auftreten, wenn er sich nicht im Klaren darüber ist, ob die
Behandlung nun wirklich noch eine lebenserhaltende bzw. -verlängernde Maßnahme
ist oder, ob lediglich der Sterbeprozeß unterbrochen oder verlängert wird.
Der Katechismus der katholischen Kirche
(2278) sagt hierzu: "Die Moral verlangt keine Therapie um jeden Preis. Außerordentliche
oder zum erhofften Ergebnis in keinem Verhältnis stehende, aufwendige
und gefährliche medizinische Verfahren einzustellen, kann berechtigt
sein. Man will dadurch den Tod nicht herbeiführen, sondern nimmt nur hin, ihn
nicht verhindern zu können. ..." (Anm.: Hervorhebungen durch die
Redaktion).
Der Arzt, der sich vor seinem Gewissen
nicht schuldig machen will, muß in einem echten Gewissenskonflikt bei der Frage
der Weiterbehandlung des Patienten nach Abwägen aller Fakten klar ausschließen
können, daß er den Tod des Patienten absichtlich herbeiführen will (sog.
"Erlösungstod").
Die Frage, ob es "Wert" hat,
einen solchen Patienten (z.B. einen unheilbar kranken oder behinderten Menschen)
weiter zu behandeln, darf, wie Christoph Wilhelm Hufeland, der Leibarzt Goethes
und Schillers im Jahre 1806 feststellte, erst gar nicht Teil der Überlegungen
eines Arztes sein. Ihn hat einzig zu interessieren, ob er das Leben noch - und
wenn es nur für eine Weile ist - erhalten kann oder ob er bereits dabei ist,
den Menschen am Sterben zu hindern.
Im Zweifelsfalle aber muß der Arzt sich
stets für das Leben und für eine Weiterbehandlung entscheiden.
Sicherlich bedarf es gerade hier wieder
des gläubigen Arztes, der in einem solchen echten Gewissenskonflikt vor Gott
dem Schöpfer auf die Knie geht und IHN um Klarheit bittet.
|
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06
- Euthanasie
-
Folge eines
gewandelten Menschenbildes
S. k. H. Dr.
Otto v. Habsburg:
Die im
folgenden wiedergegebene Rede hielt Dr. Otto von Habsburg anlässlich eines
Symposiums zum Thema "Euthanasie" im Europaparlament, das 1993 vom
"Straßburger Gesprächskreis" veranstaltet wurde. Dr. Otto von
Habsburg ist Europa-Abgeordneter in Straßburg und Mitglied im Beirat des
WIESE-Institutes.
Europa - ein
sterbender Erdteil
Ich möchte
hier einige Bemerkungen aus der Perspektive des Politikers zu den Fragen der
Euthanasie und des Lebens machen. Dabei möchte ich davon ausgehen, dass wir,
als Europäer, uns darüber im klaren sind, dass wir ein sterbender Erdteil
sind. Sie brauchen sich nur die Bevölkerungspyramide anzuschauen. Und das alles
ist meines Erachtens die Folge des total gewandelten Menschenbildes.
Gott
spielt keine Rolle mehr
Vor noch
nicht allzu langer Zeit ist in vielen Teilen der Welt der Mensch noch als ein
Geschöpf Gottes betrachtet worden. Wie wenig aber spielt Gott noch eine Rolle
in unserer Gesellschaft? Das bei uns vorherrschende Menschenbild ist lediglich
ein Zerrbild dessen, was es sein soll. In diesem Sinne hängen Abtreibung und
Euthanasie engstens zusammen. Denn der Mensch wird hier als das behandelt, wofür
ihn die Philosophie heute sozusagen betrachtet, nämlich als Gegenstand einer
großen Produktions- und Konsummaschine ohne Seele, ohne die viel höhere Weihe
und Berufung, die tatsächlich dem Menschen gehört.
Ja, ich gehe
sogar soweit: Wenn wir uns mit Recht immer wieder über die Verbrechen des
Nationalsozialismus aufregen und hierüber das Urteil fällen, so möchte ich
doch nur eines dazu sagen: Hitler ist halt 50 Jahre zu früh auf die Welt
gekommen. Heute wäre er Direktor einer Abtreibungsklinik, oder er wäre einer
jener, die die Euthanasie bei uns durchzusetzen versuchen. Daher ist vieles, was
heute über die Vergangenheit gesagt wird, eigentlich doch nichts anderes als
Heuchelei.
Rückkehr
zur Menschenwürde
Meine Damen
und Herren, unsere Zivilisation wird, wenn sie so weitergeht - und das wird gar
nicht mehr sehr lange dauern - verschwinden. Schauen wir nur nach dem, was sich
heute in Bosnien-Herzegowina abspielt, so wissen wir die praktischen Folgen. Die
ethnische Säuberung, die Massenvergewaltigung der Frauen, das alles ist doch
die Folge dieses verfälschten Menschenbildes, das nunmehr bei uns besteht. Das
ist die große Gefahr, die unserem Erdteil droht. In diesem Sinne glaube ich,
dass es in Wirklichkeit nur eine ganz wesentliche Sache gibt, um dieses Europa
und diese Zivilisation von einer ansonsten drohenden Katastrophe zu retten:
Wieder zurückzukehren zum richtigen Menschenbild. Also dem Menschen wieder
seine inhärente Würde zuzugestehen, die man ihm heute in unserer Gesellschaft
zunehmend abspricht.
Bald entscheiden Gremien
Man braucht
sich nur die Gedanken von Prof. Schwarzenberg anzuschauen, der Mitglied des
Europäischen Parlamentes ist, um zu wissen, wo dies alles hinführt. Er
betrachtet ja auch schon den Menschen nur mehr als einen Gegenstand, auch wenn
er heute noch sagt, dass der Kranke selbst erklären muss, ob er umgebracht
werden will oder nicht.
Ich habe den
Hintergrund dieser Politik verfolgt. Ich bin der Überzeugung, dass, ist die
Euthanasie erst einmal eingeführt, sehr bald ein Gremium gebildet wird, welches
dann über Leben und Tod entscheidet. Wir werden dann langsam und sicher zu
jener Vernichtung des so genannten lebensunwürdigen Lebens kommen, die eben am
Anfang dieser letzten Phase unserer Entwicklung im Dritten Reich durchgeführt
worden ist.
Und in
diesem Sinne glaube ich, dass es unsere ganz wesentliche Aufgabe ist, für die Würde
des Menschen zu kämpfen.
Christus im
Zentrum
Ich bin in
meinem Leben sehr viel in der Welt herumgekommen, und ich kann Ihnen nur sagen,
allein schon unser Straßenbild zeigt, was unsere Zivilisation ist. Schauen Sie,
wenn Sie aus Europa weggehen, was finden Sie in den Städten? Städte, die
entweder durch Großbanken beherrscht sind oder durch irgendwelche
Verwaltungssilos. Bei uns sind noch die Kathedralen im Zentrum, da ist noch die
Seele und der Geist im Zentrum. Und das ist das Eigentliche, das wir hier zu
verteidigen haben.
Christus
allein ist Richter
Ich möchte
hier Ihre Zeit nicht weiter in Anspruch nehmen, ich weiß, dass Sie
weiterarbeiten wollen, ich wollte nur diese Gedanken bei Ihnen lassen, denn für
mich als Politiker ist dies das Zentralproblem. Wir müssen dem Menschen seine Würde
als Geschöpf Gottes wieder zugestehen, und das ist die Problematik, in der
Frage der Abtreibung genauso wie in der Frage der Euthanasie.
Und
vielleicht ist es symbolisch, dass dieses Problem sich am Anfang und am Ende des
Lebens zeigt, dass es sozusagen das ganze Leben umfasst. Schließlich wissen wir
ja, der entscheidende Tag in unserem Leben ist doch der letzte Tag. Er ist und
bleibt der Höhepunkt, denn da werden wir Rechenschaft ablegen über das, was
wir getan haben. Solange wir leben, können wir immer wieder alles korrigieren.
Der Tod allerdings ist endgültig, da haben wir alle einzeln Rechenschaft
abzulegen, und darum ist es ja auch so wichtig, dass wir uns mit diesem Problem,
gerade in der Perspektive des Lebens, gerade in der Perspektive der Aktualität
befassen.
Wir sind
zwar heute eine Minderheit in diesem Parlament, aber wir werden alles tun, um
aus dieser Minderheit einmal eine Mehrheit zu machen. Jedenfalls werden wir
alles tun, um zu verteidigen, was unser gemeinsames Ideal ist. Ich danke Ihnen.
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05
Schweiz:
Jedem zweiten Todesfall geht \'Sterbehilfe\' voraus
Erschreckende Zahlen präsentiert eine in
mehreren Ländern der EU durchgeführte Studie, in der insgesamt 20.000 Ärzte
befragt wurden.
Schweiz (www.kath.net) Jedem zweiten Todesfall
in der Schweiz geht eine Form von Sterbehilfe voraus. Das ergab eine EU-Studie,
die in Belgien, Dänemark, Holland, Italien und Schweden erstmals die Häufigkeit
der Sterbehilfe-Formen untersuchte und insgesamt 20.000 Ärzte befragte. In 420
Fällen pro Jahr - ein Prozent aller Todesfälle - leisten Ärzte an Patienten
aktive Sterbehilfe, die in der Schweiz illegal ist. 180 Patienten würden auf
Verlangen und 240 ohne deren ausdrücklichen Wunsch getötet; oft gehe es nur um
eine geringe Lebensverkürzung, meinte der Rechtsmediziner Walter Bär am
Mittwoch laut Bericht im Tages-Anzeiger. In welchem dieser Fälle eine strafbare
Handlung vorliege, könne nicht pauschal beurteilt werden.
In jedem vierten Fall - bei 28 Prozent - wird
die sogenannte „passive Sterbehilfe“ praktiziert, bei der auf
lebenserhaltende Maßnahmen verzichtet wird. Die katholische Kirche sagt seit 50
Jahren, der Verzicht auf unnötig verlängernde Maßnahmen zur Lebensverlängerung,
dieser Verzicht ist nicht nur erlaubt, sondern auch geboten, meinte der Theologe
Christian Kiesling laut Bericht von Radio Vatikan. Wir haben heute eine über-technisierte
Medizin, wir setzen so viele Maschinen in der Behandlung von kranken und
sterbenden Menschen ein, dass wir einen Menschen, wenn es mit seinem Leben zu
Ende geht, nicht in Ruhe sterben lassen.“ Erschreckend hoch sind auch die
Zahlen bei der sogenannten Beihilfe zum Selbstmord, die in der Schweiz straffrei
ist. 300 Fälle - 0,4 Prozent aller Todesfälle - soll es jährlich geben.
Quelle: KATH.NET 20.
06. 2003
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04
Behinderte - Opfer der Spaßgesellschaft
Abtreibungsdebatte. Eine Stellungnahme zu dem
neuesten BGH-Urteil, das ein behindertes Kind zum "Schadensfall" erklärt.
Eugenik bereits gängige Praxis
Der Bundesgerichtshof hat am 18. Juni ein Urteil bestätigt, wonach eine Ärztin
Unterhalt für ein schwer behindertes Kind zahlen muß, weil sie die
Fehlbildungen während der Schwangerschaft nicht erkannte. Bei Kenntnis der
Behinderung hätte sich die Mutter für einen rechtlich zulässigen
Schwangerschaftsabbruch entschieden.
Wer soll in dem Streitfall um den Schadenersatz für ein behindertes Kindes
eigentlich "schuldig" gesprochen werden? Der Bundesgerichtshof wegen
seiner Anwendung unseliger, aber geltender Gesetze? Die Eltern, die eine Möglichkeit
sehen, benötigtes Geld für den Unterhalt ihres Kindes zu erhalten? Die Ärztin,
die die Eltern nicht über die Schäden des Ungeborenen informierte, das schließlich
schwerbehindert auf die Welt kam, anderenfalls aber abgetrieben worden wäre?
Es gab viele kluge Kommentare zu diesem Vorfall. Einige nehmen den BGH in
Schutz und sagen, es handele sich um kein Grundsatzurteil zur Sache selbst,
sondern nur um eine "juristische Kategorie des Arzthaftungsrechtes",
also um keine Tatsachenfeststellung zur Menschenwürde.
Viele haben das Urteil scharf kritisiert, vor allem die Bundesärztekammer.
Mit dieser Art Rechtsprechung werde indirekt die Abtreibung behinderter Kinder
als Instrument propagiert. "Dieses Verständnis von Beliebigkeit
menschlichen Lebens steht im krassen Gegensatz zum ärztlichen Berufsethos und
den Wertvorstellungen einer humanen Gesellschaft", so BÄK-Präsident
Hoppe.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der
Enquete-Kommission Recht und Ethik der modernen Medizin, Hüppe, ist der
gleichen Auffassung. Das Urteil diskriminiere alle Menschen mit Behinderungen
und setze Ärzte einem Druck zur Selektion aus, der mit ärztlicher Standesethik
nicht vereinbar sei. Denn der "Schadensfall Kind" hätte sich nur
durch die vorgeburtliche Tötung des Kindes vermeiden lassen.
Alle diese Argumente sind vollkommen zutreffend, und dennoch fehlt etwas bei
diesen plötzlichen Empörungen. Angesichts der Tatsache, daß schon jahrelang
in voller Absicht und Überzeugung die Zuggeleise auf Konfrontationskurs
gestellt sind bzw. dieses Tun untätig beobachtet wurde, darf man sich nicht
wundern, wenn es eines Tages "kracht". Nicht nur die obersten Richter
des BGH sind längst dem Zeitgeist verfallen. Schwerwiegender noch ist der
Umstand, daß in der Abtreibungsgesetzgebung das Töten von Menschen zwar
formell als Unrecht bezeichnet wurde, aber dennoch umfassend rechtlich geordnet
und weitgehend sozialstaatlich gefördert wird. Wenn aber ein Unrecht wie Recht
behandelt wird, hinterläßt das seine Spuren im Rechtsbewußtsein der Bevölkerung,
die durch genügenden Druck zuvor ein gut Stück selbst dazu beigetragen hat, daß
diese Gesetze überhaupt von den Politikern akzeptiert und in Gesetze gegossen
wurden.
Unser Grundgesetz ist längst zur Farce verkommen, wenn es die Interessen
einzelner dem Lebensrecht und -schutz aller vorzieht. Und es gibt wohl kein
Thema im Deutschen Bundestag, das so hartnäckig gemieden wird wie das Thema
Abtreibung. Selbst bei offensichtlichsten Fehlentwicklungen schauen die meisten
angestrengt weg - man will es mit dem Wähler nicht verderben.
Zur Erinnerung: Der Gesetzgeber hatte 1995 die sogenannte "eugenische
Indikation" abgeschafft, wonach ein behindertes Ungeborenes "nur"
bis zur 22. Schwangerschaftswoche abgetrieben werden durfte. Das Wort
"eugenische Indikation" diskriminiere die behinderten Menschen, hieß
es. In unglaublicher Naivität feierten fast alle Beteiligten (politische,
kirchliche und selbst Behindertenverbände) den Wegfall der "eugenischen
Indikation", die nunmehr in die "medizinische Indikation"
integriert wurde. Der "Preis" dafür war aber der eigentliche
Dammbruch: Seither ist nämlich die Abtreibung in solchen Fällen - ohne
Beratungspflicht - praktisch bis kurz vor der Niederkunft möglich!
Natürlich hat Ärztekammerpräsident Hoppe recht, wenn er beklagt, daß
gerade das jüngste Urteil als Instrument zur Aussonderung behinderter Menschen
"mißbraucht" würde. Hoppe weiß aber auch, daß wir schon lange in
einem eugenisch geprägten Staat leben, in dem Schwerkranken die notwendigen
Mittel verweigert werden und die Pränataldiagnostik nicht zum Wohle des Kindes,
sondern zum Auffinden von Behinderungen, mit anschließendem Todesurteil, mißbraucht
wird. Wir leben schon lange in einem eugenisch geprägten Staat, der nachweisbar
sogar das Kindereuthanasieprogramm der Nazis (das übrigens von den Eltern
gestoppt wurde) in den Schatten stellt. Er weiß, daß die Dämme längst
gebrochen sind, ob bei "teuren Kranken" oder Ungeborenen. Und er weiß
auch, daß dabei der Geldaspekt - oder soll man besser "Spareffekt"
sagen? - eine immer wichtigere Rolle spielt.
Und auch Kardinal Meißner liegt richtig, wenn er moniert, das Grundgesetz
sei bei den Richtern nicht mehr in guten Händen, weil sie das Recht nicht mehr
zum Schutze der Schwächsten anwendeten. Natürlich diskriminiert das Urteil
behinderte Menschen - so sie denn überhaupt noch geboren werden und ihre
weitere Entwicklung überleben. Und das Urteil setzt besonders die Ärzteschaft,
sofern sie dieses "Spielchen" denn mitspielt und sich ihm nicht von
vornherein entzieht, einem noch größeren Druck zur Selektion aus.
Das naheliegende Druckmittel in diesem Fall ist das Arzthaftungsrecht. Ursprünglich
gedacht, um bei Kunstfehlern und einer falschen Beratung Schäden zu regulieren,
wird es nun wohl immer häufiger mißbraucht werden. So mancher Arzt wird wohl
nun bei der geringsten diagnostischen Unsicherheit oder bei kleinstem Verdacht
auf Unstimmigkeiten zum Schwangerschaftsabbruch raten.
Und nun? Die Karre ist gründlich in den Dreck gefahren, und es reicht nicht,
Sonntagsreden zu halten, seine Empörung auszudrücken und sich dann wieder dem
Tagesgeschäft zuzuwenden. Sollen wir wieder einmal an die Menschenwürde und
die Heiligkeit menschlichen Lebens erinnern? Sollen wir zum zigsten Mal
detailliert nachweisen, welche Art Dammbruch sich aus der Abtreibungsdebatte der
letzten Jahre entwickelt hat?
Wir werden dies nicht tun. Jedem ist die Gabe des Nachdenkens gegeben, und
jeder kann sich, sofern er es will, selbst aus dem Zustand der Lethargie wachrütteln.
In Deutschland wird ganz offen oder verdeckt Eugenik betrieben - und das ganze
Land schläft. Ist das eine Welt, in der man weiter ungerührt leben, seinen
Kindern Werte vermitteln und selbst alt werden will?
Die meisten werden sich in die Brust werfen und sagen, damit haben wir nichts
am Hut, wir bringen niemanden um. Dann vielleicht etwas Persönlicheres:
Versetzen Sie sich einmal in die (nicht erfundene) Situation, wo Ihnen Ihr Arzt
die Diagnose eröffnet und in den allerersten Worten sagt: "Sagen Sie
niemandem, daß Sie an dieser Krankheit leiden. Dafür wurden Menschen bei den
Nazis umgebracht. Viele Leute denken leider heute immer noch so."
Könnten Sie das jemals vergessen, würde Sie das "kalt" lassen?
Niemand sollte denken, bei dem jüngsten BGH-Urteil gehe es doch "nur"
um Ungeborene? Ja, es geht dort um Ungeborene, doch der Geist dieses Urteils war
bereits im BGH-Grundsatzurteil vom 13.9.94 angelegt, demzufolge erstmals
lebenserhaltende Maßnahmen auch bei Nichtsterbenden eingestellt werden durften.
Im damaligen Fall ging es um eine komakranke Frau, der die Nahrung verweigert
werden sollte.
Wir kommentierten damals in unserem Offenen Brief Nie wieder Euthanasie!:
"Die Zeiten, in denen aufgrund der Euthanasiegreuel der Nazis noch öffentlich
Zurückhaltung geübt wurde, scheinen vorbei zu sein."
Wir sollten leider recht behalten. Heute gibt es nur noch zwei Möglichkeiten:
Entweder man lenkt sich irgendwie ab und hofft, daß am nächsten Morgen
"schon alles anders aussieht" und "nichts so heiß gegessen wird,
wie es gekocht wird"; oder man setzt sich mit der ganzen Frage Euthanasie
und Menschenwürde noch einmal grundsätzlich auseinander. Setzen Sie sich an
den Computer und lesen Sie auf unserer Internetseite club-of-life.de, was
wir in den letzten Jahren zu diesem Thema gesagt haben!
Wenn Ihr Gewissen nicht vollkommen ein Opfer der Spaßgesellschaft geworden
ist und Sie die Entwicklung der letzten fünf Jahre auch nur ein wenig verfolgt
haben, muß hier nicht länger erklärt werden, warum Abtreibung oder Euthanasie
dem Menschen höchst unwürdig sind, sich gegenseitig bedingen und immer neue
und abstrusere Formen der Mißachtung der Menschenwürde nach sich ziehen.
An diese Menschen wenden wir uns. Wer es tatsächlich ernst meint, wird spätestens
jetzt gegen diese Barbarei aufstehen und geeignete Schritte unternehmen, daß
das BGH-Urteil in der Gesellschaft zumindest folgenlos bleibt. Die ärztliche
Verweigerung am Kranken- oder Untersuchungsbett, das Gespräch mit den Eltern,
die Forderung der Lobbyverbände nach ausreichender Unterstützung von
finanziell und kräftemäßig überforderten Eltern, die Erleichterung der
Adoption - auch von solchen Adoptionseltern, die sich zutrauen, selbst
schwerbehinderte Kinder großzuziehen - all dies wird mehr bewirken als nur
wortreiche Proteste. Und daß der Paragraph 218 dringend wieder aufgerollt
werden muß, ist eine Binsenweisheit. Dazu braucht es den Willen der Bevölkerung
- Ihren Willen. Mit der nötigen Ernsthaftigkeit wird dabei der Blick auf die
Schöpfung, den Menschen und den Staat grundsätzlich neu ausfallen.
Jutta Dinkermann
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03
Die Euthanasie-Debatte rollt
an
Der Nationale Ethikrat streitet über die
Zulassung „aktiver Sterbehehilfe“. Forderungen nach einer Auseinandersetzung
mit den Sterbehilferegelungen anderer Länder werden immer lauter. Doch eine jüngst
veröffentlichte Studie präsentiert erstmals Zahlen und Fakten der
Euthanasieproblematik im internationalen Vergleich. Die Ergebnisse sind
erschreckend und aufschlussreich.
Eine Legalisierung der so genannten „aktiv en
Sterbehilfe“ soll nach dem Willen ihrer Befürworter einen Beitrag zu mehr
Selbstbestimmung am Lebensende leisten. Dies war jedenfalls das Leitmotiv der
Gesetzgebungsakte in den Niederlanden (2001) und Belgien (2002). Auf diese
beiden Länder verwies kürzlich auch die Vorsitzende Richterin am
Bundesgerichtshof Meo-Micaela Hahne, als sie sich in einem Interview mit der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ – vorsichtig – eine
„Auseinandersetzung mit Sterbehilferegelungen in anderen europäischen Ländern“
wünschte. Noch wesentlich direkter forderte der Philosoph Volker Gerhardt auf
einer Sitzung des Nationalen Ethikrates vor zwei Wochen die gesetzliche
Zulassung der aktiven Sterbehilfe (siehe DT vom 29. Juli).
„Sterbehilfegesetze“ als Königsweg?
Dass liberale „ Sterbehilfe“-Regelungen
nicht notwendigerweise die Achtung vor sterben den Menschen fördern, zeigen
neueste Untersuchungsergebnisse im europäischen Vergleich. Länder mit freizügigen
Regelungen wie Belgien, Holland und die Schweiz weisen einen durchaus hohen
Anteil an Patiententötungen ohne deren explizite Einwilligung auf. Dieser
Befund stützt sich auf ein internationales Forschungsprojekt, an dem fünf EU-Länder
(Belgien, Dänemark, Italien, die Niederlande, Schweden) sowie die Schweiz
beteiligt sind. Es trägt den offiziellen Titel: „Medizinische Entscheid ungen
am Lebensende: Einstellungen und Praktiken in sechs europäischen Ländern“,
kurz: EURELD-Projekt („European End-of-Life Decisions Proje ct“). Die
Initiative zu dem Projekt, das innerhalb des 5. Rahmenprogramms der Europäischen
Union durchgeführt wurde, kam aus den Niederlande n; in Rotterdam befindet sich
auch das Koordinationszentrum. Verantwortlich für das Unternehmen zeichnet ein
16-köpfiges Konsortium von Wissenschaftlern aus den beteiligten sechs Staaten.
Die Untersuchung glied ert sich in zwei Teile: die „Todesfallstudie“ und die
„Ärztestudie“. Erstere wurde im Jahr 2001 durchgeführt und ermittelte –
streng quantit ativ – Häufigkeit und Hauptmerkmale der angewandten
Sterbehilfemaßnahmen. Die Datenerhebung der Studie 2, also der Ärztestudie,
erfolgte 20 02 und befragte Fachärzte anhand konkreter Fallbeispiele nach ihrer
Einstellung zu verschiedenen Formen der Sterbehilfe. Allen Befragten wurde
strikte Anonymität zugesichert.
Erste Ergebnisse des Projekts konnte kürzlich
die in London erscheinende Fachzeitschrift „The Lancet“, die in
Medizinerkreisen hohes Ansehen genießt, der Öffentlichkeit präsentieren. Es
handelt sich dabei um die Auswertung der Todesfallstudie. Deren Hauptaugenmerk
gilt zum einen der Häufigkeit der einzelnen Form n der „Sterbehilfe“ und
zum anderen der Frage, inwieweit die Betroffenen in den Entscheidungsprozess
einbezogen wurden. Die Bezeichnung „medizinische Entscheidungen am
Lebensende“ dient als Oberbegriff für fünf verschiedene Typen ärztlicher Maßnahmen:
Euthanasie (Tötung auf ausdrückliches Verlangen des Patienten); ärztlich
assistierter Suizid; Lebensbeendigung ohne ausdrückliche Einwilligung des
Patienten; Schmerzbehandlung mit möglicher lebensverkürzender Wirkung;
Behandlungsverzicht beziehungsweise -abbruch. Diese Terminologie folgt den
niederländisch en Definitionen und vermeidet die sonst gebräuchliche
Begrifflichkeit von aktiver und passiver, direkter und indirekter Sterbehilfe.
„Die Vermeidung von konkreten Begriffen ist
notwendig, damit die Befragten keine moralischen Vorentscheide treffen, ohne
diese darlegen zu könne n“, erläutert Karin Faisst vom Institut für Sozial-
und Präventivmedizin in Zürich, das zusammen mit dem Institut für
Rechtsmedizin für die Durchführung der Untersuchung in der Schweiz
verantwortlich ist.
Die enorm angewachsenen Möglichkeiten der
Lebensverlängerung, über welche die Medizin heute verfügt, erfordern in einer
Vielzahl von Fällen eine bewusste Entscheidung für das Lebensende eines
terminalkranken Patienten. Die Häufigkeit solcher medizinischer Entscheidungen
variierte laut EURELD-Studie zwischen 23 Prozent aller Todesfälle in Italien
und 51 Prozent in der Schweiz. Im Einzelnen zeigten sich starke Schwankungen bei
Therapieverzicht bzw. -abbruch („passive Sterbehilfe“): Diese Art
medizinischer Entscheidung war vier Prozent der Sterbefälle in Italien
vorausgegangen, während es sich in der Schweiz um 28 Prozent handelte. Bei den
Todesfällen nach einer Schmerzbehandlung mit möglicher lebensverkürzender
Wirkung („indirekte Sterbehilfe“) unterschieden sich die einzelnen Länder
weniger stark: zwischen 19 Prozent in Italien u nd 26 Prozent in Dänemark.
„Aktive Sterbehilfe“ in allen Ländern
Besondere Aufmerksamkeit kommt hinsichtlich der
aktuellen Sterbehilfedebatte der Kategorie „medizinisch assistiertes
Sterben“ zu, mit anderen Worten „aktive Sterbehilfe“. Hier stehen die
Niederlande an der Spitze mit 3,4 Prozent aller Todesfälle, gefolgt von Belgien
(1,82 Prozent ) und der Schweiz (1,04 Prozent); das Ende der Skala bildet
Italien (0 ,1 Prozent). „Aktive Sterbehilfe“ wird also in allen europäischen
Ländern geleistet, auch wenn sie in den meisten Ländern gesetzlich verboten
ist. Zum Zeitpunkt der Befragung (2001) war das niederländische
Euthanasiegesetz bereits verabschiedet, aber noch nicht in Kraft getreten;
Euthanasie wurde allerdings schon seit Jahren unter analogen Bedingungen
toleriert. In Belgien zeichnete sich die gesetzliche Liberalisierung zu dieser
Zeit bereits ab. In der Schweiz ist die Tötung auf Verlangen zwar strafbar,
Beihilfe zum Suizid ist hingegen seit 1942 legal – diese Rechtslage bietet die
Grundlage für das starke Engagement so genannter
„Sterbehilfeorganisationen“ in der Schweiz (erst neuerdings verpflichtet
eine Richtlinie der Schweizer Akademie für Medizinische Wissenschaften auch Ärzte
zur Mitwirkung an der Suizidbeihilfe).
Die Kategorie des medizinisch assistierten
Sterbens wird ihrerseits nochmals differenziert in Euthanasie, medizinisch
assistierter Suizid und Lebensbeendigung ohne ausdrücklichen Wunsch.
Euthanasie, das heißt Tötung a uf Verlangen, wird der EURELD-Studie zufolge am
häufigsten in den Niederlanden praktiziert (2,59 Prozent aller Todesfälle), es
folgen mit Ab stand Belgien (0,3 Prozent) und die Schweiz (0,27 Prozent); aus
Schweden wurde kein einziger Fall gemeldet. Beim assistierten Suizid hingegen
liegt die Schweiz mit 0,36 Prozent aller Todesfälle an der Spitze (i n 92
Prozent dieser Fälle war eine Sterbehilfeorganisation wie „Exit“, „Dignitas“
oder „Suizidbeihilfe“ beteiligt); kein einziger Fall wurde aus Schweden und
Italien gemeldet.
Frappierend sind schließlich die Erkenntnisse
über die Tötung nicht einwilligungsfähiger Patienten: Diese Art der
„Sterbehilfe“ wurde bei 1,5 Prozent aller Todesfälle in Belgien
praktiziert, bei 0,67 Prozent in Dänemark, bei 0,6 Prozent in den Niederlanden,
bei 0,42 Prozent in der Schweiz, bei 0,23 Prozent in Schweden und bei 0,06
Prozent in Italien. Ein Vergleich zeigt, dass in den untersuchten Ländern die Tötung
ohne Einwilligung häufiger praktiziert wird als die Tötung auf Verlangen (eine
Ausnahme bilden allein die Niederlande)! Diese Zahlen unterstreichen einerseits,
dass in Sachen Patientenautonomie europaweit Nachholbedarf besteht. Weiterhin
widerspricht der hohe Anteil nichtfreiwilliger Patiententötungen auch in jenen
Ländern, die sich einen freizügigen Umgang mit der aktiven Sterbehilfe angewöhnt
haben, diametral der Behauptung, dass eine liberalere Regelung notwendigerweise
zu einem „selbstbestimmten Lebensende“ beitrage.
Interessante Einblicke gewährt die Studie
schließlich in die Kommunikation zwischen den Beteiligten. Zunächst betreffen
medizinische Entscheidungen am Lebensende in ihrer Gesamtheit häufiger
entscheidungsunfähige Patienten als entscheidungsfähige – dies gilt
ausnahmslos für alle untersuchten Länder. In Ländern wie Schweden oder
Italien trifft der Arzt medizinische Entscheidungen in mehr als der Hälfte der
Fälle , ohne sie mit dem Patienten oder seinen Angehörigen zu besprechen; dies
betrifft einwilligungsfähige wie nicht einwilligungsfähige Patienten
gleichermaßen. In Ländern, die eine höhere Rate an medizinischen
Entscheidungen am Lebensende aufweisen (die Niederlande, die Schweiz), werden
Patienten und Verwandte insgesamt offenbar stärker in die Entscheidungsfindung
einbezogen.
Beliebte Behauptungen werden endgültig
widerlegt
Insgesamt strebte die länderübergreifende
Todesfallstudie eine Untersuchung von 30000 Todesfällen an. Die Antwortquote
aus den einzelnen Ländern betrug zwischen 75 Prozent (Niederlande) und 44
Prozent (Italien), so dass letztlich 20480 Fälle untersucht werden konnten.
Nicht alle Länder konnten flächendeckend untersucht werden: In Belgien beschränkte
sich die Untersuchung auf Flandern, in der Schweiz auf den deutschsprachigen
Teil, in Italien auf vier Regionen. Die Autoren sind dennoch überzeugt, mit
ihrer Studie verlässliche Daten zur Situation der Sterbehilfe in den
betreffenden Ländern zu liefern; die teilweise geringen Rücksenderaten und
regionalen Beschränkungen könnten allerdings – auch nach Ansicht der Autoren
– die Ergebnisse beeinträchtigt haben. Im Übrigen stellt sich die Frage, ob
sich alle Ärzte (trotz Zusicherung der Anonymität) zu ihrem Verhalten bekannt
haben – was etwa das „Deutsche Ärzteblatt“ bezweifelt.
Die vorliegende Studie präsentiert erstmals
Zahlen und Fakten der Euthanasieproblematik im internationalen Vergleich und dürfte
damit Anstöße für die weitere Debatte liefern. An dieser Untersuchung lässt
sich ablesen, dass in Sachen Patientenautonomie noch immer großer Nachholbedarf
besteht. Sie widerlegt sodann die Behauptung, liberale Sterbehilfegesetze
eigneten sich als Königsweg zu einem „selbstbestimmten Sterben“.
Man wird auf die Auswertung von Teil 2 des
Projekts gespannt sein dürfen; die Ergebnisse der „Ärztestudie“ werden
voraussichtlich gegen Ende des Jahres publiziert werd en. Diese soll Aufschluss
über Werteinstellungen und Verhaltensabsichten von Ärzten im Umgang mit
Sterbenden geben; auch die Rolle der Religion ist ein Aspekt der Untersuchung.
Im Internet kann Teil 1 der EURELD-Studie unter
„http://image.thelancet.com/extras/03art3298web.pdf“ abgerufen werden.
Quelle:
"Die Tagespost" 9.8.2003
von
Guntram Förster
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02
Bahn
frei für den Mord an lebensunwürdigen Behinderten
Angeblich arbeitet die niederländische Justiz gegenwärtig
daran, die Tötung von behinderten Babys zu legalisieren. Im
Zuge einer Gesetzesnovelle wird deshalb auch deren
Spätabtreibung erlaubt werden.
(kreuz.net,
Den Haag) In den Niederlanden soll ein Gesetz zur Tötung
lebensunwerter Babys in Arbeit sein. Dies berichtete die
niederländische Tageszeitung ‘NRC Handelsblad’ am gestrigen
Dienstag.
Damit wird ein Antrag von niederländischen Todesärzten vom
März diesen Jahres in die Tat umgesetzt.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, Babys, die an einer unheilbaren
oder – wörtlich – „unerträglichen“ Krankheit leiden, legal
auszumerzen.
Zwischen einem ungeborenen und geborenen Kind wird dabei kein
Unterschied mehr gemacht: Auch die Kinderabtreibung nach der
24. Woche soll im Zuge der Novelle erlaubt sein, wenn ein
passendes Krankheitsbild vorliegt.
Todesärzte aus der nordniederländischen Stadt Groningen
stellten den Antrag auf legale Kindstötung Mitte März,
nachdem sie bekannt gemacht hatten, die Hilflosentötung
schon seit geraumer Zeit ohne entsprechende rechtliche Deckung
an neugeborenen behinderten Kindern durchzuführen.
Die Todesärzte verlangen in ihrer Petition an das Parlament
einen „ehrlichen Umgang“ mit den „unerträglichen“ Leiden
behinderter Neugeborener. Diese Kinder hätten keine Hoffnung
auf eine Zukunft.
Qualvolle Leiden würden auf sie zukommen, schreiben die Ärzte
beschwörend.
Die Petition fordert, die Ermordung lebensunwürdiger Kinder zu
legalisieren. Deren Eliminierung soll künftig nicht mehr der
Justiz, sondern einer Kommission aus Kinderärzten, Gynäkologen
und Richtern gemeldet werden müssen.
Laut dem „NRC Handelsblad“ gestanden die Kindertöter von
Groningen die Ermordung von 22 behinderten Neugeborenen
zwischen den Jahren 1997 und 2004 ein. Es wurde nicht klar,
wegen welcher Krankheitsbilder diese Säuglinge nachgeburtlich
entsorgt wurden.
Von rechtlichen Maßnahmen gegen die Groninger Kindertöter
durch die niederländische Justiz wurde bis dato nichts
bekannt.
Kritiker der Vorlage, stellen klar, daß es eine Frage der Zeit
sei, bis ein mit Hasenscharte geborenes Kind aufgrund des
zukünftigen niederländischen Euthanasiegesetzes von
Todesärzten ausgemerzt wird.
Schon jetzt zählt die Hasenscharte in vielen Ländern zu jenen
Behinderungen, welche die Abtreibung eines Kindes
rechtfertigen.
Quelle: kreuz.net 21.09.2005
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Unklares Recht
rächt sich
Von Georg Paul Hefty
21. Oktober 2005 Wann,
wenn nicht in den Verhandlungen über die Bildung
einer Regierungskoalition, können Politiker
Grundsätzliches klären und Beschlüsse fassen,
die wenigstens bis zum Ende der Wahlperiode ihre
Verbindlichkeit behalten sollen? Nicht nur eine
Möglichkeit, sondern geradezu eine Pflicht ist
die Klärung von Grundsatzfragen im Falle einer
großen Koalition, deren Mehrheit so dominant
ist, daß sie aus eigener Kraft sogar die
Verfassung ändern kann. Da gibt es keine
Ausflüchte für das Nichterledigen von Aufgaben:
Am Ende der Legislaturperiode wird die Republik
so aussehen, wie die beiden großen Volksparteien
sie - eingestandener- oder uneingestandenermaßen
- haben wollen oder wie sie diese zu gestalten
fähig sind.
In der
Arbeitsgruppe Justiz, die im Namen der Union von
dem Innenpolitiker Bosbach und im Auftrag der
SPD von der amtierenden und wohl auch künftigen
Bundesjustizministerin Zypries geleitet wird,
müssen daher auch Festlegungen zur Sterbehilfe
im weitesten Sinne des Wortes vorbereitet und
dann von den Führungen der beiden Parteien
getroffen werden. Das Vorpreschen des Hamburger
Justizsenators Kusch (CDU) hat gezeigt, daß jede
bundespolitische Unentschlossenheit, und sei sie
wegen des Übergangs von einer Wahlperiode in die
nächste lediglich formaler Natur, von
verschiedenen Kräften genutzt wird, um Stimmung
für einschneidende gesellschaftliche und
letztlich (verfassungs)rechtliche Veränderungen
zu machen. Diesmal ist es der Ruf nach der
Zulassung aktiver Sterbehilfe - die Debatte über
das Für und Wider der passiven Sterbehilfe
scheint damit schon abgeschlossen, weil überholt
zu sein. Dabei ist die rechtliche
Verbindlichkeit von Patientenverfügungen mit der
Aussage: "Ich möchte nicht endlos künstlich am
Leben gehalten werden" bisher noch gar nicht
geregelt. Jetzt geht es bereits um
Patientenverfügungen mit dem Wortlaut: "Ich
möchte bei Schmerzen, die ich oder meine
Umgebung nicht ertragen kann, getötet werden."
Doch die Forderung
des Justizsenators, den noch niemand gefragt
hat, ob er sie mit seinem Ersten Bürgermeister
von Beust (CDU) abgesprochen hatte, ist
zielgenauer. Im Unterschied zu den Bürgern, die
laut einer Blitzumfrage, bei der nicht nur die
Fragen, sondern auch die Antworten schnell
vonstatten gehen, zu 74 Prozent die aktive
Sterbehilfe einfach bejahen, weiß der
Justizpolitiker, daß es mit der Nachsicht des
Staates für "Tötungen auf Verlangen" nicht getan
ist. Der Rechtsstaat könnte einen von ihm
legalisierten Anspruch auf aktive Sterbehilfe
nicht mit dem Hinweis abschließen, das übrige
regele der Markt. Sollen nicht die ganze Moral
des Staates verlottern und damit Verfassung samt
Strafrecht abgewertet werden, dann dürfte er die
Patienten mit ihren Todeswünschen nicht
einzelnen ambulanten "Erlösern" oder
kommerzialisierten Spezialkliniken überlassen.
Der gesellschaftliche Prozeß, der vor drei
Jahrzehnten mit den Anzeigen "Mein Bauch gehört
mir" angefangen und von den verschiedensten
Gruppen aus Gründen der politischen Beliebtheit
oder auch des finanziellen Gewinns
vorangetrieben und dann zwar gesetzgeberisch
kanalisiert wurde, aber das Rechtsempfinden
unwiederbringlich verändert hat, darf sich nicht
zu Lasten einer neuen Art von vermeintlich
lebensunwertem Leben wiederholen.
Die damalige
Rechtsverunklarung ("rechtswidrig, aber
straffrei") droht sich jetzt fortzusetzen -
oder zu rächen, wenn man so will. Kusch
sagt: "Bei der Abtreibung wird das Rechtsgut
Leben des Kindes unter bestimmten Bedingungen
dem Rechtsgut der Autonomie der Schwangeren
untergeordnet. Nichts anderes möchte ich bei der
Änderung der Tötung auf Verlangen auch
einführen." Im Fall der
Abtreibung ist der Sieger der
Rechtsgüterabwägung jedoch der Überlebende - bei
der aktiven Sterbehilfe wäre es bei
vordergründiger Betrachtung hingegen der Tote.
Auch gibt es bei der Sterbehilfe eigentlich
keine "Mutter" - oder doch? Es ist zumindest
kein allzu großer Gedankensprung, in dieser
Rechtsposition die bis an die Unerträglichkeit
belasteten Verwandten und - wenn sich das
Generationenverhältnis endgültig verkehrt haben
sollte - die ganze Gesellschaft einschließlich
der Kranken- und Pflegekassen zu sehen. Die
Tötung von Nichtsterbewilligen in den
Niederlanden durch Kommissionsbeschluß ist an
der Wirklichkeit der beratenen Fristenregelung
näher dran, als es der ganzen deutschen
Gesellschaft lieb ist.
Kusch irrt auch
dort, wo er die einfache Veränderung des
Paragraphen 216 anstrebt. Ein geordnetes
Verfahren der aktiven Sterbehilfe durch den Arzt
- und die ist es doch, welche einzelne Patienten
sich vermutlich vorstellen - bedürfte mindestens
so vieler strafrechtlicher Einzelregelungen wie
die Paragraphen 218 a, b, c sowie 219 und 219 a
zusammen. Was unter dem Stichwort
"Selbstbestimmung des Patienten" verkündet wird,
ist nämlich nichts anderes, als die
Inpflichtnahme des ärztlichen Berufsstandes -
aus der Sicht der meisten Angehörigen dieses
Berufes sogar eine Pervertierung ihrer
Profession.
Die
Verhandlungsführer der beiden Koalitionspartner
müssen wägen, ob sie das Recht auf diese schiefe
Ebene schieben wollen, auf der es - wie die
Beispiele der Niederlande und Belgiens vorführen
- kein Halten mehr zu geben scheint. Bei genauer
Prüfung wird sich zeigen, daß es keinen
wirklichen Grund gibt, die europäische und
globale Rechtstradition aufzugeben, schon
deswegen nicht, weil diese in ihrer Verweigerung
von Tötungslizenzen den einzig möglichen Weg
beschritten hat, die Würde und Gleichwertigkeit
der Personen unabhängig von ihrem
Gesundheitszustand zu garantieren.
Die künftige
Bundesregierung wird sich in ihrem
Regierungsprogramm zu diesem Thema erklären und
die folgenden Jahre daran festhalten müssen. Sie
darf nicht der Versuchung erliegen, wegen der
geringen Aussichten auf eine Besserung der
Wirtschaftslage und auf eine Bewältigung der
finanziellen Lasten schließlich auf das Feld der
"kostenlosen" Gesellschaftsumwälzungen zu
flüchten und dort auf Beifall zu setzen.
Quelle: F.A.Z.,
22.10.2005, Nr. 246 / Seite 1
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05.08.2013 |
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