Pressemeldung des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte am 20.11.2015
Betreff: Aktenzeichen: 3690 / 10
Terminhinweis des EGMR:
Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt?
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
wird am 26.11.2015 ein Kammerurteil wegen des von deutschen Gerichten
gegen einen Abtreibungsgegner verhängte Verbot, in der Nähe einer
Tagesklinik Flugblätter gegen Abtreibung zu verteilen und die Namen
der behandelnden Ärzte auf seiner Webseite zu nennen, schriftlich
verkünden.
Der Beschwerdeführer hatte die Flugblätter im Juli
2005 u.a. in unmittelbarer Nachbarschaft einer Tagesklinik, die
Abtreibungen durchführte, verteilt.
Auf der ersten Seite des Faltblattes stand in Fettbuchstaben, dass die
Klinik der beiden behandelnden Ärzte, deren vollständige Namen genannt
wurden, "rechtswidrige Abtreibungen" durchführe.
Darunter wurde in kleinerer Schriftgröße ausgeführt, dass diese vom
deutschen Gesetzgeber "erlaubt und nicht unter Strafe" gestellt seien.
Die Rückseite des Faltblattes enthielt folgenden Satz: "Die Ermordung
der Menschen in Auschwitz war rechtswidrig, aber der moralisch
verkommene NS-Staat hatte den Mord an den unschuldigen Menschen
erlaubt und nicht unter Strafe gestellt."
Das Flugblatt verwies außerdem auf die Webseite des Beschwerdeführers,
www.babycaust.de, die in einer Adressliste von "Abtreibungsärzten" die
vollständigen Namen der beiden behandelnden Ärzte der Tagesklinik
aufführte.
Vor dem EGMR macht der Beschwerdeführer geltend,
dass das von den deutschen Gerichten verhängte Verbot der Verbreitung
der Flugblätter und der Nennung der Namen der Ärzte auf seiner
Webseite sein Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt habe.
Er beruft sich auf Artikel 10 (Freiheit der Meinungsäußerung) der
Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).
Quelle: Pressemitteilung des EGMR v. 20.11.2015