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2012

 

Liebe grüne Genossen!

Man heilt keine Krankheit dadurch,
daß man sagt,
die Krankheit sei keine Krankheit!
 

Offensive Junger Christen ─
GRÜNE: Keine Homoheilung mit staatlichem Segen

Lesben, Schwule, PuzzleteileDie Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zeigt sich zufrieden darüber, dass Sozialminister Grüttner (CDU) Konsequenzen für die zukünftige Zusammenarbeit mit dem im hessischen Odenwald ansässigen Verein „Offensive Junger Christen“ (OJC) und dessen „Deutschem Institut für Jugend und Gesellschaft“ (DIJG) ziehen will.

In seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage 18/6287 der GRÜNEN hat der Minister angekündigt zu überprüfen, inwieweit dieses Institut weiterhin als Träger für das Freiwillige Soziale Jahr anerkannt wird. Grüttner hat angekündigt, auch Kontakt mit der Bundesregierung aufzunehmen und Mindeststandards für diejenigen zu prüfen, die das Freiwillige Soziale Jahr ausrichten. „Das DIJG in Reichelsheim und seine Leiterin Dr. Vonholdt haben seit Jahren immer wieder durch ihre Auffassung, Homosexualität sei eine Krankheit und solle therapiert werden, Lesben und Schwule diskriminiert und Jugendliche verunsichert. Es ist allerdings bedauerlich, dass es erst unseres Anstoßes bedurfte, damit die Landesregierung handelt“, urteilt der lesben- und schwulenpolitische Sprecher der GRÜNEN, Kai Klose.

„Wir freuen uns, dass Minister Grüttner sich jetzt eindeutig gegen solche Therapien wendet. Noch vor wenigen Jahren hat der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Irmer Homosexuellen in seinem umstrittenen Anzeigenblatt ‚Wetzlar Kurier‘ sogar die Umpolungs-Therapien des DIJG empfohlen. Es ist gut, dass die Landesregierung diese Auffassung dezidiert nicht teilt.“

DIE GRÜNEN fordern aber auch die Evangelische Kirche zum Handeln auf. „Die EKHN gilt gerade in gesellschaftspolitischen Fragen als fortschrittliche Kraft.“ Da die Landesregierung explizit darauf verweise, das Anbieten eines Freiwilligen Sozialen Jahres sei der OJC bisher ohne Prüfung erlaubt, weil sie Teil der Evangelischen Kirche sei, stelle sich die Frage nach deren Verantwortung. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die evangelische Kirche daran mitwirken will, dass Jugendliche ihr freiwilliges Soziales Jahr in Einrichtungen leisten, in denen solche kruden Geisteshaltungen propagiert werden“, sagt Kai Klose.eine Anfrage und Antwort


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecherin: Elke Cezanne

Schlossplatz 1-3; 65183 Wiesbaden
Fon: 0611/350597; Fax: 0611/350601
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Web: http://www.gruene-hessen.de/landtag

4.12.2012

 

Kleine Anfrage

der Abg. Kai Klose (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 19.10.2012

betreffend Durchführung von Therapien zur "Heilung von

Homosexualität" in Hessen

und

Antwort

des Sozialministers

Vorbemerkung des Fragestellers:

Im Jahre 1973 wurde Homosexualität von der American Psychiatric Association (APA) aus ihrem Katalog psychischer Störungen gestrichen, 1992 auch von der  Weltgesundheitsorganisation aus dem ICD-10 entfernt. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 16/8022 im Deutschen Bundestag erklärt, sie  sei weder der Auffassung, dass Homosexualität einer Therapie bedarf, noch dass Homosexualität einer Therapie zugänglich ist. Der amerikanische Bundesstaat Kalifornien hat dergleichen Therapien vor wenigen Tagen mit dem Hinweis verboten, "diese unwissenschaftlichen Praktiken" seien "endgültig in das Reich der Quacksalberei zu verbannen."
 

Vorbemerkung des Sozialministers:

Die Hessische Landesregierung wendet sich gegen jede Form von Diskriminierung. Sie verfolgt das Ziel, durch verschiedene Maßnahmen einen nachhaltigen Beitrag gegen Diskriminierung und für konkrete Verbesserungen der Lebenssituation homosexueller und transidenter Frauen und Männer zu leisten und dauerhafte Grundlagen für ein vorurteils- und diskriminierungsfreies Miteinander zu legen. Dabei geht es vor allem darum, Sensibilität für die Unterschiedlichkeit der Lebensweisen zu entwickeln und zu befördern. Die Hessische Landesregierung arbeitet konstruktiv und partnerschaftlich an einem Abbau von Vorurteilsstrukturen, Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt.

Sie sieht sich aus ihrer politischen Grundorientierung in der Verantwortung, die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen zu fördern und für ein offenes, diskriminierungsfreies und wertschätzendes Zusammenleben aller Menschen in Hessen unabhängig von der sexuellen bzw. geschlechtlichen Identität zu werben.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

 

Frage 1. Teilt sie die Beurteilung solcher sog. Konversionstherapien, die die Bundesregierung

in o.a. Drucksache vorgenommen hat?

 

Die Hessische Landesregierung teilt die Beurteilung der Bundesregierung zu so genannten "Konversions"- oder "Reparations"-Therapien in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage Drucksache 16/8022 im Deutschen Bundestag. Sexuelle bzw. geschlechtliche Identität ist ein Wesensmerkmal des Menschen - es ist keine Wahlmöglichkeit. Homosexualität ist keine Krankheit und bedarf entsprechend keiner Therapie zur Konversion.

Frage 2. Welche Stellungnahmen von psychologischen und sexualwissenschaftlichen Fachorganisationen sind der Landesregierung zur Behauptung, Homosexualität sei therapierbar, bekannt und zu welchen Ergebnissen kommen diese Fachwissenschaftler und Fachwissenschaftlerinnen?

 

In der psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachwelt wird die Auffassung, dass Homosexualität als pathologisch zu beurteilende Störung der psychosexuellen Entwicklung angesehen werden kann, nach Kenntnis der Landesregierungabgelehnt.

Der Berufsverband der Deutschen Psychologinnen und Psychologen vertritt die Auffassung, dass keine validen wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse über die erfolgreiche und dauerhafte Behandlung von Homo- oder Bisexualität vorliegen. Eine Behandlung von Homo- und Bisexualität mit dem Ziel von deren "Verlernung" und/oder "Abtrainierung" verstoße demnach unter ande-rem gegen die Präambel der Ethischen Richtlinien - z.B. der Achtung der Würde und Integrität des Individuums.

Der Berufsverband deutscher Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie vertritt die Meinung, dass Homosexualität keine Krankheit ist, sondern eine häufige Form menschlichen Zusammenlebens, und keiner Therapie bedarf.  Diese Auffassungen teilt die Hessische Landesregierung.

 

Frage 3. Welche Folgen können dergleichen "Therapien" mit dem Ziel einer Änderung gleichgeschlechtlicher Empfindungen insbesondere bei jungen Lesben und Schwulen in ihrer psychosozialen Entwicklung auslösen?

 

Verschiedentlich wurde festgestellt, dass "Konversions-" oder "Reparationstherapien" zu Ängsten, sozialer Isolation, Depression bis hin zu Suizidalität führen.

 

Frage 4. Welche Angebote zur "Konversion" bzw. "Heilung" homosexueller Menschen sind der Landesregierung in Hessen bekannt?

 

Der Landesregierung sind insbesondere Angebote des "Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft (DIJG)" zur "Heilung" homosexueller Menschen bekannt.

 

Frage 5. In welcher Weise kommt die Landesregierung ihrer Aufsichtspflicht bei diesen als "medizinisch" und "wissenschaftlich" deklarierten Angeboten nach?

 

In diesem Bereich besteht keine Aufsichtspflicht.

 

Frage 6. Wie beurteilt die Landesregierung vor diesem Hintergrund die entsprechenden Ange-bote des von der "Offensive Junger Christen e.V." (OJC) getragenen und in Reichelsheim/Odenwald ansässigen "Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft" (DIJG)" und seiner Leiterin Dr. Christl Ruth V.?

Frage 7. Wie beurteilt die Landesregierung, dass das DIJG Eltern auffordert, sich nicht mit der Homosexualität ihrer Kinder abzufinden und eine "reparative Therapie" empfiehlt (DIJG-Bulletin 10, Herbst 2005)?

 

Hierzu wird auf die Beantwortung zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.

 

Frage 8. Hält es die Landesregierung vor diesem Hintergrund für richtig, dass der Trägerver-ein des DIJG, die "Offensive Junger Christen e.V." (OJC), jungen Menschen im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) Plätze anbieten kann, die überdies aus Landesmitteln bezuschusst werden?

 

Der Verein "Offensive Junger Christen e.V." gehört zur Trägergruppe der evangelischen Kirche und ist damit laut § 10 des Jugendfreiwilligen-dienstegesetzes (zuletzt novelliert 2008) ein geborener Träger, der nicht durch die zuständige Landesbehörde zuzulassen ist. Somit kann auch keine Zulas-sung durch die Landesregierung entzogen werden. Die Landesregierung hat diese Anfrage zum Anlass genommen, Kontakt mit dem Träger aufzunehmen, um zu klären, ob Werte, die das Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft zu den Themen Homosexualität und Gleichberechtigung der Geschlechter vermittelt, in die pädagogische Begleitung des Trägers einfließen. Außerdem hat die Landesregierung das zuständige Bundesministerium gebeten, den Ländern eine Liste aller aus ihrer Sicht als geborene Träger zu betrachtende Vereinigungen inklusive ihrer Untergliederungen zur Verfügung zu stellen. Bei der kommenden Sitzung der Landesarbeitsgemeinschaft der Träger des Freiwilligen Sozialen Jahres in Hessen wird diskutiert werden, ob die Mindeststandards, auf deren Basis die FSJ-Träger in Hessen arbeiten, ent-sprechend ergänzt werden müssen, um gesellschaftliche Diskriminierungen auszuschließen.

 

Frage 9. Durch welche Maßnahmen sorgt die Landesregierung dafür, dass Jugendliche, die einen FSJ-PIatz suchen, über die Geisteshaltung und den Missionierungsauftrag der OJC informiert werden?

Wenn nicht sichergestellt werden kann, dass die Einstellung des Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft zu den Themen Homosexualität und Gleichberechtigung der Geschlechter keinen Einfluss auf die pädagogische Begleitung des Vereins Offensive Junger Christen hat, wird es einen ent-sprechenden Hinweis auf der gemeinsamen Homepage der Landesarbeits-gemeinschaft FSJ und des Sozialministeriums geben.

 

Frage 10. Ist der Landesregierung bekannt, dass der Ärztliche Direktor der Klinik Hohe Mark - eines Krankenhauses im Krankenhausbedarfsplan des Landes Hessen - Mitglied des "wissenschaftlichen Beirats" des DIJG ist?

 

Die Mitgliedschaft des Ärztlichen Direktors der Klinik Hohe Mark im "wissenschaftlichen Beirat" des DIJG war der Landesregierung bisher nicht bekannt.

Wiesbaden, 22. November 2012

Stefan Grüttner

 

 

 

 

 
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